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In Todesangst

Titel: In Todesangst
Autoren: Linwood Barclay
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Schuss durch die Nacht.
    Bob hatte die Pistole mit den drei Patronen bei sich gehabt.
    Veronica wurde gegen das Geländer geschleudert. Mit letzter Kraft riss sie ihre Waffe hoch und feuerte auf Patty, bevor sie auf den Asphalt sank.
    Der Schuss traf Patty mitten in die Brust. Die Pistole entglitt ihrer Hand, als sie zusammensackte und zu Boden stürzte.
    Mit einem Satz war ich bei Veronica, packte ihr Handgelenk und rammte es gegen das Brückengeländer. Sie leistete keine Gegenwehr; die Waffe fiel durch die Gitterstäbe und plumpste ins Wasser. Jetzt erst bemerkte ich, dass Veronica sich nicht mehr rührte.
    Syd schrie.
    Ich schloss die Arme um sie. »Alles ist gut«, sagte ich mit beschwörender Stimme. »Alles ist gut.« Ich wiederholte es immer wieder, erklärte ihr, dass alles vorbei war, dass wir jetzt nach Hause fahren würden, dass ihre Mom auf sie wartete, dass der Albtraum zu Ende war.
    Und obwohl die Sirenen lauter und lauter wurden, schien alles um uns herum in Stille zu versinken.
    Ich hielt Syd fest. Am liebsten hätte ich sie für immer gehalten, sie nie mehr aus meiner Umarmung gelassen, doch noch war es nicht wirklich vorbei. Patty war schwer verwundet. Bob war in den Arm getroffen worden. Und ich selbst fühlte mich, als ob mir jede Sekunde schwarz vor Augen werden würde.
    Aber das konnte ich mir nicht gestatten.
    »Syd«, sprach ich leise und beruhigend auf sie ein. »Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Wir fahren nach Hause, Syd. Das weißt du doch, oder?«
    Ich fühlte, wie sie langsam nickte.
    »Hörst du das?«, sagte ich. »Das ist die Polizei.«
    Sie nickte abermals, und ich spürte, wie sie sich mit aller Macht zusammenriss. »Ich werde ihnen alles erklären«, flüsterte sie.
    »Ich kümmere mich so lange um Patty«, sagte ich. »Es hat sie ziemlich schlimm erwischt.«
    Syds Blick schweifte zu meinem blutenden Ohr. »Dich auch«, sagte sie.
    »Ach, was«, sagte ich. »Halb so wild. Mir ist bloß ein bisschen übel.«
    Wir blickten zu Patty hinüber. Ein großer schwarzer Fleck begann sich auf ihrer Brust auszubreiten.
    »Daddy«, flüsterte Syd mit zitternder Stimme. »Du hast gesagt, sie wäre meine …«
    »Am besten wäre es, du würdest der Polizei entgegengehen«, sagte ich. »Bitte, Schatz.«
    Ihr Blick schweifte von Patty zu mir und wieder zurück. Dann wischte sie sich die Tränen von den Wangen, nickte und lief los.
    Ich stand auf und sah ihr hinterher. Dann kniete ich neben Patty nieder und zog sie vorsichtig an mich. Ihr warmes Blut sickerte durch mein Hemd.
    Hätte ich es nur gewusst. Hätte ich es nur rechtzeitig gewusst.
    »Der Krankenwagen ist schon unterwegs«, sagte ich. »Halt durch, Patty.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    Ihre Worte waren kaum zu verstehen. Heiser und seltsam verschwommen drangen sie aus ihrer Kehle.
    »Sag nichts mehr«, flüsterte ich. Ich legte mein Gesicht an ihre Wange, während ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen traten. »Du musst dich schonen, Patty.«
    »Ich wollte doch nur, dass du mich liebst«, sagte sie mit ersterbender Stimme.
    »Ich liebe dich«, sagte ich. »Mehr, als du mir je glauben würdest.«
    Und so hielt ich Patty sanft in den Armen, während das Leben unaufhaltsam aus ihr wich. Ich wiegte sie immer noch, als meine andere Tochter bereits mit ausgebreiteten Armen im Scheinwerferlicht der Streifenwagen stand.
     
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