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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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gewusst.“
    Ungläubig starrte er sie an. „Du hast was?“ Bei seiner Jagd nach ihrem Geist war er sich jeden Augenblick sicher gewesen, dass man ihn ohne Tallys Wissen belogen hatte. War am Boden zerstört gewesen, dass sie die ganze Zeit gedacht haben musste, er hätte sein Versprechen gebrochen, zu ihr zurückzukehren. Niemals wäre ihm in den Sinn gekommen, dass sie freiwillig diesem Versteckspiel zugestimmt haben könnte.
    Augen mit der Farbe von Gewitterwolken sahen ihn an. „Ich habe sie gebeten, dir zu sagen, ich sei bei einem Autounfall gestorben.“
    Das Messer saß tief, wühlte Löcher in sein Herz. „Warum?“
    „Du hast mich verfolgt, Clay“, flüsterte sie, graue Augen mit einem bernsteinfarbenen Ring blickten gequält auf das Raubtier. „Ich war bei einer Familie untergebracht, die gut zu mir war, versuchte, normal zu leben“– ihre Lippen zuckten– „so normal, wie es mir möglich war. Aber ich stand ständig unter Spannung. Spürte, du würdest mich suchen, sobald du raus wärst. Ich war zwölf und traute mich noch nicht einmal, die Augen zu schließen. Ich hatte Angst, du würdest mich in meinen Träumen finden.“
    Der Leopard fletschte die Zähne und knurrte. „Du warst mein, ich musste dich beschützen!“
    „Nein!“ Sie ballte die Fäuste, ihr angespannter Körper war voller Abwehr. „Ich war nie dein!“
    Tier und Mann taumelten unter diesem Schlag. Die meisten Leute dachten, er wäre zu sehr wie die eiskalten Medialen, hätte keine Gefühle. In diesem Augenblick wünschte er sich, sie hätten recht. Das letzte Mal hatte er einen solchen Schmerz gespürt– als schnitten Peitschenhiebe tief in sein Herz– an dem Tag seiner Entlassung aus der Jugendhaft. Als Erstes hatte er die Sozialarbeiter angerufen.
    „Tut uns leid, Clay. Talin ist seit drei Monaten tot.“
    „Was?“ Alles in ihm wurde leer. Alle Zukunftsträume verschwanden hinter einer schwarzen Wand. „Nein.“
    „Ein Autounfall.“
    „Nein!“
    Er war zusammengebrochen, in Stücke gerissen. Aber diese Verletzung, dieser reißende Schmerz, war nichts gegen den Schmerz ihrer jetzigen Abwehr. Doch trotz der tiefen Wunden, die sie verursacht hatte, wollte– nein, musste– er sie immer noch berühren. Er streckte die Hand aus, doch sie zuckte zurück.
    Nichts hätte sein Herz mehr treffen können. Er ging mit dem Schmerz in der gewohnten Weise um– schob die zarten Gefühle beiseite und ließ dem Zorn freien Lauf. Damals war er fast pausenlos wütend gewesen. Doch heute ließ sich der Schmerz nicht eindämmen. Drang in ihn ein, ließ ihn innerlich bluten.
    „Ich habe dir nie etwas getan“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    „Ich kann das Blut nicht vergessen, Clay.“ Ihre Stimme zitterte. „Ich kann es einfach nicht vergessen.“
    Er auch nicht. „Ich habe deinen Totenschein gesehen.“ Nach dem ersten Schock hatte er gewusst, dass es eine Lüge gewesen war. Aber… „Ich muss einfach wissen, dass du tatsächlich vor mir stehst, dass du lebst.“
    Diesmal zuckte sie nicht, als er die Hand hob und über ihre Wange strich. Aber sie schmiegte ihr Gesicht auch nicht in seine Hand, wie sie es als Kind getan hatte. Ihre Haut war zart, hatte die Farbe von Honig. Sommersprossen tanzten auf ihrer Nase und den Wangenknochen. „Du hast dich nicht vor der Sonne versteckt.“
    Sie sah ihn überrascht an und lächelte dann scheu, es traf ihn wie ein Schlag in die Magengegend. „Konnte ich noch nie gut.“
    Zumindest in dieser Hinsicht hatte sie sich nicht verändert. Seine Tally war jeden Tag in seine Arme gesprungen, hatte in ihm den Beschützer und Freund gesehen, es waren die fünf glücklichsten Jahre seines Lebens gewesen. Nun zog sie so lange an seiner Hand, bis er den Arm herunternahm. Die erneute Zurückweisung grub sich kalt in seine Seele. „Warum hast du mich gesucht, wenn du mich so verabscheust?“ Seine Stimme klang schroff. Warum hatte sie ihm nicht die Erinnerungen lassen können– an ein Mädchen, das in ihm nur das Gute gesehen hatte.
    Nur diese Erinnerungen hatten ihm geholfen, auf der hellen Seite zu bleiben. Er hatte immer schon eine dunkle Seite in sich gehabt, aber in letzter Zeit wurde sie fast übermächtig, versprach ihm fälschlich Frieden, wenn er nicht mehr fühlen, keine Schmerzen mehr empfinden würde. Selbst die starken Bande des Rudels konnten ihn nicht mehr halten, wenn die Verlockung der Gewalt Tag und Nacht, jede Stunde, Minute und quälende Sekunde ihre Finger
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