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Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)

Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)

Titel: Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)
Autoren: Sophie R. Nikolay , Sigrid Lenz , Denis Atuan , bonnyb . , Roland Lieverscheidt , Justin C. Skylark , Sara
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    Adriane
    Auszug aus: Schlechte Romanzen
     
    Sarah Krueger
     
     
    Allmählich erholte ich mich. David spukte nicht mehr fortwährend in meinem Kopf herum, wenn ich morgens aufwachte und abends ins Bett ging. Vorbei die Zeit, dass ich mich in einen unerholsamen Schlaf weinte. Vorbei die Zeit, in der ich pro Woche ein Kilo verlor. Ich beschloss, wieder zu leben.
    An den Wochenenden ging ich wieder aus. Zwar nicht mehr in die Disco, aber ins Theater, ins Kino, in Museen. Ja, ich war plötzlich an Kultur interessiert. Ich fing an, mich selbst als angenehme Begleitung zu akzeptieren. Zum ersten Mal im Leben hatte ich keine Freundinnen mehr, und auch keinen Freund. So merkte ich, dass es ganz schön war, meine Zeit mit mir selbst zu verbringen. Ich genoss die Ruhe, die ich ausstrahlte, und ging sogar zum Shiatsu. Ich war entspannt wie noch nie in meinem Leben. Bald konnte ich wieder die Vergnügungen mit meinem flexiblen Latex-Freund genießen.
     
    Wenn mir an den Wochenenden der Sinn nicht nach Kultur stand, tingelte ich durch die Cocktailbars. In der Berliner Kulturbrauerei war ich Stammgast. In bauhistorischem Ambiente war auf dem Gelände einer ehemaligen Bierbrauerei ein einzigartiger Szenetreffpunkt entstanden. Hier gab es Cafés, Biergärten, ein Kino, einen Konzertsaal und, und, und.
    Ich entspannte in den Liegestühlen einer Strandbar im Schatten des Bundeskanzleramtes, idyllisch an der Spree gelegen. Ich nahm an der langen Nacht der Museen teil, bei der die Berliner Museen die ganze Nacht geöffnet waren. Mit dem Bus fuhr ich von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort.
    So verging ein Jahr, in dem ich kein einziges Mal Kontakt zum anderen Geschlecht suchte und trotzdem emotional völlig ausgelastet war. Man konnte sagen, ich war glücklich.
     
    Eines Abends dann, ich saß in einer gemütlichen Cocktailbar an der Zionskirche, lernte ich Sie kennen. Sie, mein erster Ausflug zum eigenen Geschlecht.
    Ein traumhafter Sommerabend. Die Zionskirche steht im Prenzlauer Berg, Berlins Szenebezirk. Hier verkehrten Leute, die einfach anders waren. Der Platz war mediterran angehaucht. Versteckt zwischen den Altbauten, wehte dort ein friedlicher Wind. Viel Grün trug dazu bei, dass das Großstadtfeeling ein paar Straßenzüge entfernt blieb. Eine Combo spielte karibische Klänge. Ich saß an einem der Straßentische der Cocktailbar und genoss das Ambiente. Nur selten fuhr ein Fahrzeug über das Pflaster.
     
    Plötzlich merkte ich, dass ich beobachtet wurde. Am Nebentisch saß eine Frau, etwas älter als ich, aber sehr attraktiv. Sie hielt ein Glas Wein in der Hand. Als sie meinen Blick bemerkte, lächelte sie. Ihre schönen blonden Haare hatte sie zu einer niedlichen Frisur gesteckt. Ihre blauen Augen leuchteten über den Tisch. Sie war sympathisch. Als sie aufstand, wusste ich, sie würde nun an meinen Tisch kommen. Mein Herz schlug schneller, wieso, wusste ich damals nicht. Heute kann ich mir das schon erklären.
    „Wollen wir ein Glas Wein zusammen trinken?“, fragte sie mit freundlicher Stimme.
    „Warum nicht“, erwiderte ich und sie setzte sich.
    Wir plauderten. Und tranken Wein. Sie erzählte mir, dass sie um die Ecke wohne. Wir tranken mehr Wein. Ich erzählte ihr, was ich so machte. Und wir tranken noch mehr Wein.
    Es war toll, ihr zuzuhören. Ihre einschmeichelnde Stimme erzählte mit viel Humor. Der Wein tat sein Übriges. Sie erzählte mir, sie sei Künstlerin. Sie malte. Menschen.
    Von oben bis unten musterte sie mich. In der Redepause wurde mir klar, was sie wollte. Sie wollte mich malen. Da sie es nicht sagte, fragte ich einfach: „Willst du mich malen?“
    Es klang unspektakulär, beinhaltete aber schon etwas Erotik. Vielleicht nicht, wenn ich es Dir jetzt so erzähle, aber damals bei uns Beiden, da löste diese Frage schon ein Kribbeln im Bauch aus. Aber spielt nicht immer eine gewisse Erotik mit, wenn man sich malen lässt?
    Wenn du spürst, dass ein Mensch - ein Künstler - sich nur auf dich konzentriert und auf nichts anderes? Dass du selbst zum Mittelpunkt dieses Menschen wirst? Dass neben allem Sichtbaren der Mensch, oder der Künstler, nur noch dich sieht?
    Für mich tat sich in diesem Moment eine ungeheure erotische Spannung auf. Irgendwo zwischen Zwerchfell und Bauch kribbelte es gewaltig. In diesem Moment wollte ich nichts anderes, als von ihr gemalt werden. Die Frau, von der ich inzwischen wusste, dass sie Adriane hieß, antwortete nicht, sie nickte nur lächelnd.
    „Warte kurz, ich bin
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