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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle
Autoren: Lisa Kleypas
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auf einem Botengang begleiten. Die Kutsche soll auf der Stelle Vorfahren.«
    »Sehr wohl, Lady Sydney!« Harriet eilte diensteifrig davon.
    Binnen weniger Augenblicke erschien Daniel, dessen hoch gewachsene Gestalt in einer schwarzer Livree steckte. Er war ein gutmütiger, kräftiger junger Mann mit dunkelbraunem Haar und kirschroten Wangen. »Mylady«, sagte er, indem er sich tadellos verbeugte und auf weitere Anweisungen wartete.
    Lottie zog Mantel und Haube an, die Harriet ihr gebracht hatte. »Daniel, wir fahren zum Haus meiner Eltern, um meine kleine Schwester zu holen. Es besteht kein Zweifel, dass meine Familie heftig protestieren wird, ich möchte selbst Handgreiflichkeiten nicht ausschließen ... und obwohl ich nicht möchte, dass jemand verletzt wird, ist es unabdinglich, dass wir meine Schwester mit uns zurückbringen. Kann ich mich in dieser Angelegenheit auf sie verlassen?«
    Er verstand genau, was sie von ihm wollte. »Selbstverständlich, Mylady.«
    Sie lächelte matt, das Gesicht leichenblass. »Vielen Dank.«
    Die Kutsche war in Rekordzeit fertig, und Lottie hielt den zerknüllten Brief in der Faust, als der Wagen die Betterton Street rasch hinter sich ließ. Sie versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren, um zu verstehen, was vor sich ging.
    Was wollte Radnor mit ihrer Schwester? All die Jahre hatte er kaum Notiz von Ellie genommen, außer um abwertende Bemerkungen über sie fallen zu lassen — dass Ellie dick sei, dümmlich, unkultiviert. Warum also wollte er ausgerechnet sie zu seiner Geliebten machen? Vielleicht, weil er wusste, dass er Lottie auf diesem Wege am härtesten treffen konnte. Ihm war klar, dass sie in ihrer Ehe mit Nick niemals glücklich sein würde, wenn sie das Gefühl haben musste, ihr Glück mit dem Wohl ihrer Schwester erkauft zu haben.
    Ängstlich und gleichzeitig vor Wut schäumend krallten sich ihre Hände in den Stoff ihrer Röcke.
    Bis zum Haus ihrer Eltern dauerte es nur eine Viertelstunde, doch Lottie ertrug das Warten kaum. Als sie die Straße mit den Tudor-Häusern erreichten, war Radnors Kutsche weit und breit nicht zu sehen. In Lottie stieg ein Hoffnungsschimmer hoch. Vielleicht kam sie noch nicht zu spät.
    Das Gefährt kam zum Stehen, und Daniel half ihr beim Aussteigen. Sein entspanntes Gesicht half ihr dabei, sich etwas zu beruhigen, während sie auf den Gehsteig trat und dem Lakaien erlaubte, sie zum Haus zu begleiten. Der Vorgarten war verlassen, von ihren Brüdern und Schwestern fehlte seltsamerweise jegliche Spur.
    Lottie bedeutet Daniel mit einem Nicken, anzuklopfen, um die Bewohner auf ihre Ankunft aufmerksam zu machen. Kurz darauf wurde die Tür von einem Dienstmädchen geöffnet.
    »Miss Howard«, sagte die Hausangestellte mit sichtlichem Unbehagen, die Augen in dem sommersprossigen Gesicht weit aufgerissen.
    »Ich heiße jetzt Lady Sydney«, erwiderte Lottie und wandte sich an den Lakaien. »Warten Sie hier draußen,
    Daniel, ich rufe nach Ihnen, sollte ich Ihre Hilfe benötigen.«
    »Sehr wohl, Mylady.«
    Als Lottie das Haus betrat, gewahrte sie ihre Eltern im Türrahmen zu einem der Empfangszimmer. Ihre Mutter sah verkniffen und fest entschlossen aus, während ihr Vater es kaum fertig brachte, den Blick vom Boden zu lösen. Die Anzeichen ihrer Schuld ließen Lotties Empörung in ohnmächtige Wut umschlagen. »Wo ist Ellie?«, wollte sie ohne Umschweife wissen.
    Ihre Mutter starrte sie ungerührt an. »Das geht dich nichts an, Charlotte. Wie ich dir schon während deines letzten Besuches klar zu machen versuchte, bist du hier nicht willkommen. Durch deine eigensüchtige Handlungsweise hast du dich deiner Familie entfremdet.«
    Lottie lag eine zornige Antwort auf den Lippen, doch bevor sie auch nur eine Silbe hervorbringen konnte, hörte sie dumpfe Geräusche aus dem hinteren Teil des Hauses. »Lottie!«, erklang die gedämpfte Stimme ihrer Schwester. »Lottie, ich bin hier! Geh nicht weg!«
    »Ich komme!«, rief Lottie und warf ihren Eltern einen ungläubigen Blick zu. »Schande über euch«, sagte sie leise, jedes einzelne Wort eine Anklage. »Ihr wolltet sie Radnor überlassen, obwohl ihr wusstet, dass ihr damit ihr Leben für immer ruinieren würdet. Wie könnt ihr nur mit diesem Wissen leben?«
    Ohne auf das Gezeter ihrer Mutter zu achten, lief Lottie zu Ellies Zimmer und drehte den Schlüssel, der von außen im Schloss steckte.
    Dankbar schluchzend stürzte Ellie aus dem Zimmer und warf sich Lottie an den Hals. Ihr braunes Haar war völlig
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