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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle
Autoren: Lisa Kleypas
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nicht.«
    »Das tut es«, meinte Radnor wutentbrannt. »Zumindest das habe ich verdient!«
    »Welch Ironie.« Ein trauriges Lächeln umzuckte ihre trockenen Lippen. »Ihr wolltet Vollkommenheit von mir — etwas, das ich niemals erreichen konnte; doch die eine Sache, die ich Euch hätte geben können ... Zuneigung ... schien Euch nie zu interessieren.«
    »Ich will sie jetzt«, erklärte Radnor zu Lotties Verblüffung. Er trat vor sie, die Pistole immer noch an ihrem Kopf, und kniete sich hin, sodass ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. Sein Gesicht war scharlachrot, wobei das Brennen nicht an der Hautoberfläche war, sondern tief aus seinem Innern zu kommen schien. Seine Augen waren schwarz vor Wut oder vielleicht vor Verzweiflung, und sein schmaler Mund war grauenhaft verzogen. Nie zuvor hatte Lottie ihn so gesehen. Sie verstand nicht, was ihn derart bewegte und weshalb ihn ihr Verlust so mitnahm, obwohl sie tief in ihrer Seele wusste, dass er nicht fähig war zu lieben.
    Seine klauenartige Hand griff nach der ihren und führte ihre Finger an seine schweißbedeckte Wange. Erstaunt stellte sie fest, dass er sie dazu bringen wollte, ihn zu streicheln ... hier und jetzt, während er eine Waffe auf ihren Kopf gerichtet hielt. »Berühr mich«, murmelte er fieberhaft vor sich hin. »Sag mir, dass du mich liebst.«
    Lotties Finger verharrten leblos in den seinen. »Ich liebe meinen Mann.«
    Ohnmächtiger Zorn stieg ihm ins Gesicht. »Das darfst du nicht!«
    Beinahe empfand sie Mitleid für ihn, als sie in seine verständnislosen Augen blickte. »Ich bedaure Euch«, sagte sie. »Ihr könnt es Euch nicht vorstellen, jemanden zu lieben, der nicht vollkommen ist. Welch einsames Schicksal das sein muss.«
    »Ich habe dich geliebt!«, schrie er, wobei sich seine Stimme vor Wut überschlug. »Das habe ich, du betrügerisches kleines Biest!«
    »Dann habt ihr jemanden geliebt, den es nie wirklich gab. Ihr wart in ein Ideal vernarrt, das nicht das Geringste mit der Realität, mit mir zu tun hatte.« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Schweißperlen an ihrer Oberlippe. »Ihr kennt mich im Grunde gar nicht, Mylord.«
    »Ich kenne dich besser als irgendwer sonst«, entgegnete er mit Nachdruck. »Ohne mich wärst du nichts. Du gehörst mir .«
    »Nein, ich bin die Frau von Lord Sydney.« Sie zögerte, bevor sie den Gedanken aussprach, der ihr in den letzten Tagen des Öfteren gekommen war. »Und ich bin ziemlich sicher, dass ich sein Kind in mir trage.«
    Lord Radnors Augen wurden zu zwei dunklen Brunnen in einem ansonsten totenbleichen Gesicht. Zu ihrer Genugtuung stellte sie fest, dass sie ihn zutiefst schockiert hatte. Anscheinend war es ihm nie in den Sinn gekommen, dass sie von einem anderen Mann schwanger sein könnte.
    Radnor ließ ihre Finger fahren und erhob sich. Der kalte Pistolenlauf blieb weiter an Lotties Schläfe, als Radnor wieder hinter sie trat. Sie spürte, wie er ihr mit der schwitzenden Hand durchs Haar strich. »Du hast alles ruiniert«, sagte er seltsam ausdruckslos. Als er den Hahn spannte, hallte das laute Klicken an ihrer Haut wider. »Es ist alles vorbei. Du wirst nie sein, was ich wollte.«
    »Nein«, stimmte Lottie ihm leise zu. »Es war ein zweckloses Unterfangen.« Kalter Angstschweiß rann ihr das Gesicht entlang, während sie darauf wartete, dass er den Abzug betätigte. Im Angesicht seiner vollkommenen Niederlage würde Radnor sie ohne Zweifel umbringen, doch sie hatte nicht vor, die letzten Augenblicke ihres Lebens klein und ängstlich zu verbringen. So schloss sie die Augen und dachte an Nick ... seine Küsse, sein Lächeln, die Wärme seiner Hände auf ihrer Haut. Tränen des Bedauerns und der Freude sammelten sich hinter ihren Lidern. Wenn sie doch nur ein wenig mehr Zeit mit ihm hätte haben können ... wenn sie ihm hätte verständlich machen können, was er ihr bedeutete. Sie stieß einen lang gezogenen Seufzer aus und wartete beinahe friedlich auf Radnors nächste Handlung.
    Da hob er die Waffe in die Höhe und in der unheilschwangeren Stille, die folgte, schlug Lottie verblüfft die Augen auf. Ohne Radnors rasselnden Atem in ihrem Rücken wäre sie verleitet gewesen, zu glauben, er hätte den Raum verlassen. Als sie sich langsam umdrehte, fiel der Schuss mit einem ohrenbetäubenden Knall. Sie stürzte nach hinten zu Boden, während etwas seltsam Warmes ihr auf Rock und Arme spritzte.
    Benommen rang sie nach Atem und wischte sich wie betäubt über die roten Tropfen auf ihren Armen,
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