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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme
Autoren: Federica de Cesco
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Schiebetür zur Seite gleiten. Ich weckte Maki, die auf einer Matte im Nebenraum schlief, und befahl ihr, das Kind zu holen. Sie eilte davon. Ich drehte ihm den Rücken zu, lehnte die Stirn an die Tür und wagte nicht, seinem Blick zu begegnen. Doch er legte von hinten seinen Arm um meine Schulter und zog mich sanft zurück, sodass mein Kopf an seiner Schulter ruhte. Bald ertönten leise, schnelle Schritte. Maki brachte das schlafende Kind. Sie sah, wie der Herrscher von Izumo mich umarmt hielt, doch als gehorsame und schweigsame Dienerin senkte sie die Lider und verneigte sich tief. Dann reichte sie mir das Kind und zog sich zurück. Ich legte es in seine Arme. Er hob es behutsam hoch und drehte sich dem Fackellicht entgegen. Das Baby schlief friedlich; an seinen geschlossenen Fäustchen schimmerten blutrot die Tama-Steine. Es hatte ein herzförmiges Gesichtchen und ungewöhnlich dichte, geschwungene Wimpern. Er wagte nicht, das Neugeborene an sich zu drücken, aus Furcht, es zu wecken. Als er es mit seinem Atem streichelte, zuckten die pechschwarzen Wimpern, doch es schlief tief und erwachte nicht.
    Â»Sie soll Saroji heißen«, flüsterte er, »Herrin der Tausend Schiffe.«
    Er hob den Kopf und sah mich an. »Ich muss vor Sonnenaufgang die Festung verlassen. Zuerst gilt es, das Kind in Sicherheit zu bringen. Später werde ich dann abrechnen mit Seiner Allerhöchsten Majestät.«
    Ich rief Maki und befahl ihr, das Kind für die Flucht bereit zu machen. Sie nahm das Baby und glitt hinaus. Da schlang ich beide Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir herunter. Die Tränen stürzten mir aus den Augen, und rückhaltlos schluchzte ich: »Wie lange ist es her, dass du mich so in die Arme genommen hast?«
    Er schob mein Haar zärtlich zur Seite und sprach: »Einst hatte ich eine Tochter, doch sie wurde mir entfremdet und wuchs fern von mir auf. Damals war ich jung und eitel und ließ es zu, dass man mit meiner Seele spielte. Doch später, als das Mädchen heranwuchs, war der Schaden nicht mehr gutzumachen …«
    Ich drückte den Kopf an seine Brust, von krampfhaftem Weinen geschüttelt. »Der Freuden und Leiden bin ich müde, ich wünsche mir nur noch den Tod!«
    Da nahm er mein Gesicht in beide Hände, sah mich lange und eindringlich an. »Ja«, sprach er endlich, und seine Stimme klang verzweifelt, »der Schatten des Todes ist schon in deinen Augen …« Auf einmal packte er mich an den Schultern. »Komm! Flieh mit mir! Noch ist es Zeit.«
    Ein Zittern durchlief meinen Körper. Die Versuchung war groß. Doch dann kam ich wieder zur Besinnung und befreite mich sanft aus seinen Armen. »Wir müssen hinnehmen, was uns widerfährt, und uns selbst treu bleiben. Mein Schicksal verlangt, dass ich an der Seite des Königs ausharre und für mein Volk eintrete. Er hört auf mich, denn ich empfange die Stimme der Gottheit.«
    Er atmete gepresst. Plötzlich blitzte ein düsterer Funke in seinen Augen auf. »Wo ist Karas, der Verräter? Er soll seiner Strafe nicht entgehen.«
    Â»Karas richtete sich selbst. Man fand seine Leiche in dem Gemach von Ama no Uzume.«
    Da lachte er mit bitterem Spott. »Ach ja, die Kurtisane! Ist sie noch immer schön wie eine Blume und tückisch wie eine Raubkatze?«
    Â»Er war nicht schuldig«, sagte ich, »des Königs Herz ist kalt wie Stahl, seine Rache vernichtend wie der Sturmwind. Doch er ist nur ein Werkzeug jener höheren Macht, die das Schicksal unseres Volkes leitet …«
    Die Falten um seine Mundwinkel vertieften sich. »Was habe ich getan?«, sprach er dumpf. »Warum verwirft mich die Göttin? Kubichi habe ich verloren, die Aiu-Utari sind besiegt, Izumo von Feinden bedroht, und mein Schwert liegt verrostet auf dem Meeresgrund. Ein Teil meiner Seele wurde mit ihm vernichtet …«
    Da lächelte ich beschwichtigend. »Das Sternenschwert ruht in der Truhe, zu Füßen der Heiligen Gottheit, und wartet auf deine Rückkehr.«
    Er starrte mich an. »Das verstehe ich nicht. Der König ließ mich wissen, dass mein Schwert versenkt sei …«
    Â»So geschah es. Doch ich tauchte in die Tiefe. Mithilfe der Geister gelang es mir, die Waffe zu bergen und sie wieder an Land zu bringen …«
    Sein Atem ging fliegend. Lange schwieg er, die Augen auf mich gerichtet. Dann legte er die Hände auf meine Schultern und sprach:
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