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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven
Autoren: Heyne
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sind mit zwei Schichten Lack ausgestrichen, eine tiefrot, eine hellgrau, und zwar mit Absicht – so merkt man anhand der auftauchenden roten Flecken, dass eine Lackschicht fehlt. Aber an sich hatte die Schicht zwei Wochen Leichenflüssigkeit tadellos überstanden.
    Seither habe ich die doppelte Speziallackschicht für Ölwannen in meinem Kopfprogramm, wenn ich beim Putzen wieder über die ideale Leichenfundortwohnung nachdenke. Alufenster, Rigipswände und über dem Estrich eben jene Speziallackschicht für Ölwannen. Das reicht für 30 Minuten Grübelei.
    Und dann schrubbt man wieder einfach weiter.

31 . Windows
    Wenn man’s genau nimmt, haben wir den nächsten Job nur bekommen, weil wir uns auf unserer Homepage ungenau ausgedrückt haben. Oder weil wir ein Opfer der sogenannten Suchmaschinenoptimierung sind, genau lässt sich das nicht mehr nachvollziehen. Um mal etwas sehr Langweiliges kurz zu erklären: Man kann ja nicht davon ausgehen, dass jeder Kunde genau weiß, wie mein Beruf heißt – Tatortreiniger, Leichenfundortreiniger ? Die meisten Menschen in einer entsprechenden Situation denken: » Wie nennt man jemanden, der eklige Wohnungen putzt – Ekelgebäudereiniger? Superputze? Spezialreinigung?«
    Deshalb muss man auf seiner Homepage im Internet alle möglichen und vor allem unmöglichen Begriffe unterbringen, damit man auch wirklich gefunden wird. Was allerdings zur Folge hat, dass dann das Telefon klingelt, und jemand ist am Apparat, der zuerst mal fragt:
    » Guten Tag – Sie sind eine Spezialreinigung?«
    » Ja«, sagt man, » schon. Auch. Um was geht’s denn?«
    » Putzen Sie auch Fenster?«
    » Äh, ja – aber ich nehme an, dass Sie da auch günstigere Firmen finden werden …«
    » Auch Fenster in großer Höhe?«
    Da wird’s dann schon interessanter.
    Die Geschichte war folgende: Bei Audi in Ingolstadt hatten sie ein nagelneues Vorstandsgebäude errichtet. Sieben Stockwerke hoch. Es war jetzt praktisch fix und fertig, aber noch nicht an Audi übergeben. Und bevor man sich das Gebäude vom Bauherrn abnehmen lässt, macht man eine Abschlussreinigung, damit den Gebäudemanager nicht der Schlag trifft. Bauarbeiter lassen nämlich überall und immer irgendwas stehen, liegen und fallen. Aber deswegen braucht man normalerweise noch lange keine Spezialreinigungsfirma.
    Die Außenfassaden kann man mithilfe dieser kleinen Balkons zum Runterfahren reinigen. Innen macht das jede Gebäudereinigung schneller und billiger. Aber es gab eine Stelle, an der die Gebäudereiniger streikten und die Bauarbeiter sowieso. Das waren die Verbindungshallen mit den Aufzugschächten.
    Man muss sich das so vorstellen: Dieses Gebäude besteht aus zwei langen Bürotrakten, so ähnlich wie die Holme einer liegenden Leiter. Und damit die Aufzüge auch von beiden Bürotrakten aus gleichermaßen benutzt werden können, gibt es am Anfang und am Ende dieser Holme je eine Sprosse mit drei Aufzügen nebeneinander. Wie das heute bei modernen Bürogebäuden üblich ist, gibt es aber keine Stockwerke zum Aussteigen: Man verlässt den Lift in jedem Stock über eine Art Brücke, die nach links und rechts zu den Trakten geht. Man spart sich den ganzen Beton für ein komplettes Stockwerk, es sieht kühn und dynamisch aus und – auch sehr wichtig! – transparent. Architekten lieben das und Vorstände noch viel mehr. Und damit die Menschen, während sie unter all den Brücken auf den Aufzug warten, nicht im Regen stehen, hat man diese Trakte natürlich überdacht und hinter den Aufzügen eine Glaswand hochgezogen, damit der Wind nicht durchpfeift. Diese Wand aus Glasscheiben war das Problem: 20, 23 Meter hoch, 15 Meter breit. Der Architekt hatte natürlich auch an die Reinigung gedacht: Auf der Höhe jedes Stockwerks hatte er an der Schnittstelle von Bürotrakt und Glaswand eine Art begehbares Fensterbrett eingezogen. 35 Zentimeter breit. Das zog sich über 15 Meter von einer Seite zur anderen. Zwei Meter hinter den Aufzugschächten, zum Abstützen gab es da nichts. Neben dem Fensterbrett ging es senkrecht hinunter, und das ist schon im ersten Stock ziemlich beängstigend, aber im siebten schlägt das jede Kletterhalle. Es gab natürlich auch eine Sicherung, die lief in Form eines Stahlseils in etwa drei Metern Höhe über jedem dieser Fensterbretter entlang. Da konnte man sich einklinken. Aber trotzdem: Normale Gebäudereiniger winken da ab. Ich fand das natürlich spannend.
    Erstens macht mir Höhe nichts aus. Keine Ahnung, warum. Ich
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