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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme
Autoren: Federica de Cesco
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mit einem weißen Fellkragen um den Hals, der schnüffelnd und kurzsichtig über die Lichtung spähte. Ein leiser, entsetzter Schrei entfuhr der Dienerin. Sie holte das Kind ein und riss es in ihre Arme. Dann - wie die Bauern es zu tun pflegten - drehte sie der Schreckensgestalt zitternd den Rücken zu, um das Kind mit ihrem Körper zu schützen.
    Doch das kleine Mädchen stieß die Frau zurück, entwand sich blitzschnell ihrer Umklammerung und trat dem Bären entgegen. Die Dienerin stöhnte heiser und fiel auf die Knie. Vor Angst auf die Stelle gebannt, sah sie das kleine Mädchen furchtlos die Hand ausstrecken. Der Bär wiegte den schweren Kopf hin und her, beschnüffelte neugierig das kleine Menschenwesen. Die Hand des Kindes strich über den verfilzten Pelz. Der scharfe Bärengeruch umgab sie und sie spürte seinen nassen Atem auf ihrer Haut. Dann richtete der Bär sich mit einem einzigen Muskelwogen zu voller Größe auf. Er überragte das Kind wie ein gewaltiger schwarzer Felsblock. Das kleine Mädchen rührte sich nicht; seine mandelförmigen Augen verfolgten aufmerksam jede Bewegung der riesigen Tatzen. Die starken, gebogenen Krallen, an denen Erde und Reste von Baumrinde hingen, schwebten über seinem Kopf. Plötzlich ließ sich das Tier geschmeidig wieder auf alle viere nieder, wandte sich ab und verschwand im Dickicht. Das Krachen und Rascheln der Zweige entfernte sich und erlosch.
    Einige Atemzüge lang kauerte die Dienerin wie gelähmt auf dem Boden. Dann kam wieder Leben in sie. Stolpernd lief sie auf das kleine Mädchen zu, schloss es tränenüberströmt in ihre Arme. Sie streichelte das Kind, betastete seine Glieder mit zitternden Händen, wie um sich zu vergewissern, dass es keine Verletzung davongetragen hatte. Das kleine Mädchen beachtete sie kaum. Ihr Kopf war gedankenverloren zur Seite geneigt: Sie betrachtete die tiefen Spuren, die der Bär im Waldboden hinterlassen hatte.
    Das kleine Mädchen runzelte die Brauen. Ein gepresster Atemzug hob ihre Brust. Sie hatte ihre Macht über das Tier gespürt, doch sie wusste nicht, was sie damit anfangen sollte. Dann aber glätteten sich ihre Züge und ein heiteres Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Ihr Vater würde es ihr schon sagen.
    War ihr Vater nicht der Herrscher von Izumo?

cbt - C. Bertelsmann Taschenbuch Der Taschenbuchverlag für Jugendliche Verlagsgruppe Random House
    Verlagsgruppe Random House
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    1. Auflage
    Erstmals als cbt Taschenbuch Dezember 2007 Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
    Â© 2007 cbt/cbj Verlag
    Von der Autorin überarbeitete Fassung
    Die Originalausgabe erschien 1982 bei
    Benziger Verlag, Zürich, Köln
    Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten durch cbt/cbj Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlagbild: Anne Bernhardi he · Herstellung: CZ
    eISBN : 978-3-641-01705-7
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    www.cbj-verlag.de
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