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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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Zahnstocher.
    Sie hätte damals Angst haben sollen, aber Clay hatte nichts „Schlechtes“ in sich gehabt. Nach kaum drei Jahren auf diesem Planeten hatte sie schon genügend Schlimmes erlebt und wusste sofort, wenn jemand schlecht war. Clay war es nicht. Mit großen Augen hatte sie neben ihm gesessen, und sie hatten Tee getrunken. „Damals warst du mein bester Freund“, sagte sie leise bittend. „Kannst du heute nicht auch mein Freund sein?“
    „Nein.“ Die Entschiedenheit seiner Antwort ging ihr durch und durch. „Wir sind da.“
    Durch die Windschutzscheibe sah sie eine kleine Lichtung. „Wo?“
    „Du wolltest Privatsphäre. Hier hast du sie.“ Clay schaltete die Scheinwerfer aus, stellte den Motor ab und stieg aus.
    Da sie keine andere Wahl hatte, folgte sie ihm und blieb in der Mitte der Lichtung stehen. Er ging weiter, lehnte sich an einen Baumstamm und sah sie an. Seine Augen glühten in der Dunkelheit, erschrocken hielt sie den Atem an. Er war wirklich gefährlich. Aber er war auch schön– genau wie seine wilden Brüder.
    Tödlich und unberührbar.
    „Warum hast du mich hierhergebracht?“
    „Der Ort liegt auf dem Territorium der Leoparden. Er ist sicher.“
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. Aber nicht, weil die Frühlingsluft so kühl war, sondern weil Clay eine kalte Mauer zwischen ihnen errichtet hatte, mit der er sie wortlos wissen ließ, was er von ihr hielt.
    Es tat weh.
    Aber das hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Doch konnte sie ihm nichts vormachen. Clays Tat hatte sie als Achtjährige so traumatisiert, dass sie fast ein Jahr lang nicht gesprochen hatte. „Du bist so grausam gewesen“, sagte sie schließlich, anstatt ihn um das zu bitten, weswegen sie sich der schrecklichen Vergangenheit gestellt und ihn aufgespürt hatte. Er musste sie einfach verstehen, um ihr den Verrat zu vergeben.
    „Du warst mein einziger Halt, der Einzige, von dem ich glaubte, er würde mir auch im größten Zorn nicht wehtun können“, sagte sie in sein Schweigen hinein. „Aber dann bist du gewalttätiger geworden als alle anderen. Musste ich mich da nicht fragen, ob du dich nicht eines Tages gegen mich wenden würdest? Was meinst du, Clay?“
    Er knurrte, und ihre Haare stellten sich auf.
     
    3
    Lauf weg! , schrie es in ihr.
    Doch sie lief nicht weg. Sie war lange genug davongelaufen. Aber das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    „Du hast immer gewusst, was ich war“, sagte Clay, seine Wut drang ihr bis ins Mark. „Du wolltest bloß nicht darüber nachdenken, hast mich so gesehen, wie du mich haben wolltest.“
    „Nein.“ Sie weigerte sich klein beizugeben. „Du warst vorher anders.“ Bevor er herausfand, was Orrin getan hatte. Bevor er getötet hatte, um sie zu schützen. „Du warst–“
    „Alles Blödsinn.“ Ein hartes Wort. „Der einzige Unterschied war, dass ich dich damals wie ein Kind behandelt habe. Jetzt bist du kein Kind mehr.“
    Und er würde die Krallen nicht einziehen, dachte sie. „Ganz egal, was du sagst, wir sind immer noch Freunde.“
    „Nein, das sind wir nicht. Nicht, solange du bei meinem Anblick anfängst zu bibbern. Meine Freunde sehen in mir keine Bestie.“
    Darauf konnte sie nichts entgegnen. Sie fürchtete sich ganz einfach vor ihm, wahrscheinlich mehr als vor jedem anderen Menschen auf dieser Welt. Clay hätte sie fast zerstört, er war immer noch der Einzige, der das konnte. „Es tut mir leid.“ Es tat ihr leid, dass ihre Schwäche ihn zum Mörder gemacht hatte, dass sie nicht stark genug war, zu überwinden, was sie in diesem blutgetränkten Raum gesehen hatte, dass sie überhaupt zu ihm gekommen war.
    Nein.
    Es tat ihr nicht leid, dass sie ihn gefunden hatte. „Ich habe dich vermisst.“ Jeden einzelnen Tag hatte sie ihn vermisst.
    Nun war er nur noch als Schatten in der Dunkelheit zu sehen. Lediglich die Katzenaugen konnte sie klar erkennen. Dann nahm sie eine Bewegung wahr und bemerkte, dass er die Arme über der Brust verschränkt hatte. Er schloss sie aus.
    Etwas in ihr zerbrach, und sie flüsterte: „So funktioniert das nicht. Es war mein Fehler, ich weiß.“ Wenn sie mit achtzehn zu ihm gekommen wäre, wäre er vielleicht auch wütend gewesen, aber er hätte ihr vergeben, hätte ihr Bedürfnis verstanden, erst stark genug zu werden, um es mit ihm aufzunehmen. Aber sie hatte zu lange gewartet, und er gehörte ihr nicht mehr. „Ich sollte lieber zurückfahren.“
    „Sag mir erst, was du willst, dann sehen wir weiter.“ Seine raue Stimme klang
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