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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme
Autoren: Federica de Cesco
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mir fast den Arm aus dem Gelenk. Ich kämpfte gegen Männer, die mir überlegen waren an Kraft. Doch ich focht weiter, zwang meine Füße, sich zu bewegen, meine Arme, das Schwert zu heben. Ich verstand es, mit einer Seitendrehung einem heftigen Schlag zu entgehen, und da machte Shinshi einen Fehler: Er sprang auf mich zu, weil er mich ungeschützt glaubte. Doch er hatte nicht mit der Reichweite des Sternenschwertes gerechnet. Die sieben Klingen blinkten messerscharf auf und trennten Shinshis Kopf von den Schultern. Sein Körper stürzte zuckend zu Boden. Da schienen die Mauern unter dem Schrei der Menge zu erbeben: »Sie hat das Sternenschwert! Die Göttin beschützt sie!«
    Iri stand da, wie vor den Kopf geschlagen. Die Narbe in seinem Gesicht war tiefrot angeschwollen. Plötzlich hob er sein Schwert und schrie gellend: »Zurück!«
    Jeder erstarrte. Eine unwirkliche Stille senkte sich über den Hof, als er langsam auf mich zukam. Der Hass, der wie eine Flamme in ihm brannte, schien aus seinen Augen zu lodern.
    Â»Priesterin, ich stelle Euch vor die Wahl. Entweder Ihr übergebt mir das Schwert oder ich nehme es mir.«
    Ich starrte ihn blicklos an. Mein Blut pulsierte, der Himmel pulsierte. Seine Worte klangen wie Fliegensummen in dem hellen goldenen Licht, das mich umfing. Und dann vernahm ich Susanoos Stimme.
    Â»Toyo«, sagte er.
    Ich wandte mich zu ihm. Unsere Augen begegneten sich. Er wiederholte leise meinen Namen und setzte ein einziges Wort hinzu: »Nein!« Es war kein Befehl, sondern eine Bitte.
    Da lächelte ich scheu und schüttelte leicht den Kopf. Gelassen, von innerer Ruhe erfüllt, kniete ich mich auf den blutgetränkten Boden nieder. Mit beiden Händen hielt ich das Sternenschwert und legte es vor meinen Knien in den Sand. Dann ordnete ich die Falten meines Gewandes, löste das Stirnband aus meinem Haar und zog den Dolch aus meiner Gürtelschärpe. Die Sonne schien mir auf die Schultern; ihr Licht war wie etwas Greifbares, das warm und golden und ganz nah meine Haut berührte. Ich richtete meine Augen auf den Dolch, hob ihn an meine Lippen und sah, wie mein Atem die Klinge beschlug. Mit der wenigen Kraft, die mir noch blieb, packte ich den Griff, hielt die Schneide mit der rechten Hand an meine Kehle …
    Â»Haltet ein!« Iris Stimme drang von irgendwoher aus dem goldenen Nebel. Ich hielt in der Bewegung inne. Das goldene Licht wurde schwächer, erlosch. Meine Hände zitterten, als ich langsam den Dolch senkte und das Gefühl meines eigenen Körpers in mich zurückkehrte. Ein Raunen stieg aus der Menge: Es klang wie tiefes, befreites Atemholen.
    Meine Augen klärten sich. Iris hoch aufgerichtete Gestalt zeichnete sich vor mir im Gegenlicht ab. Dann fiel ein Sonnenstrahl auf sein Gesicht. Ich sah die Furcht, die seine Züge entstellte, sah die Narbe auf seiner Wange, pochend wie ein dunkler Wurm. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er war sich der Tragweite einer solchen Tat voll bewusst: Mein Tod würde für ihn seine schwerste Niederlage bedeuten, eine unverzeihliche Schmach, die sein Herrscherhaus für alle Zeiten entehrte.
    Die Stimme, die ich jetzt hörte, war nur noch ein Röcheln. »Sprecht. Was begehrt Ihr?«
    Ich öffnete die trockenen Lippen. Meine eigene Stimme klang schwach und spröde, kaum hörbar und dennoch klar. »Das Leben des Herrschers von Izumo.«
    Iri atmete stoßweise; fast taumelte er. »Es sei Euch gewährt. Verlangt Ihr noch mehr …?«
    Â»Verpflichtet Euch bei Eurer königlichen Ehre, dem Herrscher von Izumo und seiner Tochter, Prinzessin Saroji, eine sichere Rückkehr in ihr Land zu gewährleisten.«
    Â»Ich gebe Euch mein Wort!«
    Der Dolch entglitt meinen Händen. Ich beugte mich vor, tastete wie eine Blinde nach dem Sternenschwert, hob es behutsam aus dem Sand. Ich wollte aufstehen, doch meine Knie, meine Arme gehorchten mir nicht mehr. Schweißtropfen bildeten sich auf meiner Stirn. Endlich erhob ich mich. Der ganze Hof drehte sich vor meinen Augen, doch zitternd gelang es mir, mich aufrecht zu halten. Und zitternd wandte ich mich an den Festungskommandanten: »Kamata, ich bitte Euch, den Herrscher von Izumo befreien zu lassen.«
    Â»Zu Befehl, Majestät!«, sagte er sich verneigend und rief zwei Offiziere herbei. Susanoo biss die Zähne zusammen, als sie ihm die Eisen aus den Händen zogen. Schwer atmend fiel er gegen das
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