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In Todesangst

Titel: In Todesangst
Autoren: Linwood Barclay
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wiederholte ich.
    Ihr Widerstand erlahmte, trotzdem sah sie mich immer noch nicht an. »Na ja … zuerst dachte ich, ich würde tierischen Ärger kriegen, wenn Syd zurückkommt.«
    »Ärger? Warum?«
    »Weil ich ihr jemanden vorgestellt habe, der mit dem Hotel zusammenarbeitet.«
    Ich erinnerte mich daran, was Andy mir erzählt hatte.
    »Gary«, sagte ich. »Andy hat euch zusammen gesehen. Du kanntest ihn ziemlich gut, stimmt’s?«
    Nun sah sie mich doch an. Verwirrung spiegelte sich in ihrem Blick. »Wieso ›kanntest‹?«
    »Er ist tot«, sagte ich.
    »Tot?«, wiederholte sie.
    »Wie hast du ihn kennengelernt?«
    »Ich habe ein paar Jobs für ihn erledigt. In ein, zwei Läden, in denen ich gearbeitet habe.«
    »Du hast für ihn Daten von Kreditkarten gestohlen, richtig?«
    »Das war doch harmlos.« Sie senkte den Blick. »Trotzdem war mir klar, dass alles auf mich zurückfallen würde, sobald Syd wieder da war. Weil dann alles herausgekommen wäre. Meine Verbindung zu Gary, die Geschichte mit den Kreditkarten. Und ich hätte bis zum Hals in der Scheiße gesteckt.«
    »Patty, Patty, Patty«, sagte ich leise, während ich daran dachte, welche Todesängste wir wegen ihr ausgestanden hatten. »Aber haben Gary und die anderen keinen Verdacht geschöpft? Dass du wusstest, wo Syd steckt? Schließlich wart ihr befreundet.«
    »Nein. Sie hatten keine Ahnung, dass wir so dicke miteinander sind. Klar, sie sind vorbeigekommen und haben mich gefragt, wo sie wäre … und irgendwie musste ich ihnen ja entgegenkommen. Deshalb habe ich ihnen gesagt, sie sollten Ihr Haus und das von Syds Mom im Auge behalten. Warum auch nicht? Schließlich wusste ich ja, dass Syd nicht dort auftauchen würde, weil sie mir vertraute. Sie war in Sicherheit, so viel war klar.«
    Ich hörte, wie hinter mir ein Wagen heranfuhr.
    »Trotzdem«, sagte ich. »Du hättest mich einweihen müssen. Außerdem hast du Syd falsche Tatsachen vorgespiegelt. Warum? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Na ja …« »Was?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich fand’s klasse, dass sie nicht da war.«
    Unwillkürlich überlief mich ein Schauder, der nicht von der kühlen Nachtluft herrührte. Plötzlich kamen mir all die Besuche in den Sinn, die Patty mir seit Syds Verschwinden abgestattet hatte. Mal war sie zum Abendessen vorbeigekommen, mal bei meiner Arbeit aufgekreuzt.
    Patty hatte Syds Platz einnehmen wollen. Wenn Syd nicht zurückgekommen wäre, hätte sie meine Tochter sein können.
    Aber warum war sie dann nach Stowe gekommen, um Syd wieder nach Hause zu bringen?
    Es sei denn, sie hatte etwas völlig anderes vorgehabt.
    Im selben Moment merkte ich, dass jemand hinter mir stand. Wir waren nicht länger allein. Ich war so auf Patty konzentriert gewesen, dass ich es nicht wahrgenommen hatte.
    Als ich herumfuhr, sah ich in die Augen einer Frau. Die Frau hielt eine Waffe in der Hand, deren Mündung auf mich zielte.
    Es war Veronica Harp.
     
    SECHSUNDVIERZIG
     
    »Du kleines Miststück«, sagte Veronica zu Patty. »Du wusstest also die ganze Zeit, dass sie hier war? Warum hast du bis gestern gewartet?«
    Jetzt war es heraus.
    Patty hatte Veronica Harp hierhergeführt. Es war nicht schwer zu erraten, wann sie beschlossen hatte, ihren Verrat an Syd zum bitteren Ende zu bringen – nachdem ich ihr gesagt hatte, dass ich keine zweite Tochter brauchen konnte.
    »Er hat eine Waffe«, sagte Patty.
    Na super. Anscheinend war ihr die Wölbung hinter meinem Rücken aufgefallen, als sie mich umarmt hatte.
    Veronica richtete ihre Pistole einen Zentimeter höher. »Werfen Sie das Ding über das Brückengeländer – und spielen Sie nicht den Helden.«
    Ich griff hinter mich, zog die Ruger vorsichtig aus dem Gürtel und warf sie übers Geländer. Eine halbe Sekunde später hörte ich, wie sie im Wasser unter uns aufklatschte.
    »War es schwierig, Ihre Stimme zu verstellen, als Sie sich als Yolanda Mills ausgegeben haben?«, sagte ich. »Eine echte Glanzleistung, die Sache mit dem Foto, das sie mir per Mail geschickt haben.«
    »Eher ein Glücksfall«, erwiderte Veronica. »Eigentlich wollte ich nur ausprobieren, wie man Fotos mit dem Handy knipst. Technik war noch nie mein Ding, aber meinen Enkel möchte ich schon fotografieren können, und es ist doch lästig, dauernd mit einer Kamera herumlaufen zu müssen. Jedenfalls habe ich Sydney zufällig auf dem Gang geknipst – tja, wer hätte gedacht, wie gelegen uns der Schnappschuss noch mal kommen würde.« Sie warf
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