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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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nach ihm ausstreckte.
    Talin blickte ihn verwundert an. „Ich verabscheue dich nicht. Das könnte ich niemals.“
    „Beantworte meine Frage, Talin.“ Er würde sie nie mehr Tally nennen. Sie war nicht mehr seine Tally. Tally hatte ihn geliebt. Bevor die DarkRiver-Leoparden ihn aufgenommen hatten, war sie das einzige menschliche Wesen gewesen, das auch seine schlechte Seite akzeptiert hatte. Diese Frau hier war Talin, eine Fremde. „Du wolltest doch etwas von mir.“
    Ihre Wangen wurden feuerrot. „Ich brauche deine Hilfe.“
    Ganz egal, was passiert war, er würde sich niemals von ihr abwenden. Aber er spürte seine Ungeduld, die zärtlichen Gefühle für sie drohten umzukippen, er befürchtete, er könnte um sich schlagen und sie verletzen. Doch es konnte ihn auch endgültig in die Dunkelheit stürzen, wenn er seine Wut verleugnete oder sie damit erneut vertrieb.
    „Ich brauche jemanden, der gefährlich und stark genug ist, um es mit einer Bestie aufzunehmen.“
    „Du suchst also nach einem geborenen Schlächter.“
    Sie zuckte erneut zusammen, aber dann straffte sie sich. „Ich habe nach dem stärksten Menschen gesucht, den ich kenne.“
    Clay schnaubte. „Du wolltest mit mir reden. Also lass hören.“
    Talin sah sich um. „Könnten wir uns nicht einen weniger öffentlichen Ort suchen? Es könnte jemand kommen.“
    „Ich lasse keine Fremden in mein Versteck.“ Clay war gekränkt, das machte ihn gemein.
    Tapfer reckte Talin das Kinn. Die Geste rief schmerzhafte Erinnerungen in ihm wach. „In Ordnung. Wir können meine Wohnung in San Francisco nehmen.“
    „Eher sterbe ich.“ Manchmal arbeitete er im Hauptquartier der DarkRiver-Leoparden in der Nähe von Chinatown, aber das Gebäude war extra für Raubkatzen gebaut, schloss sie nicht ein. „Ich war vier Jahre lang eingesperrt.“ Und dabei hatte er noch nicht die vierzehn Jahre mitgezählt, die er in dem kleinen Kasten verbracht hatte, den seine Mutter und er ihr Zuhause nannten. „Ich komme nicht gut in Mauern zurecht.“
    Nackter Schmerz malte sich auf ihrem Gesicht, ihre grauen Augen wurden schwarz, der Bernsteinring verschwand. „Es tut mir so leid, Clay. Du bist meinetwegen im Gefängnis gelandet.“
    „Bild dir bloß nichts ein. Du hast mich nicht dazu gezwungen, deinem Pflegevater die Därme rauszureißen und ihm die Haut vom Gesicht zu ziehen.“
    Talin presste sich die Hand auf den Magen. „Nicht!“
    „Warum denn nicht?“, drängte er mit der ätzenden Mischung aus Ärger und Besitzanspruch, die jedes Mal den Sieg über seine Beschützerinstinkte davontrug, wenn es um Tally ging. Wieder musste er sich in Erinnerung rufen, dass diese Frau nicht seine Tally war, nicht das Mädchen, für dessen Sicherheit er in den Tod gegangen wäre. „Ich habe Orrin getötet, während du im Zimmer warst. Wir können nicht so tun, als sei es nicht geschehen.“
    „Aber wir müssen doch nicht darüber reden.“
    „Früher warst du mutiger.“
    Sie errötete wieder, ihre Wangen flammten im Dämmerlicht auf. Aber dann trat sie zitternd vor Ärger einen Schritt vor. „Ja, bevor mir das Blut eines Mannes ins Gesicht spritzte und seine Schreie und das Gebrüll eines Leoparden in meinem Kopf dröhnten.“
    Ein Raubtiergestaltwandler konnte leise jagen– sowohl als Mensch als auch als Tier–, aber an jenem Tag war Clay so wütend gewesen, dass das Tier vollständig die Oberhand gewonnen hatte. In diesem Blutbad war er verrückt gewesen, ein Leopard auf zwei Beinen. Sie hatten ihm eine Überdosis von Beruhigungsmitteln in den Körper schießen müssen, um ihn von Orrin Hendersons verstümmeltem Körper loszureißen.
    Das Letzte, was er gesehen hatte, als er mit dem Gesicht auf dem Boden in dem noch warmen Blut lag, war Tally gewesen, zusammengekauert in einer Ecke, das Gesicht voller Blut und anderer Dinge, rosa und fleischfarben… und grau, graue Gewebestücke. Ihre Augen hatten durch ihn hindurchgesehen, die Sommersprossen waren sehr dunkel auf der kalkweißen Haut, die unter all dem Blut hervorleuchtete. Etwas von dem Blut war ihr eigenes gewesen. Das meiste das von Orrin.
    „Früher hattest du mehr Sommersprossen“, sagte er, immer noch in Erinnerung versunken. Sie konnte ihn nicht erschrecken. Er war genug Tier, um sich nicht um Leute außerhalb seines Rudels zu scheren, ganz besonders nicht um jene, die es wagten, Rudelgefährten zu schaden. In jener Zeit waren Tally und Isla seine einzigen Gefährten gewesen. Er hatte immer gewusst, dass er
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