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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton
Autoren: Andreas Schramek
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seiner Gattin Mut und ihres Sohnes Chons auf der goldenen Barke von ihrem Heiligtum in das südliche Ipet-sut gebracht wurden, um sich dort von ihrem Volk Jahr für Jahr reiche Opfer bringen zu lassen. Hier fand ein greifbarer Götterkult statt, den die Gläubigen sehen konnten, bei welchem sie fromm darniedersinken und beten, ihre eigene Frömmigkeit zeigen konnten.
    Ob sie dabei auch etwas begriffen, war weniger wichtig. Was wäre von der Verehrung des Min in Achmim geblieben, wenn es das Erntefest, die Spiele und Wettkämpfe nicht gegeben hätte? In jeder Stadt wurde ein anderer Gott besonders verehrt, wurden ihm zu Ehren Feste gefeiert, oft über mehrere Tage hinweg. Das war es, was den Menschen jetzt fehlte, wonach sie sich sehnten. Für viele machte das Leben ohne die regelmäßigen Feste keinen Sinn mehr, war das Leben gefährlich, denn eines Tages würden sich die Götter dafür gewiss rächen. Diese Feste waren es, die eine göttliche Ordnung in ihr Leben gebracht hatten, an welchen sie den Jahresablauf einrichten konnten. DieseFeste waren für viele Menschen das Gerüst, das ihrem Leben eine Stütze gab.
     
    Der Sturz und die Verbannung der alten Götterwelt beschäftigten Echnaton so sehr, dass er auch die Klagen seiner Freunde und Vasallen gar nicht mehr hörte oder sie nicht ernst nahm. Wie laut waren die Klagen Burra-Buriyashs, des Königs von Babylon, über Angriffe und Plünderungen seiner Karawanen selbst auf ägyptischem Boden, doch die Bitten Haremhabs auf militärische Unterstützung des Freundes blieben unerhört.
    Wir alle achteten Echnatons Friedensliebe sehr, und nur aus Ergebenheit hatten wir bislang geschwiegen. Jetzt aber rieten wir ihm, die Truppen in Marsch zu setzen, damit sie dem Wüten und der Eroberungslust der Hethiter Einhalt geboten. Doch Echnaton hörte nicht auf uns. Acha, Aper-el und ich flehten ihn an, er möge die Augen öffnen vor dem Unheil, das Ägypten Tag für Tag näher kam, doch seine Ohren blieben taub. Teje und ich gerieten mit ihm sogar in einen heftigen Streit, doch enttäuscht wandte er sich von uns ab.
    Rib-Addi, der Fürst von Byblos, der sich in seinen Briefen unterwürfig als «Schemel unter Deinen Füßen» bezeichnete, flehte um Hilfe, denn Abdi-Ashirta, der Herrscher von Amurru in Nordsyrien, führte unter dem Schutz der Hethiter Krieg gegen Byblos.
    «Zum König, meinem Herrn, der Sonne, hat gesprochen also Rib-Addi, Dein Diener, der Staub Deiner Füße. Zu den Füßen meines Herrn, der Sonne, fiel ich siebenmal, siebenmal fiel ich nieder. Baalat von Gubla gebe Macht dem König, meinem Herrn. Siehe, so habe ich geschrieben an meinen König, aber er hat nicht gehört. Möge der König, mein Herr, wissen, dass Abdi-Ashirta einen grausamen Krieg gegen mich führt, und dass er all meine Städte genommen hat. Du wirst in ein leeres Haus kommen. Alles ist dahin. Ich bin greis, und eine schwere Krankheit plagt mich. Aber der König, mein Herr, erhalte meine zwei Söhne,seine Diener, am Leben! Erobert sind alle Länder des Königs, und mein Herr eilt ihnen nicht zu Hilfe. Siehe, jetzt kommen die Krieger aus Hattuscha, um Gubla, meine letzte Stadt, zu erobern. Hier in Gubla bin ich gefangen, wie ein Vogel im Netz. Wenn das Herz des Königs gewillt ist, seine Stadt und seine Diener zu schützen, so sende uns Soldaten, damit sie uns schützen. Ich schütze, solange ich lebe. Wenn ich sterbe, wer soll sie dann schützen? Sende also Truppen und befriede Dein Land!»
     
    Mehr als fünfzig Briefe dieser Art richtete Rib-Addi an den Herrn der Beiden Länder. Ich glaube, sie liegen noch heute im Staatsarchiv von Achet-Aton und sie werden dort unbeachtet bleiben, bis sie eines Tages zu Staub zerfallen.
    Genützt haben die Briefe Rib-Addis nichts, denn Echnaton war nicht bereit, die verzweifelten Hilferufe seines einst so treuen Vasallen ernst zu nehmen, sondern ließ ihn nur wissen, dass Rib-Addi «mir öfter schreibt als alle anderen Fürsten».
    Der Fürst von Byblos wurde geschlagen und seines Landes beraubt. Er floh in das Lager eines Freundes, der schon lange keiner mehr war. Der Verräter erschlug ihn.
    Schuwadarta, dem Fürsten von Qiltu, erging es nicht anders. Ohne den starken Arm Pharaos, ohne die Hilfe Ägyptens, war auch er verloren. In seinem letzten Brief schrieb er an Echnaton: «Erfahre, o König, mein Herr, dass alle Länder des Königs, meines Herrn, genommen worden sind.»
    Schrecklich wüteten die Hethiter in diesen Jahren unter den Freunden und
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