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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller
Autoren: Reinhard Pelte
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Soldat
     
    Fregattenkapitän Jungmann meldete sich wie versprochen am darauffolgenden
Tag. Er hatte in der Polizei-Inspektion erfahren, dass Jung ein paar Tage Urlaub
genommen hatte, und sich seine Privatnummer geben lassen. Sie vereinbarten ein Gespräch
am gleichen Nachmittag im Flottenkommando. Jung hatte keine Skrupel, diesen Termin
am Leitenden vorbei zu machen. Er hatte auch nicht vor, weiterzugeben, was er aus
diesem Gespräch mitnehmen würde. Was er jetzt tat, betrachtete er als seine Privatsache.
Er hatte keine Angst, dabei erwischt zu werden.
    Am Nachmittag steuerte Jung sein Auto am ZOB vorbei, über Ballastkai und Kielseng nach Mürwik. Die verbleibende
Wegstrecke über Solitüde nach Meierwik ist dann nur kurz. Meierwik ist ein Ortsteil
Glücksburgs und seit Jahrzehnten die Heimat des Flottenkommandos der Marine. Die
Anlage war gesichert, und Jung musste vor dem Rollgatter sein Auto abstellen und
das Wachhaus aufsuchen. Sein Personal- und Dienstausweis wurden registriert und
einbehalten. Er bekam einen Besucherausweis und einen Passierschein, auf dem sein
Gesprächspartner aufgeführt und die Ankunftszeit festgehalten war. Die Beendigung
seines Besuchs hatte später der Offizier zu vermerken und den Besuch zu quittieren.
Der Wachmann gab ihm eine Wegbeschreibung zum Marinehauptquartier ( MHQ ). Er werde dort erwartet, hieß es.
    Jung fuhr durch das geöffnete Gatter zur nächsten
Schranke, die sich vor ihm wie von Geisterhand öffnete. Er parkte sein Fahrzeug
auf dem angrenzenden Parkplatz. Der Weg zum MHQ war nur wenige 100 Schritte weit. Vor dem Eingang nahm ihn ein Matrose in Empfang.
    Er führte ihn in einen in die Erde eingelassenen
Bunker. Sie begegneten niemandem. Über ein Drehkreuz und mehrere elektronisch gesicherte
Stahlschotten auf verschiedenen Etagen gelangten sie schließlich zu einem geräumigen
klimatisierten Büro. Jung fiel auf, dass es viel besser und moderner eingerichtet
und ausgestattet war als die Diensträume bei der Polizei. Jungmann erwartete ihn
schon. Er trug eine zeitlos elegante Uniform aus dunkelblauem Tuch mit goldenen
Knöpfen und viel Gold auf den Ärmeln. Das war das Auffälligste an ihm. Jung hatte
später zuerst diese Uniform vor Augen, wenn er sich an Jungmann erinnern sollte.
    »Im Treppenhaus hängen eindrucksvolle Fotos
Ihrer Schiffe«, begann Jung nach der Begrüßung unverfänglich das Gespräch.
    »Nicht nur unserer Schiffe und Boote, auch
unserer Flugzeuge und Hubschrauber.«
    »Ja richtig, die waren auch dabei. Ich hätte
sie nicht unbedingt der Marine zugeordnet.«
    »Sie gehören dazu. Aber nun zu Ihnen«, lenkte
der Offizier die Unterhaltung abrupt auf ihr eigentliches Thema. »Ich habe vor unserem
Gespräch mit dem Flottenchef über Ihr Anliegen gesprochen. Er hat mir freie Hand
gelassen, allerdings unter der Voraussetzung, dass Sie über alles Stillschweigen
bewahren, was ich Ihnen erzählen werde. Schriftlich geht gar nichts. Können Sie
das zusichern?«
    »Ich bin überrascht, dass Sie den Flottenchef
damit behelligen müssen. Aber ich werde Stillschweigen bewahren. Das wird mir nicht
schwerfallen.« Jung musste insgeheim lachen.
    »Dann ist ja alles in Butter. Bevor wir anfangen,
darf ich Ihnen etwas anbieten? Bei uns ist heute Seemannssonntag mit Kaffee und
Kuchen.«
    »Danke, gerne«, freute sich Jung.
    Sein Gastgeber bestellte in der Kombüse zweimal
Seemannssonntag.
    »Seemannssonntag am Donnerstag an Land unter
der Erde, wie passt das zusammen?«, fragte Jung amüsiert.
    »Das machen wir aus Anhänglichkeit an ein altes
Donnerstagsritual auf unseren Einheiten in See und aus innerer Verbundenheit mit
den eingeschifften Kameraden«, grinste Jungmann zurück.
    Es klopfte, Jungmann gab ein »Ja« von sich,
und ein Matrose trug ein Tablett mit Kaffee und Kuchen herein.
    »Stellen Sie es bitte auf den Tisch.«
    »Jawohl, Herr Kap’tän.«
    »Danke.«
    Der Matrose verließ den Raum und schloss leise
die Tür hinter sich. Der freundliche Umgangston gefiel Jung. Nach dem ersten Schluck
nahmen sie das Gespräch wieder auf.
    »Wir suchen einen ehemaligen Asylanten aus
Somalia wegen des dringenden Tatverdachtes auf dreifachen Mord. Er heißt Jussuf
Barre und ist vor knapp einem Jahr legal nach Dschibuti ausgereist. Jetzt wollen
wir ihn finden, um ihn befragen zu können.«
    Jungmann sah ihn an und schmunzelte.
    »Sie waren noch nicht in Dschibuti, nicht wahr?
Deswegen sollte ich Ihnen eigentlich vorweg ein bisschen über dieses Land, zu Afrika
und
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