Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition)
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
gestanden und auf die nächste Anweisung gewartet haben. Ein- oder zweimal pfiff ich leise, um festzustellen, ob es hier irgendein Echo gab, nach dem ich die Größe des Raumes beurteilen könnte. Wenn ich auch meiner Sache nicht sicher war, so gewann ich doch den Eindruck, dass ich mich in einem ziemlich großen Raum befand.
    Dann leuchtete ohne Ankündigung das Licht wieder auf. Es war kein plötzliches grelles Aufflammen, das mich geblendet hätte, aber es ging doch ziemlich schnell; vielleicht dauerte es zwei oder drei Sekunden. Jetzt konnte ich meine Umgebung deutlich erkennen, und ich schäme mich nicht, zu sagen – dass ich aufschrie.
    Es war ein vollkommen normales Zimmer – außer in einer Hinsicht. Ich sah einen Tisch, auf dem einige Papiere lagen, drei Sessel, ein Bücherregal an der einen Wand, einen kleinen Schreibtisch und ein Fernsehgerät. Die Sonne schien durch die Fenster, und ein paar Vorhänge bewegten sich leicht im Winde. In dem Augenblick, als das Licht aufflammte, öffnete sich eine Tür, und ein Mann trat herein. Er ergriff eines der Schriftstücke auf dem Tisch und ließ sich in einen der Sessel sinken. Er wollte gerade zu lesen anfangen, als er emporschaute und mich erblickte. Und wenn ich sage »empor«, dann meine ich genau das. Denn das war es eben, was an diesem Zimmer nicht stimmte. Ich stand nicht auf dem Fußboden – dort unten bei den Sesseln und dem Bücherregal –, ich schwebte fünf Meter hoch in der Luft, mit dem Rücken flach an der Zimmerdecke ausgestreckt, und in meiner Reichweite war nirgends etwas, woran ich mich hätte festhalten können! In panischer Angst versuchte ich mich an der Kunststofffläche hinter meinem Rücken festzuklammern, aber sie war so fugenlos und glatt wie Glas. Ich konnte auf keine Weise verhindern, dass ich hinunterstürzte – und der Fußboden dort unten sah mir sehr hart aus, und er war sehr weit entfernt.

2
     
    Aber der Sturz erfolgte nicht, und mein panischer Schrecken verging schnell wieder. Das Ganze war nur eine Art Sinnestäuschung. Ich spürte ja den festen Boden unter meinen Füßen – was immer meine Augen mir auch einreden wollten. Ich hörte auf mit meinen Versuchen, mich an der Tür festzuklammern, durch die ich eingetreten war – die Tür, die sich jetzt auf einmal an der Decke zu befinden schien.
    Natürlich – die Sache war ganz einfach! Ich sah das Zimmer, in das ich scheinbar hinabschaute, in Wirklichkeit in einem riesigen Spiegel, der direkt vor mir in einem Winkel von fünfundvierzig Grad zur Senkrechten montiert war. Tatsächlich stand ich im oberen Teil eines sehr hohen Raumes, der in der Waagerechten gleichsam rechtwinklig »gekrümmt« war – aber wegen des Spiegels konnte man das nicht erkennen.
    Ich ließ mich auf Hände und Knie nieder und schob mich langsam vorwärts. Das kostete mich eine Menge Willensenergie; denn meine Augen vermittelten mir immer noch den Eindruck, dass ich mit dem Kopf voraus an einer senkrechten Wand hinunterkroch. Nach etwa anderthalb Metern hörte der Fußboden plötzlich auf, und ich spähte vorsichtig über den Rand hinab. Dort unter mir – diesmal wirklich unter mir – befand sich das Zimmer, in das ich durch den Spiegel hineingeschaut hatte. Der Mann im Sessel blickte grinsend zu mir hinauf, als ob er sagen wollte: »Wir haben dir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, was?« Ich konnte ihn natürlich ebenso gut sehen, indem ich geradeaus vor mir auf sein Bild in dem Spiegel schaute.
    Die Tür hinter mir ging auf, und der Psychologe kam herein. Er hatte einen langen Papierstreifen in der Hand, und er lachte in sich hinein, während er ihn vor mir in der Luft herumschwenkte.
    »Wir haben alle Ihre Reaktionen hier auf diesem Band, Roy«, sagte er. »Wissen Sie, zu welchem Zweck dieser Test durchgeführt wurde?«
    »Ich glaube, ich kann es mir denken«, sagte ich ziemlich kleinmütig. »Sie wollen dadurch feststellen, wie ich mich benehme, wenn irgendetwas mit der Schwerkraft nicht in Ordnung ist.«
    »Das ist richtig. Wir nennen das einen Orientierungstest. Im Weltraum draußen spürt man keine Schwerkraft, und manche Leute können sich einfach nicht daran gewöhnen. Dieser Test dient dazu, solche Menschen von vornherein auszuscheiden.«
    Ich hoffte, dass ich nicht auch zu diesen Leuten gehören würde, und ich verbrachte eine sehr unbehagliche halbe Stunde, während ich auf den Urteilsspruch der Ärzte wartete. Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Sie waren auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher