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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Martin Mucha
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Kapitel 1
    I
    Anfang September ist eine gute
Zeit in Wien. Der Sommer mit seiner Hitze ist vorüber, der Winter mit der Nässe
und dem kalten Wind noch nicht da. In guten Jahren hat man einen ganzen Monat,
bevor es dann grau und grauslich wird, manchmal hat man aber auch nur ein paar
Tage. Egal aber, ob eine Woche oder einen Monat lang, die Stadt zeigt sich dann
einfach von ihrer besten Seite. Die Luft ist klar, die satten Farben der Bäume
in den Parks und auf den Hügeln ringsum leuchten, ein sanfter Wind treibt ein
paar Blätter vor sich her, und manchmal, ja manchmal findet man sogar einen
Wiener, der lächelt. Der Herbst – die Zeit der Wunder.
     
    Es war einer dieser goldenen
Tage, und ich war auf dem Weg zu Laura. Nicht, dass ich viel Lust auf ihr
Vorhaben gehabt hätte, aber in jeder Beziehung kommt er irgendwann, der erste gemeinsame
Wochenendausflug. Und zwar so unvermeidlich wie der erste Kuss, wie der erste
Streit und wie die Frage: Sollen wir nicht zusammenziehen? Schlimmer hätte es
nur noch dann kommen können, wenn der Ausflug einen Besuch bei Lauras Eltern
beinhaltet hätte. Gott sei Dank war immerhin dem nicht so. Allerdings sollten
ein paar von ihren Arbeitskollegen mit dabei sein.
    Wobei
Arbeitskollegen eigentlich nicht ganz stimmte. Laura hatte eine Firmenübernahme
juristisch begleitet, die Übernahme war geglückt, und nun hatte der stolze neue
Besitzer seine Geschäftspartner auf ein Wochenende in seinem Landhaus im
Weinviertel eingeladen. Jeder der Kerle dort verdiente am Tag so viel wie ich
im Jahr, und deren Badezimmerschlapfen waren sicher teurer als mein bester
Anzug. Wäre aber alles noch zu ertragen gewesen, wenn nur Laura nicht so
enthusiasmiert gewesen wäre. Für sie war das der Aufstieg in die Chefetage,
wenn schon nicht beruflich, so doch sozial. Wir hatten mir zur Feier des Tages
sogar gemeinsam neues Gewand gekauft, inklusive Schuhen und Hemden. Außerdem
war ich genau instruiert worden, wie ich mich zu verhalten und nicht zu
verhalten und über was ich zu reden und zu schweigen hätte. Auf keinen Fall
durfte ich über griechische Literatur oder meinen Gehaltszettel sprechen, und,
ach ja, natürlich musste der Mantel des Schweigens über alles gebreitet werden,
was nur irgendwie auf die dunklen Seiten meines Privatlebens hinwies. Dabei
hatte sie keinen Zweifel daran gelassen, dass sie es wirklich ernst meinte. Ich
kam mir vor wie auf dem Prüfstand für meine Beziehungstauglichkeit, alle
Voraussetzungen für ein wirklich schönes Wochenende waren also gegeben.
     
    Ich bog in die Kupkagasse im 8.
Bezirk ein, kam zu dem Haus, in dem Laura damals wohnte, und klingelte. Ich
fühlte mich etwa so wie ein Volksschüler, der von der Lehrerin zum Direktor
geschickt wurde und nun vor dessen Tür steht und klopft. Eine Drachenhöhle war
lächerlich dagegen.
    Es
dauerte keine zehn Sekunden und die Gegensprechanlage surrte.
    »Arno?«
    »Genau
der.«
    »Lass
deine Koffer unten und komm rauf, tragen helfen.«
    »Gut.«
    Ich
ließ meinen alten Lederkoffer unten und stieg die Treppen hinauf. Lauras
Wohnungstür stand offen, zwei Koffer waren zu sehen. Die schnappte ich mir und
hielt nach meiner Herzensdame Ausschau.
    »Laura?«
    »Komm’
gleich, trag den Krempel runter, wir sind spät dran.«
    »In
Ordnung.«
    Ich
schleppte die beiden Koffer die Treppe runter. Schleppen war das richtige Wort,
mit Tragen hatte das nichts mehr zu tun. Gut nur, dass Amnesty International
das nicht mitbekam, die hätten Laura glatt wegen Sklaverei verklagt. Unten
angekommen hätte ich mich dann am liebsten selbst verklagt, ich hatte nämlich
den Autoschlüssel oben vergessen. Ich wollte gerade die Koffer stehen lassen,
als sich oben im ersten Stock eines der Fenster öffnete und ein Schlüssel
heruntergeflogen kam.
    »Fang’
auf, du Genie!«, hörte ich noch, dann war das Fenster oben wieder zu und der
Schlüssel in meiner Hand. Lauras Peugeot stand nur wenige Meter entfernt. Ein
paar Schweißtropfen später hatte ich die Koffer im Auto verstaut. Wegen des
Schiebedachs war im Kofferraum nicht allzu viel Platz, also hatte die Rückbank
herhalten müssen. Ich sperrte wieder ab und blickte mich um. Von Laura war noch
immer nichts zu sehen.
    Also
wieder die Treppe hinauf, obwohl ich für heute eigentlich schon genug Sport
gemacht hatte. Die Tür war angelehnt, und ich ging hinein. Aus Lauras
Schlafzimmer hörte ich Geräusche, hektisches Hinundhergehen und das Rascheln
von Kleidern.
    »Ich
wär’ fertig, was ist
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