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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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ihr aufstieg. Weiche und feuchte Körperteile von Orrin, die niemals das Tageslicht hätten erblicken dürfen, spritzten dorthin, wo sie sich versteckt hatte, während Clay–
    Nein!
    Sie durfte jetzt nicht daran denken, durfte nicht an diesen Ort zurückkehren. Es reichte schon, dass diese Albträume– mit Gerüchen nach rohem, verfaulendem Fleisch– sie jede Nacht im Schlaf verfolgten. Sie würde ihnen nicht auch noch die Tage opfern.
    Ein weiterer Polizeiwagen bog mit eingeschaltetem Blaulicht auf den kleinen Parkplatz vor der Bar ein. Nun standen dort zwei gepanzerte Fahrzeuge mit vier bis an die Zähne bewaffneten Polizisten. Doch obwohl sie ausgestiegen waren, machte keiner von ihnen Anstalten, das Lokal zu betreten. Talin wusste nicht, was los war, und blieb auf dem Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ihrem Jeep sitzen.
    Beim Anblick der Polizeiwagen brach ihr der Schweiß aus. Sie hatte früh gelernt, Polizeipräsenz mit Gewalt gleichzusetzen. Instinktiv wollte sie sich aus dem Staub machen. Aber sie zwang sich, abzuwarten und die Bar weiter zu beobachten. Wenn Clay sich nun doch nicht geändert hatte, wenn er noch schlimmer geworden war… Sie ließ das Lenkrad los und drückte die Faust gegen den Magen, um die brennende Verzweiflung zu unterdrücken. Clay war ihre letzte Hoffnung.
    In diesem Augenblick flog die Tür der Bar auf, und Talins Herz machte einen Satz. Zwei Körper landeten auf dem Asphalt. Zu Talins Überraschung traten die Polizisten nur zur Seite, verschränkten die Arme und sahen missbilligend auf die Hinausgeworfenen. Die beiden rappelten sich langsam auf… und gingen gleich wieder zu Boden, als zwei weitere Jungen auf ihnen landeten.
    Es waren Jugendliche– ihrem Aussehen nach zu urteilen achtzehn, höchstens neunzehn Jahre alt. Alle vier waren völlig betrunken. Sie krümmten sich am Boden, stöhnten, und man sah ihnen an, dass sie sich hundeelend fühlten. Alsbald folgte ihnen ein Mann aus der Bar. Er war älter und selbst aus dieser Entfernung spürte Talin seine Wut, als er zwei der Jungen auf die offene Ladefläche eines Lastwagens warf. Sein blondes Haar wehte in der abendlichen Brise.
    Er sagte etwas, und die Polizisten entspannten sich. Einer lachte sogar. Der blonde Mann packte die beiden anderen Jugendlichen am Genick und schleppte sie hinter sich her zum Wagen. Er scherte sich dabei überhaupt nicht um den Kies, der ihnen an den unbedeckten Stellen ihres Körpers wie Sandpapier die Haut abschmirgelte.
    Talin zuckte zusammen.
    Diese unglücklichen– und sehr wahrscheinlich ungehorsamen– Jungen würden die blauen Flecke und Kratzer am nächsten Morgen sicher spüren, ebenso wie ihre dicken Köpfe. Dann öffnete sich die Tür des Lokals ein weiteres Mal, und sie vergaß alles um sich herum, sah nur noch den Mann im Licht der Lampe. Er hatte sich einen Jungen über die Schulter geworfen und schleifte einen anderen hinter sich her.
    „Clay“, flüsterte sie mit einer vor Verlangen, Ärger und Angst heiseren Stimme. Er war noch größer geworden, maß fast zwei Meter. Und sein Körper zeigte mehr denn je die rohe Kraft, die sie immer bei ihm vermutet hatte. Über seinen Muskeln spannte sich glänzende, dunkelbraune Haut mit einem goldenen Schimmer.
    Islas Erbe, dachte Talin. Die exotische Schönheit von Clays ägyptischer Mutter war ihr noch immer in lebhafter Erinnerung: kaffeebraune Haut und Augen in der Farbe von dunkler Schokolade. Aber nur die Hälfte seiner Gene hatte Clay seiner Mutter zu verdanken.
    Aus dieser Entfernung konnte Talin seine Augen nicht sehen, aber sie wusste, dass sie erstaunlich grün waren, so wie die Augen einer Dschungelkatze. Ein nicht zu übersehendes Erbe seines Gestaltwandlervaters. Der dadurch entstandene Kontrast zu seiner braunen Haut und den pechschwarzen Haaren hatte einst das Gesicht des Jungen so besonders gemacht. Sie spürte, dass das immer noch der Fall war, allerdings auf eine ganz andere Weise als früher.
    Jede Bewegung von Clay strahlte männliche Selbstsicherheit aus. Er schien das Gewicht der beiden Jungen nicht einmal zu spüren, als er sie zu den anderen auf den Wagen warf. Talin stellte sich die angespannten Muskeln vor, seine Stärke, und schauderte… Furcht übermannte sie.
    Alle logischen Überlegungen wurden von einem kindlichen Strom von Erinnerungen zur Seite gedrängt. Blut und zerreißendes Fleisch, nicht enden wollende Schreie, der feuchte Atem des Todes. Sie konnte es einfach nicht tun. Clay hatte
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