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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle
Autoren: Lisa Kleypas
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verfilzt. »Ich wusste, du würdest mir zu Hilfe kommen«, stieß sie keuchend hervor und trocknete sich die tränenüberströmten Wangen an Lotties Schulter ab. »Ich wusste es! Lottie, bring mich sofort weg von hier. Er kommt. Er wird jeden Moment da sein.«
    Lottie legte den Arm um das schluchzende Mädchen und strich ihr beruhigend über den Rücken. »Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst, Ellie. Hol deine Sachen, und ich bringe dich zu mir nach Hause.«
    Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. »Dazu ist jetzt keine Zeit, wir müssen sofort los!«
    »Also gut.« Immer noch den Arm um die Schwester gelegt, führte Lottie sie durchs Haus. »Du kannst mir alles auf dem Weg erzählen.«
    »Lottie«, jammerte Ellie, »es war so schrecklich, so ...«
    Das Mädchen blieb mit einem unterdrückten Schrei stehen, als sie sich der Eingangstür näherten und die dünne, asketische Gestalt Lord Radnors bei ihren Eltern stehen sah. Er musste kurz nach Lottie angekommen sein. Lottie ließ sich nichts anmerken, doch das Herz hämmerte ihr wild in der Brust, als sie in seine teuflischen Augen starrte. Sie schlang den Arm noch fester um Ellies Schultern und sprach mit einer Kühle, die sie nicht empfand.
    »Ich werde sie Euch nicht überlassen.«
    »Sydney!« Nick hörte Sayers lauten Schrei irgendwo unter sich. »Nicht loslassen!«
    »Hab ... ich nicht vor«, murmelte Nick, während seine blutverschmierten Finger von dem verrotteten Balken abrutschten.
    In seinen Ohren war ein dumpfes Brausen. Seine Arme fühlten sich taub an, während ihn unerträgliche Schmerzen durchzuckten. Eigenartigerweise wurden seine Ge
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    danken auf einmal glasklar, als er realisierte, dass Sayer ihn nicht rechtzeitig erreichen würde.
    Er wollte nicht sterben. Es war ironisch, dass es ihm eventuell nichts ausgemacht hätte, wäre er vor ein paar Monaten in diese Situation geraten. Ein Leben, das kurz und lustig war ... mehr hatte er nie erwartet. Es wäre ihm nicht eingefallen, sich mehr zu erhoffen.
    Doch das war, bevor er Lottie gefunden hatte. Er wollte Zeit mit ihr, sie noch einmal halten, ihr sagen, wie sehr er sie liebte, obwohl er nie gedacht hätte, überhaupt lieben zu können. Und er wollte sich um sie kümmern. Wenn er daran dachte, dass er nicht länger über sie wachen konnte ... dass sie ohne Schutz sein würde, verletzlich ... seine Finger glitten ein Stück weiter ab, und er stöhnte auf. Er schloss die Augen und umklammerte krampfhaft den Balken, da er wusste, dass jede Sekunde, die er sich festhielt, seine Aussichten vergrößerte, Lottie wiederzusehen. Teuflische Dämonen bearbeiteten seinen Körper mit weiß glühenden Sägen, rissen am Fleisch und an den Muskeln, bis ihm der Schweiß in Strömen das Gesicht und den Hals hinabrann.
    Lottie, dachte er voller Angst und Schmerzen. Jetzt, da es zu spät war, verstand er auf einmal so viel. Der Gedanke an sie würde sein letzter sein und ihr Name das letzte Geräusch, das seine Lippen verließe. Lottie ...
    Auf einmal verspürte er einen brutalen Druck auf seinem Handgelenk, als hätte sich eine Eisenklammer darum gelegt.
    »Ich habe dich.« Sayers ruhige Stimme drang durch den Wirrwarr seiner Gedanken. Sayer war auf den Balken geklettert, trotz des gefährlichen Knarzens, das das Holz von sich gab. Nick wollte ihm sagen, dass er gehen solle, da sie zusammen zu schwer für das morsche Gefüge waren, doch er brachte den Atem nicht auf. »Du musst mir vertrauen, Sydney«, fuhr Sayer indessen fort. »Lass mit der anderen Hand los, und ich ziehe dich nach oben.«
    Jeglicher Instinkt in Nicks Innern rebellierte gegen die Vorstellung, loszulassen und hilflos in der Luft zu hängen, einzig und allein auf die Kraft eines anderen angewiesen ...
    »Du hast keine Wahl«, presste Sayer durch zusammengebissene Zähne hervor. »Lass los, verdammt, damit ich dir helfen kann. Jetzt! «
    Nick brachte sich dazu, den Balken freizugeben und einen schrecklichen Moment lang schwang er durch die Luft, doch schon packte Sayer fester zu, wie ein Schraubstock, der plötzlich angezogen wurde, und er bewegte sich ein Stück nach oben, als der Runner ihn mit aller Kraft auf den krachenden Holzbalken zerrte.
    »Schieb dich vorwärts«, stieß Sayer hervor, wobei er Nicks Arm weiter fest gepackt hielt, und gemeinsam schoben sie sich Stück um Stück von dem gähnenden Abgrund fort. Als beide den Balken hinter sich gelassen und relativ sicheres Terrain auf noch intakten Holzplanken erreicht
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