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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton
Autoren: Andreas Schramek
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dummes Verhalten erinnerte. Und doch: «Die Wahrheit wirst Du nie erfahren», hatte er zu mir gesagt. Dieser Satz würde mich wohl bis an das Ende meines Lebens verfolgen!
    Den Rest der Fahrt verbrachte ich mit Überlegungen, wo ich wohl Echnaton antreffen und was ich ihm sagen würde, weshalb wir hierher zurückgekommen waren. War denn die Finsternis als solche nicht Grund genug?
    Eine Biegung noch, eine letzte Flussbiegung, und Achet-Aton würde vor uns liegen! Ich sah schon Teile der Südstadt, dann den großen Hafen, die beiden Landungsstege des Stadtpalastes und schließlich die ganze Pracht der herrlichen Stadt. Alles stand noch, alles war unverändert. Das beruhigte mich ein wenig. Wir mussten im großen Hafen im Süden der Stadt einlaufen, denn einem gewöhnlichen Kriegsschiff war es natürlich nicht gestattet, an einem der Landungsstege des Palastes anzulegen. Bis unser Kommandant oder ich dem wachhabenden Hafenmeister des Palastes etwas erklärt hätten, würden wir im Süden schon an Land gegangen sein. So trieb unser Schiff an den Palastanlagen vorbei, entlang der prächtigen Amtsgebäude, bis wir den Hafen erreichten.
    Als wir einliefen, begegnete uns ein anderes Schiff. Ich sah nur kurz hinüber, denn es gab keinen Anlass, mich mit diesem Schiff und seiner Besatzung näher zu befassen. Doch ich glaubte, im flüchtigen Hinsehen ein oder zwei Gesichter erkannt zu haben, und drehte mich schnell noch einmal um. Aber auch sie hatten sich abgewandt, und zu viert standen sie jetzt dicht beisammen, und sie vermieden es offenbar bewusst, dass sich unsere Blicke noch einmal trafen. Es beunruhigte mich, dass ich ihre Gesichter, die mir so bekannt vorgekommen waren, niemandem zuordnen konnte, doch mein Grübeln verebbte bald im geschäftigen Treiben des Hafens und seines Lärms.
    Wir verließen in Eile das Schiff, nachdem wir uns bei seinem Kommandanten für dessen treue Dienste bedankt hatten, und eilten zum Vorsteher des Hafens. Er hatte keinen Pferdewagen zur Hand, denn, so sagte er uns, er hätte es nie so eilig und würde die Bequemlichkeit von Sänften bevorzugen. Ich bat ihn, mir zum Schutze des Prinzen wenigsten acht seiner Soldatenmitzugeben und vertraute Mutnedjemet und ihre Dienerin dem Schutze Ipus an, während ich gemeinsam mit Tutanchaton zwischen je vier Soldaten zu Fuß in Richtung Stadtpalast loszog.
    Je näher wir der Stadtmitte kamen, umso größer wurde das Gedränge, umso aufdringlicher oder abweisender die Menschen, je nachdem, was ihr Ansinnen war, und umso unruhiger wurde ich selbst. Ich spürte, wie mein Herz zunehmend heftiger schlug, spürte jeden seiner Schläge in meinem Kopf, und ich spürte, wie mich wieder diese unsägliche Angst beschlich. Doch ich wusste nicht einmal, wovor ich mich fürchtete. Oder gestand ich es mir nur nicht ein? Ich nahm den Jungen noch fester bei der Hand.
    «Wir werden es gleich geschafft haben!», ermunterte ich ihn, denn ich sah, wie sehr ihn meine Eile anstrengte. Er nickte stumm und drückte zum Zeichen unseres Bündnisses fest meine Hand.
    Vor dem großen Eingangstor zum Stadtpalast wurde das Gedränge immer größer, es hatte sich davor eine richtige Menschentraube gebildet, einem Bienenschwarm gleich, der, stets in Unruhe immer größer wurde. Wenige Ellen trennten uns jetzt noch von dem Rand dieses Schwarms, da sah ich, wie in seinem Inneren einige die Hände emporstreckten und zu weinen begannen. Andere hielten sich die Hände vors Gesicht und wandten sich entsetzt von dem Gesehenen ab. Ich ging an den vier Soldaten vor mir vorbei und verschaffte mir, den Knaben noch immer an der linken Hand, schreiend und mit dem rechten Arm rudernd Platz. Immer dichter wurde das Gedränge, immer schwieriger war es, vorwärts zu kommen, bis ich endlich den inneren Rand des Schwarms durchbrach, denn in ihrer Mitte hatten die Menschen ehrfurchtsvoll Platz gelassen für den Toten, der vor ihnen lag. Blut rann langsam aus Nase und Ohren, und es formte um seinen Kopf eine purpurne Scheibe, der untergehenden Sonne gleich. Seine Augen waren weit geöffnet,und wie aus einer anderen Welt starrten sie mich regungslos an.
    Ich presste das Gesicht des Knaben mit beiden Händen fest gegen meinen Körper, denn er sollte seinen Vater, den toten Echnaton, so nicht sehen.

Informationen zum Buch
    Der Kampf um die Sonnentempel
     
    Pharao Amenophis ist auf der Höhe der Macht, als sein ältester Sohn einem Anschlag zum Opfer fällt. Mit dem Zweitgeborenen, den er zum Thronfolger
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