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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton
Autoren: Andreas Schramek
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Hunger leiden musste. Fleisch und Fisch, Gemüse und Honig, Bier und Wein, es gab alles im Überfluss.
    Ägypten erlebte unter Nimuria eine lange Zeit des Friedens. Viele Jahre hatten wir keine Kriege mehr geführt, hatte es keine Aufstände in Nubien, dem elenden Kusch, gegeben, musste kein Soldat unseres Landes unter Waffen sterben. Wie ich dir schon erzählte, war Pharao im fünften Jahr seiner Regierung mit seinem Heer nach Süden gezogen, um dort, wo der Atbara, der aus Äthiopien kommt, in den Nil fließt, weit südlich der fünften Stromschnelle, ein Heer von Aufständischen niederzuschlagen. Der Sieg Nimurias war so vernichtend, so überwältigend, dass das elende Kusch es nie mehr wagte, sich gegen Pharao zu erheben.
    Ja, Nacht-Min, die Herrschaft Nimurias war von Amun, seinem göttlichen Vater, gesegnet. Und Nimuria selbst war gesegnet mit allen Wohltaten, die Amun ihm gewähren konnte. Die Große königliche Gemahlin Teje, meine Schwester, war eine erfahrene und stolze Frau. Mit großer Aufmerksamkeit nahm sie an allem Anteil, was im Land vor sich ging, und ihr Einfluss auf die Geschicke unseres Landes war größer, als mancher ahnte und es manchem recht war. Jeder, der mit einer Bitte an den König herantrat, tat gut daran, die Große königliche Gemahlin Teje nicht zu übergehen. Teje führte einen regen Briefwechsel mit den Herrschern Babylons und Mitannis, Syriens und Hattuschas. Sie verfügte über ein gewaltiges Vermögen, und zu Recht galt die Verwaltung ihres Palastes und ihrer Domäne im ganzen Land als vorbildlich.
    Als ich in die Palastschule kam, begann eine Freundschaft, die bis zum Tode Nimurias unverbrüchlich hielt. Er hatte mir nie ein Amt gegeben. Ich führte unter seiner Herrschaft nur den Titel ‹Einziger Freund Seiner Majestät›, und doch hatte ich mehr Einfluss, war ich mächtiger als jeder Wesir, jeder General oder Priester. Ich kannte die Gedanken Nimurias, und er kannte meine. Mit eigener Hand rettete er mein Leben. Er ließ mich nach Babylon ziehen, damit ich dort die Liebe meines Lebens finden konnte, meine Merit. Er gab mir einen Palast, in dem Merit unserer Tochter Nofretete das Leben schenkte. Und er machte mich zum Erzieher seines zweitgeborenen Sohnes, des Prinzen Amenophis.
    Der Prinz wurde nicht zum Herrschen geboren, denn er hatte einen älteren Bruder, Thutmosis. Amenophis war weich, oft in Gedanken versunken und der Gerechtigkeit, der Wahrheit in einem Maße verschrieben, wie es mir bei einem Menschen seines Alters bis dahin völlig fremd gewesen war. Es schien, als besäße er mit den siebzehn Jahren, die er damals zählte, die Weisheit eines Hundertjährigen. Sein Äußeres war nicht schön, eher eigentümlich. Auf einem langen, dünnen Hals saß ein großerKopf mit übermäßig wulstigen Lippen, großen, schwarzen Augen und hervorspringenden Backenknochen. Seine Beine waren auffallend lang, doch er hatte pralle, runde Oberschenkel, während die Waden, wie auch seine Arme, dünn waren. Dennoch liebte ihn meine Tochter Nofretete über alles. Sie, die selbst so schön, so vollkommen war wie keine andere, deren Antlitz strahlte wie die Sonne, deren Augen glänzten wie alle Schätze dieser Welt und deren Gliedmaßen so vollendet waren, dass jede Göttin sie beneidete, meine Nofretete hatte keine Augen für sein Äußeres. Sie liebte seine reine Seele, sein gutes Herz.
    Wie anders war da Prinz Thutmosis! Der Erstgeborene Pharaos, der Thronfolger, übertraf alle Söhne des Landes an Kraft und Schnelligkeit. Sein Körper war so makellos wie die Steinfiguren überall im Land, die Pharao zeigten. Es war, als wäre Prinz Thutmosis für Generationen von Bildhauern Vorbild gewesen und als hätte es dafür nie einen anderen gegeben als diesen erstgeborenen Sohn Pharaos. Er war gebildet und schrieb unsere Schriftzeichen so vollendet wie kaum ein Zweiter. Er sprach Akkadisch fehlerfrei wie seine Muttersprache, und nur Nimuria selbst übertraf ihn im Bogenschießen. Prinz Thutmosis war der Stolz seines Vaters, und er gab dem ganzen Land die Zuversicht, dass der Wohlstand, der innere wie äußere Friede, das goldene Zeitalter, in dem wir lebten, ja, das Glück Ägyptens ewig währten.»
     
    Eje und Nacht-Min waren endlich im Arbeitszimmer des Herrschers angelangt. Eje ließ seinen Diener in zwei Becher aus Alabaster Wein einschenken und befahl ihm sodann, den Raum zu verlassen. Mit einem Fingerzeig bat er seinen besonderen Gast, auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Er selbst
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