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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller
Autoren: Reinhard Pelte
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Nur die ausgegebenen ROE hindern uns, aus dieser geballten Force den optimalen Output
herauszuholen.«
    Dem Offizier kamen die Worte glatt und flüssig
über die Lippen und mit einem Anspruch, der wie selbstverständlich voraussetzt,
dass jeder Zuhörer weiß, wovon die Rede ist und ihm das Kompendium an militärischen
Abkürzungen und Anglizismen geläufig ist. Jung wollte nicht fragen, aber er hätte
gerne gewusst, was sich hinter dem Terminus ›Triple Romeo‹ verbarg.
    »Ich habe eine letzte Frage: Weiß auch die
Bundesregierung, was Sie wissen?«
    »Ja, davon müssen Sie ausgehen.«
    »Sie hätte also wissen können, dass das gewährte
Asyl für Barre eine Tarnung seiner eigentlichen Tätigkeiten hätte sein können?«
    »Ja, theoretisch schon.«
    »Und praktisch?«
    »Auch. Vielleicht war sie damit einverstanden.«
     
    Jung hatte genug gehört und wollte an die frische
Luft. Er bedankte sich bei Jungmann für die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft
und versicherte noch einmal, über das Gehörte zu schweigen. Er vergaß auch nicht,
sich das Ende seines Besuchs auf seinem Begleitzettel quittieren zu lassen. Ein
Läufer wurde herbeigerufen, der ihn aus dem unterirdischen Labyrinth des MHQ ans Tageslicht brachte. Der junge Mann hatte nur drei schmale,
angeschmuddelte gelbe Streifen auf den Schulterklappen. Das und seine Dienste als
Läufer – eine etwas ameisenhaft niedrige Tätigkeitsbezeichnung – ermutigten Jung
zu der Frage: »Was bedeutet eigentlich ›Triple Romeo‹?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß es
nicht. Aber ich kann es herauskriegen. Wenn Sie einen Moment Zeit haben und warten
wollen?«
    »Nein, nein, schon gut. Ist nicht so wichtig.
Danke für Ihr Bemühen.«
    »Da nich für. Guten Tag noch.«
    Gedankenversunken legte Jung den kurzen Weg
zu seinem Auto zurück. An der Wache gab er den Begleitzettel und den Besucherausweis
zurück. Seine Papiere wurden ihm ausgehändigt, und er verließ das Flottenkommando
durch die geöffnete Schranke und das zur Seite gerollte Gatter.
    Vorausgesetzt, alles, was er im Bunker gehört
hatte, träfe zu – und er hatte keinen plausiblen Grund, daran zu zweifeln –, was
hatte den Farbigen dann angetrieben, die Frauen zu töten? Jung lenkte sein Auto
wie ein Automat auf die Straße nach Flensburg. Als er den Alten Meierhof, Mürwik
und den Hafendamm passiert hatte, war er immer noch dabei, eine Antwort zu finden.
Als er schließlich die Auffahrt zu seinem Haus hinauffuhr, hatte er sich selbst
davon überzeugt, dass die Frauen die Tarnung Barres wahrscheinlich hätten auffliegen
lassen können. Er sah sich gezwungen, das zu verhindern. Da hatte er sie umgebracht.
Aber wie war der Zeitunterschied zwischen den Morden an den zwei Frauen und der
Maklerin zu erklären?
     
    Jungs Frau hatte ihn die Auffahrt hochkommen sehen und machte ihm die
Haustür auf.
    »Hallo, Tomi. Wie ging’s mit dir im Marinehauptquartier?«,
begrüßte sie ihn mit dem ihr eigenen Sinn für Wortwitz. Er lachte und gab ihr einen
flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann schlossen sie die Tür hinter sich. Jung stellte
seine Straßenschuhe auf den Rost unter der Garderobe, und sie setzten sich an den
Küchentresen.
    »Ein Herr Jungmann hat mich empfangen. Den
Namen kann ich mir gut merken. Er ist der Mann hinter meinem Namen. Er ist ein Korvetten-,
Fregatten- oder sonst ein Kapitän auf der oder zu der See. Ich kenn mich in den
Dienstgraden nicht aus. Dabei hat er gar kein Schiff und sitzt an Land auf dem Trockenen.«
    »Wahrscheinlich ist er Barkassenkapitän«, bemerkte
sie beiläufig.
    »Wie kommst du darauf?«, reagierte Jung ungläubig.
    »Eine Barkasse ist ein sehr kleines Boot. Vielleicht
hat er eines davon am Strand liegen.«
    »Du weißt ja gut Bescheid. Jedenfalls bin ich
jetzt Geheimnisträger und darf nicht reden.«
    »Das muss dich freuen. Du hast einen triftigen
Grund für das, was du sowieso am liebsten tust, nicht wahr, mein Lieber?«
    »Ist es so schlimm? Aber im Ernst, ich bin
richtiggehend vergattert worden. Aber eines kann ich dir sagen: Die haben sich ein
hübsches Plätzchen für ihr Hauptquartier ausgesucht. Ganz abgelegen am Steilufer,
mit unverbaubarem Blick auf die Förde und das dänische Ufer, nett hinter einem Wäldchen
versteckt und sehr geräumig.«
    »Aber mit Schlagbaum?«
    »Ja, das ist so beim Militär. Am Tor hängt
ein Schild, darauf steht › ALPHA ‹. Jenseits davon ist alles Weitere geheim.«
    »Na ja, dann ist es auch nicht so wichtig.«
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