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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller
Autoren: Reinhard Pelte
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Arabien erzählen. Aber das würde zu lange dauern. Sie müssen mir einfach glauben,
was ich Ihnen sage. Erstens: Nach Dschibuti reist legal kein Asylant aus Somalia
ein, es sei denn, er ist von dem regierenden Clan ausdrücklich eingeladen und erwünscht.«
    »Warum?«
    »Weil sie schon viel zu viele von diesen armen
Teufeln im Land haben. Zweitens: Wenn er legal aus Deutschland eingereist ist, und
daran besteht ja nach Ihren Worten kein Zweifel, dann ist er für die herrschenden
Scheichs am Horn von Afrika wichtig. Sie werden ihn schützen, solange sie sicher
sein können, dass die Nachteile durch das, was er hier angestellt hat, die Vorteile,
die sie von ihm haben, nicht überwiegen.«
    »Sie meinen, er hatte eine Aufgabe für sie
zu erledigen, und sein Asylantenstatus war nur Deckmantel für wichtige Aktivitäten?«
    »Das könnte ich mir durchaus vorstellen. Die
Scheichs verfügen über sehr ausgedehnte und subtile Einflussmöglichkeiten und könnten
eine solche Operation zweifellos realisieren.«
    »Da passt aber der Mord an drei in diesem Zusammenhang
völlig unbedeutenden deutschen Frauen überhaupt nicht ins Bild.«
    »Ich gebe Ihnen recht. Da stimmt was nicht.
Oder Sie wissen noch zu wenig über die Frauen. Aber ich möchte drittens auf etwas
anderes hinweisen: Ein offizielles Auslieferungsersuchen – vorausgesetzt, ein entsprechendes
Abkommen zwischen Deutschland und Dschibuti existiert überhaupt, was ich nicht weiß
– wird in jedem Fall erfolglos bleiben. Und alles, was unter dieser Ebene an Wünschen
vorgetragen wird, hat noch weniger Aussicht auf Erfolg.«
    »Mit welcher Begründung?«
    »Die zuständigen Autoritäten werden die möglichen
Konsequenzen abschätzen und selbst handeln. Sie werden es nicht anderen überlassen,
schon gar nicht Europäern.«
    »Und wenn wir über Interpol und mit internationalem
Haftbefehl nach ihm fahnden lassen könnten?«
    »Das ändert gar nichts. Wenn die Scheichs ihre
Interessen durch ihn belastet sehen, werden sie ihn aus dem Verkehr ziehen.«
    »Was heißt das?« In Jungs Stimme mischte sich
zunehmend Verwunderung.
    »Sie liquidieren ihn oder überlassen ihn der
Straße, solange er noch nicht Träger unangenehmer und teurer Informationen geworden
ist.«
    Jungmann schob sich ein Stück Kuchen in den
Mund und nahm einen Schluck Kaffee. Danach wandte er sich Jung zu und sah ihm direkt
in die Augen.
    »Bis jetzt habe ich nur einen abstrakten Barre
abgehandelt. Uns ist aber auch ein konkreter Barre bekannt.«
    Jung konnte seine Verblüffung nicht verbergen
und hielt im Kauen seines Kuchenstückes inne.
    »Das überrascht Sie, nicht wahr? Unsere A2-Abteilung
berichtet schon seit einiger Zeit, wenn auch nur sporadisch, von einem Barre, der
in Südsomalia bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Clans auffällig
geworden ist. Wodurch, darf ich Ihnen nicht sagen. Außerdem muss es sich nicht unbedingt
um den gleichen Barre handeln. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, weil nach der
Flucht des ehemaligen Präsidenten Siad Barre alles, was diesen Namen trug, ausgelöscht
wurde.«
    »Nur dieser nicht, warum?«
    »Interessante Frage.«
    »Kann das nicht Ihre A2-Abteilung herausfinden?
Was ist das eigentlich?«
    »Das könnte sie«, sagte Jungmann, und ein unverhohlener
Stolz schwang in seiner Stimme mit. »Unsere A2-Abteilung macht für uns das, was
Sie für die Staatsanwaltschaft machen, wenn ich richtig informiert bin: Fakten sammeln,
aufklären, ermitteln, beobachten. Nur nicht verhaften, versteht sich.« Er lachte
über seinen eigenen Witz. Dann fuhr er fort: »Sie erstellt den Bericht zur Fremdlage,
so nennen wir das.«
    »Dann stehen ihr sicherlich auch Informationen
und Kenntnisse zur Verfügung, die Sie, Ihre Schiffe und die A2-Abteilungen anderer NATO -Staaten sammeln, nehme ich mal an. Die Quellen
sind ja unerschöpflich.«
    »Schon, aber vielfach auch trüb. Wir selbst,
also die Marine, könnten viel mehr beitragen. Wir haben hochmoderne Einheiten, zum
Beispiel in der AOI da unten. Deren taktische Bandbreite reicht
vom Einsatz mit hoher SOA – womit wir weit voneinander dislozierte COI s aufklären können – bis zu Triple Romeo in See. Die logistische
Capa ist vor Ort. Dazu kommt der Support aus unseren bordgestützten Heli-Komponenten.
Boarding-Teams sind eingeschifft. Im Rahmen von OEF fahren wir im Verband mit befreundeten und fremden Marineeinheiten, die Ähnliches
können. Der Verband operiert unter der Führung eines gemeinsamen CTF plus Stab.
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