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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton
Autoren: Andreas Schramek
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Leben der Seligen im Jenseits vorgestellt hatten. Es gab Datteln, Feigen und Oliven im Überfluss. Der vielgerühmte Wein enttäuschte mich auchjetzt nicht, und die Art, wie die Menschen hier Lamm, Gänse und Enten zubereiteten, war unnachahmlich.
    Tag für Tag unterrichtete ich Tutanchaton in allem, was einmal für ihn von Belang sein würde. Er war fleißig im Lesen und im Schreiben, und seine Schriftzeichen waren schön anzusehen. Er liebte es, sich an schweren Rechenaufgaben zu messen, und er war ein geduldiger Zuhörer, wenn ich ihm von der langen und ruhmreichen Geschichte Ägyptens erzählte.
    Doch es war etwas anderes, das ihn wirklich begeisterte: die Jagd.
    Der dreizehnjährige Sohn des Palastvorstehers hatte es Tutanchaton angetan. Mein Schützling wollte unbedingt wissen, wie man mit Wurfhölzern Enten jagt, und ließ mir damit so lange keine Ruhe, bis ich nachgab und mit ihm und Meriptah, so hieß der Junge, einen Kahn bestieg und durch das Schilf des Sees fuhr. In weniger als zwei Stunden hatten wir vierzehn Enten erbeutet. Allerdings muss ich gestehen, dass mein Anteil an der Beute nur zwei Enten betrug, während Meriptah den Rest zur Strecke brachte. Tutanchaton war tief beeindruckt, und so verging nun kein Tag mehr, an dem der Junge sich nicht mindestens eine Stunde gemeinsam mit dem Sohn des Palastvorstehers im Werfen der gebogenen Hölzer übte. Er zeigte darin so großes Geschick, dass er mir schon nach einer Woche stolz zwei Enten unter die Nase hielt, die er selbst, und nach Angaben von Meriptah auf einige Entfernung, zur Strecke gebracht hatte.
    So vergingen Wochen und Monate, und regelmäßig erstattete ich Echnaton über die Fortschritte seines Sohnes Bericht. Echnaton wiederum beklagte sich bei mir über Aufsässige, die erneut das Land überzogen, über deren Verhaftung und darüber, dass sich gerüchteweise Amuns Oberpriester zusammengefunden hätten. Er schrieb, dass noch immer hier und da Menschen der Pest zum Opfer fielen, dass aber die Todesfälle abnehmen würden. Die Freunde und Vasallen Ägyptens erwähnte er hingegen mit keinem Wort.
     
    Zur Zeit der Weinlese kam der Tag, da sich die Geburt des Prinzen zum fünften Mal jährte. Es war gewiss ein ganz gewöhnlicher Tag und, anders als in Babylon, wo man deswegen rauschende Feste feierte, wurde ein Geburtstag in Ägypten kaum beachtet. Die Menschen im Fajum liebten Prinz Tutanchaton und hatten den zierlichen Knaben mit der schwarzen Jugendlocke vom ersten Tag an in ihr Herz geschlossen. Polizisten und Leibwächter waren hier zum Schutz Tutanchatons nicht nötig. Jedermann warf ein Auge auf den Knaben, als wäre er das eigene Kind, und doch begegneten sie ihm mit großer Ehrfurcht, war er doch der Sohn des Guten Gottes und würde er eines Tages wohl selbst den Thron der Beiden Länder besteigen.
    Weil man hier Prinz Tutanchaton in reichem Maße Liebe und Ehrfurcht entgegenbrachte und weil es zur Erziehung eines Thronfolgers gehörte, schon in früher Jugend an öffentliche Auftritte gewöhnt zu werden, beschloss ich, ihm zu Ehren ein Fest zu geben.
    Im Garten des Palastes ließ ich im Schatten mächtiger Palmen verschiedene Plätze vorbereiten, damit die Kinder der Stadt mit dem Prinzen alle Arten von Spielen treiben konnten. Dann gab es einen Bereich, da ließ ich an langen Schnüren Tongefäße in die Bäume hängen, damit sich die Knaben mit ihren Wurfhölzern messen konnten.
    Zunächst musste der Prinz auf der Terrasse des Palastes die Segenswünsche und die Geschenke der großen und kleinen Untertanen entgegennehmen.
    Ich selbst übernahm für Tutanchaton die Begrüßung der Gäste, wie es sonst der Wesir für Seine Majestät tat. Anschließend trat einer nach dem anderen vor den kleinen Thron des Prinzen. Der Bürgermeister mit seiner Familie, dann der Palastvorsteher. Dessen Sohn Meriptah schenkte seinem kleinen Freund natürlich fünf selbstgeschnitzte Wurfhölzer und versicherte ihm dabei, dass es wohl die besten wären, die er je angefertigt hätte. Ich hatte nicht die geringste Hoffnung, dass mein Geschenk, einSchreibkästchen aus Elfenbein, jetzt noch von Bedeutung war. Der Prinz ließ die Wurfhölzer nicht mehr aus den Augen, und es war ihm anzusehen, dass er alle weiteren Segenswünsche nur noch mit Widerwillen zu ertragen bereit war.
    Es geschah in dem Moment, als der Vorsteher der Kornspeicher Seiner Majestät gegenüber die Hoffnung äußerte, dass Tutanchaton auch als Herrscher der Beiden Länder, welcher er
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