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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton
Autoren: Andreas Schramek
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blieb jedoch vor einer lebensgroßen Steinfigur aus dunkelgrünem Stein stehen und sah sie lange schweigend an. Es war Echnaton, den jetzt viele hinter vorgehaltener Hand den Ketzerkönig nannten.
    Dann ging Eje zu seinem Schreibtisch und setzte sich bedächtignieder. Im Schweigen suchte er nach der Erinnerung, nach der Erinnerung an Amenophis Waen-Re, der sich den Namen Echnaton gegeben hatte. Von ihm erzählte Eje in jener Nacht.

EINS
    Ein königliches Opfer für Isis, Nephthys
    und die Götter des Westens, dass sie geben den süßen Hauch
    des Nordwindes für Thutmosis, den Gerechtfertigten.
     
    P rinz Thutmosis war tot.
    Er war die Hoffnung unseres Landes auf eine Zukunft gewesen, von der alle Menschen geträumt hatten. Auf eine Zukunft in Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit. Auf eine Zukunft, in der nur Maat, unsere göttliche Ordnung, herrschte. Der Prinz war voller Kraft und Tatendrang gewesen, von allen Untertanen geliebt und durch seine Erziehung ohne jeden Zweifel befähigt, die Beiden Länder als strahlender, mächtiger Horus zu regieren. Noch wenige Monate, und Nimuria hätte ihn zum Mitregenten ernannt. Aber diese Hoffnung wurde mit dem Tod des erst einundzwanzigjährigen Thronfolgers grausam zunichte gemacht.
    Eine tiefe Trauer legte sich wie ein schwerer Schleier über die königliche Familie, ja über das ganze Land.
    Nimuria und Teje baten mich, gemeinsam mit Prinz Amenophis nach Men-nefer zu reisen, um von dort den toten Thutmosis nach Waset zu holen, damit er hier bestattet werden konnte.
    Seit meiner Heirat mit Ti war es das erste Mal, dass ich sie mit Nafteta und unserer Tochter Mutnedjemet für längere Zeit allein in unserem Palast zurückließ.
    Am Abend vor unserer Abreise fuhr ich in den Palast der GoldenenSonne, um mit Nimuria ein letztes Mal die Einzelheiten meiner Reise zu besprechen. Wie unzählige Male vorher erwartete er mich allein auf seiner Dachterrasse. Amenophis stand zwischen zwei Wedelträgern an der Brüstung und sah mit starrem Blick auf die andere Seite des Flusses, auf Waset und die Tempelanlage von Ipet-sut. Ein leichtes Obergewand verdeckte seine Leibesfülle, und auf dem Kopf trug er das Nemes-Kopftuch mit dem königlichen Stirnband, von dessen Vorderseite Kobra und Geier, Uto und Nechbet, die Herrinnen der Beiden Länder, emporragten.
    «Glaubst du, dass den Dienern Amuns das Blut meines Sohnes an den Händen klebt?», fragte er mich ohne Umschweife und ohne sich nach mir umzudrehen. Ich schwieg, bis Pharao sich mir zuwandte. Dann antwortete ich.
    «Mit fünfzehn Jahren gabst du in Men-nefer den Befehl, einen gerade im Bau befindlichen Tempel Amuns niederzureißen. Mit der Erweiterung des Tempels von Ipet-sut und der Verpflichtung der Priester, sich an den Baukosten zu beteiligen, hast du den Schatz Amuns halbiert. Dein Palast steht nicht in Waset, sondern hier, auf der Westseite des Flusses, und Tag für Tag blicken die größten Steinfiguren Ägyptens von deinem Tempel der Millionen Jahre hinüber nach Ipet-sut in das Antlitz Amuns. Seit Jahren huldigst du mehr und mehr Re-Harachte und Aton, und dein zweiter Sohn scheint dich darin übertreffen zu wollen. Ich glaube nicht, Ameni, dass sie dir und deiner Familie besonders freundlich gesonnen sind.»
    «Du hast meine Frage nicht beantwortet, Eje», hakte Amenophis nach, und sein Blick wurde jetzt noch ernster.
    Ich wollte mich aber nicht festlegen lassen, auf keinen Fall. Antwortete ich mit Ja, würde er von mir Beweise verlangen. Sie zu erbringen, hielt ich für unmöglich. Sagte ich Nein, könnte er glauben, ich wäre feige, und er wäre von mir unendlich enttäuscht. Ich wich ihm erneut aus.
    «Ich werde in Men-nefer nichts unversucht lassen, um dieWahrheit zu erfahren. Ich bin vorsichtig geworden, Ameni. In der Vergangenheit sind zu viele Dinge geschehen, für die wir keine Erklärung fanden. Denke nur an das schreckliche Ende von Anen. Obwohl er selber ein Priester Amuns war, lag er eines Tages, nachdem er mich gewarnt hatte, tot vor dem Torturm und zu Füßen einer deiner Steinfiguren. Wenn wir uns jetzt in unserer Meinung festlegen, könnte noch Schlimmeres passieren.»
    Ich spürte, wie Amenophis in seinem Inneren zusammensackte, als hätte er jede Hoffnung, die Wahrheit über den Tod seines Sohnes zu erfahren, aufgegeben.
    «Ameni», rief ich mit flehender Stimme. «Wenn es mir gelingt, dir den Beweis eines Verbrechens zu liefern, wenn sie es waren, die das Ende deines Sohnes beschlossen haben, dann magst du
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