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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller
Autoren: Reinhard Pelte
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Prolog
     
    Frage: Sie
haben einen Roman geschrieben, der unter den Sylt-Fans für Ärger gesorgt hat. Haben
Sie dafür eine Erklärung?
    Antwort : Abgesehen von den äußeren Gegebenheiten ist nichts in diesem
Buch wahr. Es gibt keine vergiftete Immobilienmaklerin auf Sylt, keinen Kriminalrat
Jung aus Flensburg, keinen Asylanten Jussuf Barre aus Somalia usw. Alle Personen,
Handlungen und Charaktere sind Fiktion, von mir erfunden und zusammengesetzt. Ebenso
gilt: Nichts in diesem Buch ist unwahr. Alles hätte so sein können. Die Reaktion
der von Ihnen so bezeichneten Sylt-Fans bestätigt das.
    Frage : Apropos Charaktere: Wie würden Sie den Protagonisten, Tomas
Jung, beschreiben?
    Antwort : Er ist, was man heutzutage einen Loser nennt. Er ist langweilig,
ohne Humor und Witz. Man kann bei ihm einen gewissen Sinn für Ironie ausmachen.
Er ist ein guter Beobachter. Auf der Klaviatur des Menschelns ist er ein Dilettant,
ein Soziallegastheniker. Er versucht, diesen Mangel durch Hinwendung zu gutem Essen
und Trinken und zu klassischer Musik wettzumachen. Er ist ein Intellektueller, der
glaubt, ein Freund der Menschen zu sein. Er ist deswegen gleichermaßen tragisch
wie grotesk. Er hat weitreichende Erkenntnisse, auch über sich selbst, ist aber
zu bequem, man könnte auch sagen zu ängstlich, um sie in Bewusstsein und Selbstbewusstsein
umzusetzen. Wenn er nicht auf einem Beamtenstuhl säße, sondern sich in der freien
Wildbahn behaupten müsste, wäre er rettungslos verloren. Überraschend ist: Er hat
von allen Figuren das größte Glück, und er entwickelt sich weiter. Das ist in seinem
fortgeschrittenen Alter bemerkenswert.
    Frage : Können Sie uns sein Glück näher erläutern?
    Antwort : Er klärt drei Fälle zugleich auf. Das ist Glück hoch drei. Er
ist, abgesehen von einer heftigen Sommergrippe, gesund: ein Glück, das er mit wenigen
teilt. Er glaubt, ohne es sicher zu wissen, an Gott. Ein geradezu unermessliches
Glück. Und er hat eine kluge Frau, die ihn liebt und deren Liebe er sich nicht bewusst
ist. Nochmals Glück.
    Frage : Und wohin entwickelt er sich?
    Antwort : Ich wäre schlecht beraten, Ihnen diese Frage zu beantworten.
Sie sollen ja meine Bücher lesen. Ich habe übrigens vier Romane mit Kriminalrat
Jung geplant. Der zweite und dritte sind schon fertig und der vierte angefangen.
Sie hängen nicht nur chronologisch zusammen. Am Schluss des letzten Buchs ist Jung
ein anderer geworden. Obwohl ich glaube, dass der Kern seines Wesens nicht bewegt
worden ist.
    Frage : Waren Sie jemals in Afrika und Arabien?
    Antwort : Ja.
    Frage : Haben Sie Ihr Wissen über diese Länder ausschließlich daher?
    Antwort : Nein. Sie können aber fast alles nachlesen, was Sie wissen wollen,
zum Beispiel bei wikipedia.org im Internet. Aus dieser Quelle habe ich unter anderem
mein Wissen über Strychnin, Fettleibigkeit und vieles andere mehr.
    Frage : Ihr Roman reicht von geheimnisvollen Scheichs auf Sansibar bis
zu einem Gartenschuppen in Kampen/Sylt. Glauben Sie nicht, dass das etwas weit hergeholt
ist?
    Antwort : Nein. Ihnen ist vielleicht die Chaostheorie bekannt. Danach
ist nicht auszuschließen, das Wüten eines Hurrikans in der Karibik auf eine winzige
Störung des hydrostatischen Gleichgewichtes über Indonesien zurückzuführen, zum
Beispiel durch den Flügelschlag eines Schmetterlings. Wenn solche fantastisch anmutenden
Abhängigkeiten existieren, warum nicht auch andere?
    Frage : Was gab den Anstoß zu Ihrem Buch?
    Antwort : Der Wunsch, einen längeren Text zu Papier und zu Ende zu bringen,
ein Besuch auf Sylt und der Hinweis, dass eine begnadete Geschäftsfrau ein lukratives
Geschäft zugunsten ihrer Freundin sausen lässt.
    Frage : Würden Sie sich als Schriftsteller bezeichnen?
    Antwort : Ich habe einen Kriminalroman geschrieben. Wenn das ausreicht,
ein Schriftsteller zu sein, dann bin ich es. Ich vermute aber hinter Ihrer Frage,
ob ich meine, ein herausragender oder zumindest guter Schriftsteller zu sein. Ich
weiß das nicht. Aber ich zitiere in meinem Roman einen genialen Schriftsteller.
Sie können danach auf Entdeckungsreise gehen. Er ist übrigens Amerikaner. Ich möchte
jetzt schließen. Guten Tag.

Der Ermittler
     
    Das Hoch Caesar hatte sich über Skandinavien festgesetzt. Jung konnte
die Tage, seit es das letzte Mal geregnet hatte, nicht mehr zählen. Untypisch, dachte
er und hob seine Tasse an die Lippen. Er liebte Ostfriesentee am frühen Morgen.
Es war still auf der Terrasse. Frau und Tochter schliefen
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