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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Prolog
    Du hast doch dieses marineblaue Prada-Kostüm mit der taillierten Jacke, das Du immer als Fehlkauf bezeichnest. Lass den Rock um fünf Zentimeter kürzen, und trag das Kostüm mit meinen roten Mary-Janes-Riemchenpumps von Marc Jacobs. Die mit der blauen Umrandung. Sie haben Dir sowieso immer besser gestanden als mir. Damit wirst Du klasse aussehen …
    Nicci schraubte den Verschluss auf den Füller, warf ihn neben sich auf die Daunendecke und lehnte sich in die dicken Kissen zurück. Sie schloss die Augen, worauf sich sofort alles zu drehen begann. Es war ein inzwischen vertrautes Gefühl, beinahe schon tröstlich, wenn auch auf eine kranke Art.
    Ein paar wenige Zeilen. Fünf Sätze. Sechsundfünfzig Wör ter. Wie konnten mickrige sechsundfünfzig Wörter so an strengend sein? Es waren ja noch nicht einmal die wichtigen Wörter, die hatte sie noch vor sich. Diese Wörter hier waren lediglich die Einleitung, das Vorspiel. Vorsichtig machte Nicci die Augen wieder auf, und das Schlafzimmer begann sich wie verrückt zu drehen.
    Verdammt, dachte sie, ließ die Lider wieder sinken und merkte, wie der Schwindel allmählich nachließ. Das war nicht sie. Krankheit passte nicht zu ihr. Eine Nicci Morrison eignete sich nicht als Kranke, so wie sie sich auch nicht dazu eignete, an Wochenenden herumzusitzen, zu relaxen oder Freizeit zu genießen. Und sie eignete sich vor allem nicht dazu, mitten am Nachmittag im Bett zu liegen. Nur mit einundzwanzig, als sie David kennenlernte, war das anders gewesen. Damals hatten sie kaum etwas anderes gemacht, als den ganzen Nachmittag im Bett zu liegen. Dabei hätte sie eigentlich an einer Dissertation schreiben sollen, darüber, wie die in der Literatur des 19. Jahrhunderts beschriebene Kleidung die Stellung der Frau in der Gesellschaft widerspiegelte. Gut, sie waren nicht nur herumgelegen, doch das Bett hatte eine wesentliche Rolle gespielt. Das Bett, der Fußboden, das Bad …
    In Erinnerungen versunken, lächelte Nicci. Halb wehmütig, halb froh darüber, dass sie das damals gehabt hatten, das und den ganzen Rest.
    Komm schon, mahnte sie sich, reiß dich zusammen. Einen Brief hast du bereits begonnen, drei stehen noch an.
    Der Trick bestand darin, den richtigen Zeitpunkt nach der Morphiuminjektion zu erwischen: lange genug danach, damit die Schmerzen abgeklungen waren, aber nicht zu früh, weil sonst ihr Denkvermögen durch die Opiate beeinträchtigt war. Sie richtete sich auf, tastete nach dem Füller und bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen. Licht schimmerte am Rand ihres Gesichtsfeldes, heller, als sie es ertragen konnte.
    Jo würde nicht ablehnen, dessen war sich Nicci sicher. Vor allem nicht, wenn sie das Päckchen mit den roten Mary-Janes aufmachte, das David zusammen mit dem Brief überbringen würde. Wie könnte sie auch, angesichts dessen, was Nicci im letzten Jahr durchgemacht hatte? Biopsien, Brustamputation, Chemo und Bestrahlung. Und nichts davon hatte letztendlich geholfen. Ein altes marineblaues Kostüm zu tragen war da das Mindeste, was eine Frau für ihre beste Freundin tun konnte.
    Nicci blickte auf den cremefarbenen Papierbogen, der auf einer Zeitschrift auf ihrem Knie lag, und lächelte. Ja, wer zuletzt lacht, lacht am besten, und das würde in dem Fall sie sein. Ihre Geschäftspartnerin würde ihr dankbar sein. Denn in den kommenden Wochen würde sich ihre Freundin – wie alle ihre Freundinnen – gewiss nicht mit der Frage befassen wollen, was sie anziehen sollte.
    So, das mit dem Outfit wäre geregelt. Und keine Widerrede, Jo. Du weißt doch, an der Klamottenfront ist Nicci unschlagbar!!! Sieh es doch so: wieder ein Problem weniger, um das Du Dir Gedanken machen musst. Schließlich wirst Du mit Capsule Wardrobe mehr als genug zu tun haben, sobald ich nicht mehr da bin.
    Doch das ist nicht das eigentliche Anliegen dieses Briefs. Nein, worüber ich wirklich schreiben will, sind meine Zwillinge, meine süßen kleinen Mädchen, meine Charlie und meine Harrie, Deine Patenkinder. Du bist eine so gute Patentante, Jo, die allerbeste. Deshalb möchte ich, dass Du mehr für sie wirst …

1. Kapitel
    In Nicci Morrisons Leben hatte es nur wenig Dinge gegeben, die sich ihrer Kontrolle entzogen. Eines davon war, an einem verhangenen, regnerischen Februartag beerdigt zu werden.
    Kurz vor zwei Uhr nachmittags hing über der Kirche eine schmutzig graue Wolke, die den Kirchturm verhüllte und eine düstere Abendstimmung hervorrief.
    »Da bist du ja!«, rief Jo
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