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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller
Autoren: Reinhard Pelte
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Neuigkeiten.«
    »Dürfen Sie mir die erzählen?«
    »Wir haben ja schon ein Verschwiegenheitsabkommen,
Sie erinnern sich? Im Übrigen sehe ich nicht, was mich daran hindern sollte, mit
Ihnen zu reden.«
    »Kiel zum Beispiel.«
    »Kiel? Wer ist das? Bei mir hat er sich bis
jetzt nicht gemeldet. Also, was soll’s?«
    »Gut. Was haben Sie denn gefunden?«
    »Zuerst zur Giftflasche: Sie muss aus sehr
fernen Zeiten stammen. Wir haben das anhand der Aufmachung herausgefunden. Strychnin
ist – wenn überhaupt – so schon lange nicht mehr zu bekommen. Wo genau es herkommt,
konnten wir bisher nicht klären. Aber das kriegen wir auch noch hin.«
    »Ich kann Ihnen dazu einen Tipp geben. Die
Apothekerin aus der Strandstraße in Westerland kann Ihnen da weiterhelfen. Sie hat
mir erzählt, dass sie in den 60er-Jahren Strychnin als Rattengift auf Lager hatte.«
    »Danke für den Hinweis, kann uns eine Menge
Arbeit ersparen. Nun zu den Leichen. Sie sind in dem Apartment umgekommen, das der
Farbige und Sie bewohnt haben. Wir fanden Faserspuren vom Teppichboden und auch
Spuren aus dem Bad bei den Leichen und an den Säcken, in denen sie abtransportiert
wurden.«
    »Aus dem Bad? Wie geht das? Da ist in der Zwischenzeit
doch unzählige Male geputzt worden?«
    »Wir fanden identische Haare im Waschbeckenabfluss
und in den Leichensäcken.«
    »Erstaunlich.«
    »Ich selbst bin manchmal überrascht, welche
nachweisbaren Spuren unser Tun hinterlässt. Darüber könnte man ins Philosophieren
kommen.«
    »Mich bringen schon einfachere Sachen zum Philosophieren.
Ich bin beeindruckt. Gibt es sonst noch etwas?«
    »Ich habe die Untersuchungsergebnisse im Fall
Anna Mendel nochmals durchgesehen. Mich interessierten vor allem die Fingerabdrücke
auf den sichergestellten Beweisstücken am Tatort. Die Flasche mit Multivitaminkapseln
der Firma SoVita wies Fingerabdrücke vor allem der Toten, aber auch des Hausmeisters,
der Apothekerin und Fragmente einiger unbekannter Personen auf. Eins dieser Fragmente
stammt mit ziemlicher Sicherheit von dem Farbigen.«
    »Das allerdings überrascht mich nicht, nach
dem, was der Hausmeister ausgesagt hat.«
    »Was hat er denn ausgesagt?«
    »Die Tote hat dem farbigen Gärtner die Vitamine
überlassen. Nach seiner Abreise hat der Hausmeister sie im Apartment gefunden und
seiner Chefin zurückgegeben.«
    »Ja, das ist eine Erklärung und macht unseren
Befund ziemlich sicher.«
    »Was ist mit den anderen Fingerabdrücken?«
    »Nur Fragmente, und die können wir nicht zuordnen.
Die Personen sind uns nicht bekannt. Oder besser, ihre Fingerabdrücke sind uns nicht
bekannt.«
    »Da die beiden Frauen, deren Leichen wir in
den Säcken gefunden haben, in dem Apartment waren: Könnten die unbekannten Fingerabdrücke
theoretisch von ihnen stammen?«
    »Wenn sie die Flasche mit Vitaminen in die
Hand genommen haben, ja. Aber das können wir nicht mehr nachweisen. Ihre Fingerabdrücke
sind ein für alle Mal weg. Und wenn wir es nachweisen könnten, würde uns das weiterbringen?«
    »Ja, wahrscheinlich haben Sie recht. Und sonst?
Gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
    »Sie sollten nach dem Willen des Chefs gar
nichts mehr wissen. Aber Spaß beiseite. Nein, es gibt bislang nichts, was ich Ihnen
noch erzählen könnte.«
    »Danke, dass Sie mir die Ergebnisse Ihrer Untersuchungen
überlassen haben.«
    »Gerne. Wann sehe ich Sie wieder hier? Ich
hörte, Sie haben Urlaub genommen?«
    »Ja, ich nehme eine kurze Auszeit von den Anstrengungen
eines Dezernatsleiters. Aber nicht lange. Bis dann. Und nochmals vielen Dank.«
    »Bis dann. Tschüss.«
    Jung vergewisserte sich durch einen Blick nach
draußen, dass die Sonne ihre Macht am Himmel behauptete. Keine neuen Wolkenfelder
waren aufgezogen, die ihr ihre Vormacht hätten streitig machen können. Der Rasen
musste gemäht werden. Ein unermüdlicher Maulwurf hatte seine Hügel über die Rasenfläche
verteilt. Jung fluchte bei dem Gedanken, sich an die Gartenarbeit machen zu müssen.
Aber seine ausklingende Sommergrippe hatte ihn noch im Griff und lieferte ihm eine
willkommene Begründung, die notwendige Arbeit vor sich herzuschieben. Stattdessen
entschied er, sich nach seiner Unterredung mit dem Marineoffizier für ein paar Tage
auf Sylt einzumieten; nicht nur, um sich von seiner Grippe zu erholen, sondern auch,
um dem Ort der Morde nahe zu sein. Vielleicht brachte ihn das zu Einsichten, die
ihm zum vollständigen Verstehen des Geschehens noch fehlten.

Der
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