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MAYA LINDON: Und die Macht der Magie (German Edition)

MAYA LINDON: Und die Macht der Magie (German Edition)

Titel: MAYA LINDON: Und die Macht der Magie (German Edition)
Autoren: Christina Atzeni
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Der Neue
    E s war der letzte Dienstag vor den Herbstferien. Den Ferien, die mein bisheriges Leben komplett aus den Fugen heben sollten. Es begann harmlos mit einer Schwärmerei. Unter keinen Umständen wäre mir der Gedanke gekommen, dass ich nur wenige Tage später alles, was ich dachte zu wissen, in Frage stellen würde.
    Nichts ahnend saß ich an einem der abgenutzten Tische auf dem Schulgelände. Die Sonne stand tief am wolkenlosen Himmel. Auch, wenn ich eine Hand als Blendschutz gegen meine Stirn hielt und die Augen leicht zusammenkniff, gelang es mir kaum, die geschwärzten Worte auf den weißen Seiten meiner Lektüre zu entziffern. Fast zwanghaft versuchte ich, mich auf das zu konzentrieren, was dort geschrieben stand. Es war zwecklos. Die aneinander gereihten Buchstaben und Zahlen ergaben einfach keinen Sinn.
    Warum weigerte sich mein Gehirn, um alles in der Welt, die Bedeutung von Trigonometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Geometrie zu verstehen? Schnaufend blätterte ich um. Wenn es ein Fach gab, das mir ganz und gar nicht lag, dann war das Mathematik. Ich war kurz davor zu verzweifeln, als ich im Augenwinkel sah, wie Nina über den fast leeren Schulhof gehastet kam. Ihr knöchellanger Rock erlaubte ihr nur winzige Schritte, was bei der Geschwindigkeit, in der sie auf mich zu marschierte, ein seltsames Bild ergab. Es sah aus, als sei sie vor irgendjemandem auf der Flucht.
    Direkt vor meinem Tisch blieb sie stehen. Ihr Körper warf einen langen Schatten. Ich nahm die Hand von meiner Stirn und blinzelte sie an. Sie sah aus wie ein Engel. Die Sonne ließ ihr blondes kurzes Haar wie einen Heiligenschein leuchten. Das Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, kannte ich nur zu gut. Hastig schaute sie noch einmal über ihre Schulter, dann beugte sie sich zu mir runter.
    „ Hast du ihn gesehen?“, fragte sie leise.
    Ich klappte mein Mathebuch zu.
    „ Wen meinst du?“
    „ Na, wen schon! Schau zum Basketballfeld.“
    Sie verdrehte ihre Augen, ohne den Kopf dabei auch nur einen Millimeter zu bewegen. Während ich mir sicher war, die Antwort bereits zu kennen, drehte ich mich um. Mein Spürsinn hatte sich nicht getäuscht.
    Es waren die WAUs. Paco kam, gefolgt von Dala, Pierre und Alica, über das Gelände gelaufen. Anmutig, fast schwebend, mit der unumstößlichen Portion Überheblichkeit, schritten sie daher.
    Dazu sollte ich erwähnen, dass es bei uns genauso war, wie in neunundneunzig Prozent aller Schulen. Hier konnte man auf sämtliche Gruppierungen der Gesellschaft treffen. Da gab es zum Beispiel die Freaks, die Streber oder Computerverrückten, die Sportler, die Gothics und noch einige mehr. Jede dieser Gruppen hatte ihre unverkennbaren Merkmale. Die Zughörigkeit der Mitschüler war meist schon von weitem zu erkennen, ob an den dicken Büchern, in die sich unsere Musterschüler vertieften, die Mannschaftsjacken unserer Sportasse oder die schwarze Bekleidung der Gruftis. Innerhalb der Gruppen glichen sie sich, wie ein Ei dem anderen. Bei den WAUs verhielt es sich anders. Äußerlich gab es keinerlei Parallelen zwischen ihnen. Während Pierre schmächtig, klein und zottelig erschien, war Paco groß, kernig und attraktiv. Ihre Gemeinsamkeiten lagen in anderen Dingen, nicht sofort mit dem bloßen Auge erkennbar. Es war ihr komplettes Auftreten, ihr Verhalten. Es schien, als folgten sie alle einem Kodex. Sie waren eben WAUs, W ortkarg, A rrogant und U nnahbar. Drei Worte, die das ziemlich gut umschrieben.
    Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund schaute ich Nina an.
    „ Das ... das ist ja ... unglaublich.“
    Die übertriebene Ironie in meiner Stimme war unüberhörbar.
    Mit blinzelnden Augenlidern funkelte sie mich an.
    „ Weißt du, du kannst echt eine blöde Kuh sein, wenn du willst. Dafür scheinst du dich noch nicht mal groß anstrengen zu müssen.“
    Schmollend ließ sie sich auf den Stuhl neben mir sinken.
    „ Und du tust jedes Mal so, als wäre er eines der sieben Weltwunder“, seufzte ich.
    Verärgert drückte sie sich gegen ihre Stuhllehne und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „ Das liegt vermutlich daran, dass ich bis heute noch nicht ein einziges Wort mit ihm gesprochen habe, oder? Hättest du deine Glubscher aber dazu genutzt, wozu sie da sind, wüsstest du, dass ich gar nicht Paco gemeint habe.“
    Die WAUs hatten sich mittlerweile, in sicherer Entfernung zu uns, am Rand des Basketballfeldes auf eine Holzbank gesetzt. Ich drehte mich erneut herum, um
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