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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven
Autoren: Heyne
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Tür – die aus Holz muss man oft auswechseln. Und was den Boden angeht: hochwertiges PVC , aber wirklich dick, hochwertig. Allerdings mag das nicht jeder. Dann habe ich mir überlegt, ob man vielleicht eine Stahlschicht in den Boden einziehen sollte, aber das kann man wahrscheinlich nicht finanzieren – und ob das mit den Temperaturunterschieden sommers wie winters hinhaut, na ja. Damit war meine Weisheit zur Erstellung möglichst leicht und preiswert zu reinigender Wohnräume erschöpft, bisher. Jetzt ist was Neues dazu gekommen.
    Ein Mann, Mitte 30, hatte uns angerufen, er war über das Internet auf uns gestoßen. Sein Vater habe sich umgebracht, sagte er ziemlich unverblümt, im Keller, und dort sei er 14 Tage lang nicht entdeckt worden – wir würden doch solche Aufträge annehmen, oder?
    Und ob.
    Die eigentliche Geschichte war natürlich etwas komplizierter, was sie auch wieder sympathischer macht. Es klingt ja zunächst schon etwas seltsam, dass sich der Vater umbringt und ihn keiner vermisst. So war es nicht gewesen, ganz im Gegenteil sogar.
    Die Familie, Mutter, Vater und zwei Söhne, hatte ursprünglich in einer Hälfte eines Doppelhauses gewohnt, in der anderen wohnte die Mutter des Toten, die Oma sozusagen. Leider hatte der Vater ein ernstes Alkoholproblem, und das war nur zum Teil sein Fehler – er litt nämlich parallel dazu unter starken Depressionen. So was kommt vor, das ist auch schwer zu behandeln, aber man kann es den Menschen, die mit einem so kranken Menschen zusammenwohnen, nicht übel nehmen, wenn sie die Belastung eines Tages nicht mehr ertragen. Das muss jeder selbst für sich entscheiden, es gibt kein Gesetz, das einen verpflichtet, all das auszuhalten, was die Medizin nicht mehr abfedern kann. Die Mutter schaffte es jedenfalls eines Tages nicht mehr, sie zog aus. Die Söhne waren da auch schon weg, und plötzlich war der Vater alleine zu Hause. Sie haben sich selbstverständlich weiter um ihn gekümmert, es war nicht so, als hätten sie ihn einfach aus ihrem Leben gestrichen, die Familie war im Großen und Ganzen schon noch ziemlich intakt. Man merkt das ja auch daran, dass der Vater letztlich seinen älteren Sohn anrief, um ihm von seinen Selbstmordgedanken zu erzählen. Nicht detailliert, nicht mit Datumsangabe, nicht so dringlich wie: » Ich mach’ jetzt Schluss!«, aber doch so präzise, dass der Sohn aufhorchte und beschloss, noch am selben Abend mal vorbeizusehen.
    Niemand öffnete. Ihm wurde mulmig. Und er machte das, was man in so einem Fall tun sollte: Er ging zur Polizei.
    Die haben ihn auch sofort ernst genommen, sie haben ihm Beamte mitgegeben und Suchhunde dazu, und Beamte samt Hunden haben das Grundstück und die Umgebung abgesucht – ergebnislos. Daraufhin haben sie den Vater als vermisst geführt, aber wenn man die Standardsuchen mal durchgearbeitet hat, kann man einstweilen wenig machen. Der Vater blieb verschwunden. Es dauerte zwei Wochen, bis dann die Oma den Geruch im Heizungskeller ziemlich übel fand. Und feststellte, dass neben den Öltanks eine dunkle Spur zu sehen war. Sie rief ihren Enkel und der Enkel die Feuerwehr.
    Wer kein Eigenheim mit Ölheizung hat, weiß womöglich nicht, wie so ein Ölkeller aussieht. Und der denkt jetzt vielleicht: » Na ja, warum soll einer nicht zum Selbstmord in den Ölkeller gehen? Die einen gehen auf den Dachboden oder in die Garage, die anderen gehen eben in den Ölkeller, na und? « Es ist aber ein großer Unterschied zwischen Garage und Ölkeller.
    In Garagen ist üblicherweise Platz übrig. In Garagen sind noch die Fahrräder und die Schlitten, und Vati hat da seine Werkbank, und wenn’s eine Doppelgarage ist, dann ist vielleicht sein Ruderboot dort, und neben der Bohrmaschine und der Elektrosäge ist womöglich auch noch Platz für die Stereoanlage und die Pornosammlung – auch deshalb gibt es nicht wenige Männer, die, wenn sie ganz, ganz ehrlich sind, sagen würden: » Der gemütlichste Platz im Haus ist meine Garage. « Man wird aber keinen Mann und überhaupt keinen Menschen auf der ganzen Welt finden, der sagt: » Der gemütlichste Platz in meinem Haus, das ist der Heizölkeller.«
    Das liegt daran, dass der Ölkeller nur zu einem einzigen Zweck dient: um Heizöl sicher aufzubewahren, so, dass es nicht brennen und vor allem nicht auslaufen und das Grundwasser verdrecken kann. Also baut man solche Keller so, dass man zuerst den oder die Tanks ausmisst – das sind riesige Metall- oder Kunststoffquader, je nach
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