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Incubus et Succubus

Incubus et Succubus

Titel: Incubus et Succubus
Autoren: Asher Reed
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schrecklichen Fratzen verweste seit mehreren Jahren dort unten, hinter Schloss und Riegel in den Tiefen der Katakomben einer Kapelle, die mitten im Wald stand.
     
     
     
     
     

6. Kapitel ♂♂♂♂♂♂
    Verletzungen
     
     
    … Gedankenfetzen …
    Mit kleinen Schritten ging Dominik auf seinen Freund zu, er betrachtete ihn, seine Kutte, sein Gesicht, sein schönes, schönes Gesicht. Kniete sich nieder und zitterte, wusste nicht, wo er ihn angreifen sollte, wo durfte er diesen Fremden berühren. Sein Freund war tot, er würde nicht mehr aufstehen können, sie würden nie mehr miteinander frühstücken können, keine Urlaube mehr zusammen buchen und sich nie mehr küssen. Er hatte ihn erstochen, er hatte ihn einfach umgebracht und das …
      … Gedankenfetzen.
      Speichel rann aus seinem Mund, tröpfelte auf die Kutte und er hörte die Rufe einer Mutter und eines Vaters, die ihr Kind wieder gefunden hatten. Sie waren vereint, sie waren zusammen, Luca bei Liam, Liam bei Lena und Lena bei Luca. Er hörte sie weinen, er hörte sie ganz nah bei sich. Ein Rauschen zerfetzte seinen Gehörgang, ein Pfeifen war so laut wie die lauteste Musik.
      Gedankenfetzen …
      Dann, plötzlich, blickte ein Sonnenstrahl durch das große Fenster, durch das er das anfängliche Ritual beobachtet hatte. Dort hatte er beschlossen zu helfen, dort hatte er geglaubt, dass sein Freund, sein Partner, sein Daniel, verschwunden war, tot war, dass er nicht mehr zurückkäme, doch er war zurückgekommen, für einen Moment. Das Pfeifen hatte sich tief in seine Gehirnwindungen gepflanzt, es pflasterte sich dort ein Nest, es war da und …
      … Gedankenfetzen.
      Das Licht wurde heller, es war schon soviel Zeit vergangen, soviel und noch immer wurde es heller. Rauch, überall Rauch, er hatte ein Feuer gelegt, das sie rauslockte und sein Freund lockte ihn fort von hier, in den Wald hinein, aber er kam wieder zurück. Dominik war sich ganz sicher, Daniel wollte nicht, dass ich sterbe, dachte sich Dominik, und er starb auch nicht, aber Daniel starb. Er war weg. Sein geliebter Daniel. Hatten sie sich so auseinander gelebt gehabt? War es gut, seinem Partner nicht hinterher zu schnüffeln, vielleicht hätte er es tun sollen, aber er tat es nicht. Man sollte doch seinen Partner leben lassen, immer und überall. Sie klebten nie aufeinander, aber trotzdem – und so glaubte er jetzt – wollte Daniel nicht, dass sein Freund, sein Partner, starb, aber er starb, dafür musste Daniel gehen. Laut war es, so laut. Daniel hatte Dominik wegführen wollen, da war er sich ganz sicher, weggeschleppt, auf die falsche Fährte geführt, weg von der Kapelle. Doch Tage zuvor hatte er schon von der Kapelle gesprochen, wie gerne er sie ihm zeigen würde, wie gerne er mit ihm diesen Schatz in der Natur teilen wollte. Ganz versessen war er gewesen, ihm die Kapelle zu zeigen, gehört hatte er von einem Freund davon … diesen Namen würde er preisgeben, weitersagen, der Polizei sagen. Und irgendwann wurde es ganz still, still in seinem Herzen. Still in seiner Seele. Still in seinem ganzen Körper.
      Gedankenfetzen …
      Menschen waren nun um ihn, sie wollten ihm helfen, sahen das Grauen. Aber er hörte ihre Stimmen nicht, denn es war so still. Sie kamen, sie wollten ihm helfen, brauchte er Hilfe? Nein, warum auch? Er brauchte keine Hilfe, die brauchten Hilfe, die lagen doch alle hier herum, die Kuttenträger, die brauchten alle Hilfe, nicht er, der keinen Kratzer abbekommen hatte, außer ein paar Stiche und Striemen von den Walddornen, auch die konnten böse weh tun. Wie schwarze Punkte am Boden, so sahen die Kuttenträger aus, die Kapelle hatte …
      … Gedankenfetzen.
      Stille. Aber da … da ist ein Geräusch, es ist aber kein Geräusch, es ist nur spürbar. Wind. Dominik bemerkt, dass er nicht mehr in der Kapelle ist, sondern draußen. Hell. So hell. Über ihm das Ding, das ihn spüren lässt, das Wind macht. So still und so hell. Nichts höre ich, nichts, denkt sich Dominik . Alles ist leise und alles ist laut. Das Geräusch, die Klänge, die Kuttenträger, ich höre sie noch … so deutlich in meiner Erinnerung, obwohl es leise ist. Da ist viel zu denken und auch ganz viel zu sagen. Wie sollte ich das meinen Eltern sagen? Daniel … und ja, da sehe ich jetzt Luca vor mir, Lena vor mir … und der kleine Liam, der hat überlebt, das ist gut. Mit euch soll ich mitkommen? Dann komme ich eben mit.
      Tschüss,
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