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056 - Satans Mörderuhr

056 - Satans Mörderuhr

Titel: 056 - Satans Mörderuhr
Autoren: Larry Brent
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    Pierre Trondell vergewisserte sich, dass niemand in seiner Nähe
war und ihn beobachtete. Die Passanten, die sich um diese frühe Morgenstunde in
der schmalen Gasse aufhielten, waren an einer Hand zu zählen. Eine melodische
Glocke ging, als Trondell die Tür zu dem Antiquitätenladen aufdrückte. Der
Geruch von Moder und Staub schlug ihm entgegen. Eine andere, faszinierende Welt
umgab ihn! Überall hing altmodischer Kram, standen verschlissene und verschnörkelte
Polsterstühle, starrten ihm bleiche und maskenhafte Gesichter von pompösen
Ölgemälden entgegen. Ein schmaler Gang befand sich zwischen dem vielen Plunder.
Trondell stieß mit dem Fuß gegen den brüchigen, violett angepinselten Trichter
eines uralten Grammophons, und ein armseliger Ton hallte zitternd durch die
Stille. Quietschend öffnete sich im Hintergrund eine Tür. Ein schmaler, beinahe
hager zu nennender Mann mit kleinen aufmerksamen Augen erschien auf der
Schwelle.
    »Monsieur Trondell?« Es klang mehr wie eine Feststellung denn wie
eine Frage. Pierre Trondell nickte und eilte der Gestalt entgegen. Der Besucher
gab sich ruhig und gelassen, aber es war nicht zu übersehen, dass er unter
einer beachtlichen inneren Anspannung stand. »Oui«, nickte Trondell. Seine
Stimme klang schwach.
    »Ich habe Sie schon erwartet .« Henri
Laveaux lächelte. Es war ein gequältes Lächeln. »Kommen Sie .«
    Trondell schluckte. »Es gibt keinen Zweifel, nicht wahr ?« , fragte er leise, als er Laveaux gegenüberstand. »Sie ist
garantiert - echt ?«
    »Darauf können Sie sich verlassen !« Schnell wie die Zunge einer Schlange fuhr Laveaux' Zungenspitze über die
trockenen, spröden Lippen. »Mein Anruf gleich heute Morgen war kein Scherz .«
    »Zeigen Sie mir das Objekt«, forderte Trondell erregt, und sein
Verhalten war so, als hätte Laveaux für ihn eine Orgie vorbereitet und eine
Horde nackter Mädchen erwarte ihn hinter der schmalen, dunkelbraunen Holztür.
    Der Geschäftsmann öffnete die Tür vollends und ließ seinen frühen
Besucher an sich vorbeigehen. Sie durchschritten einen handtuchschmalen
Korridor, der gut und gern zehn Meter lang war. Ganz vorn war eine Tür. Laveaux
drückte sich an Trondell vorbei und schloss die Tür auf. Eine dunkle Kammer lag
vor ihnen. Schwere, handgeschnitzte Schränke standen an den Wänden, links in der Ecke unter einem schmutzigen Betttuch ein schmaler,
uhrenähnlicher Kasten. Laveaux schaltete die Deckenleuchte an, eine nackte
Birne, die in einem Drahtgeflecht hing.
    Schwacher Lichtschein tauchte den Raum in eine gelblich-rote Atmosphäre.
Der Händler näherte sich dem schmalen, hohen und verdeckten Gegenstand und zog
das Tuch herunter. Eine prachtvolle, fast bis zur Decke reichende Standuhr
wurde freigelegt. Das dunkle Holz machte einen frischen Eindruck. Massives
Eichenholz! Mit beinahe andächtiger Bewegung strich Pierre Trondell tastend
über das Holz.
    »Die Jahreszahl ...«, murmelte er, »... sie muss eingeschnitzt
sein. Zweimal - an ganz bestimmten Stellen.« Absichtlich drückte er sich so
ungenau aus, um zu verhindern, dass Laveaux einen Tipp erhielt. »Sie sind da.
Innen und außen«, lautete die Antwort. Ein schneller Blick Trondells streifte
den Antiquitätenhändler. »Wir werden sehen«, entgegnete er beiläufig. In diesem
Augenblick schlug draußen die altmodische Glocke an und rief Laveaux in das
Ladenlokal zurück. »Ich bin gleich wieder da«, sagte er von der Türschwelle
her. »Dann können wir uns über alles weitere unterhalten .«
    Er irrte sich. Einer von ihnen sollte noch genau drei Minuten und
fünfundzwanzig Sekunden zu leben haben.
     
    ●
     
    Pierre Trondell war begeistert. »Wenn es die Uhr des Marquis ist,
werde ich den Preis zahlen«, sagte er im Selbstgespräch. Er öffnete den
Uhrenkasten. Die Lippen des Franzosen bildeten einen schmalen, unbeweglichen
Strich in dem bleichen, angespannten Gesicht. Trondell nahm den Hut vom Kopf
und legte den über dem linken Unterarm hängenden Regenschirm zur Seite. Er
hatte - seitdem er in London lebte - es sich zur Gewohnheit gemacht, nie ohne
Regenschirm aus dem Haus zu gehen.
    An manchen Tagen wirkte dies lächerlich, bei strahlendem
Sonnenschein zum Beispiel. Aber Trondell machte sich nichts mehr daraus, wenn
grinsende Zeitgenossen ihm nachschauten. In seinem Bekanntenkreis war man
sowieso der Ansicht, dass Trondell eine Meise hätte. Das bewies schon die Geschichte
von der unheimlichen Uhr, die dem berühmt-berüchtigten Marquis de
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