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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo
Autoren: bach
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all dieser Schrecknisse spürten George und Charlotte umso deutlicher, welches Glück ihnen zuteilgeworden war. Klara und Peter waren wohlauf, auch der kleine Sohn, der auf den Namen Samuel getauft werden sollte, machte gute Fortschritte. Und sie hatten einander. George liebte sie, behauptete, sie immer geliebt zu haben, wenngleich er sich nicht darüber im Klaren gewesen sei.
    » Ich habe vieles in meinem Leben falsch angefangen, Charlotte. Ich brauche dich an meiner Seite, damit du mir den richtigen Weg weist.«
    Sie lachte ihn aus und erinnerte ihn daran, wie sicher er sie durch die Savanne geführt hatte. Nie habe er den Mut verloren; während sie selbst manchmal verzweifelt sei, habe er die Kraft gehabt, sie aufzurichten.
    » Jetzt kann ich es dir ja sagen«, gestand er ihr grinsend. » Ich habe noch nie in meinem Leben solche Furcht gehabt. Vor allem um dich. Aber seltsamerweise auch um mich selbst. Um unsere Liebe, auf die wir so lange warten mussten.«
    In Kilwa gab es für sie kaum eine Möglichkeit, miteinander allein zu sein, denn viele der Einwohner hatten sich aus Furcht vor Überfällen in die Festung der Schutztruppe geflüchtet. Wer in seinem Haus verblieb, hielt Tag und Nacht die Waffen bereit; keinem Neger dürfe man trauen, hieß es, denn unter den Angestellten gäbe es Verräter. Sie schliefen mit Klara, Peter und dem kleinen Samuel im selben Raum, genossen es, wieder vereint zu sein, genossen die zärtliche Geborgenheit, die sie sich gegenseitig gaben. In den Nächten lagen sie voneinander entfernt, spürten die Sehnsucht, die sie zueinander hinzog, doch sie wagten nicht, einander zu berühren.
    Peter war von den Ereignissen gezeichnet. Schweigsam und scheu saß er neben Klara, nahm hin und wieder seinen Sohn in den Arm, schüttelte den Kopf, manchmal weinte er. George führte lange Gespräche mit ihm. Später, als sie in Daressalam waren, erzählte er Charlotte, dass Peter Siegel an allem zweifelte, woran er bisher geglaubt hatte. Nur Klara und sein Sohn hielten ihn aufrecht, doch im Grund wusste er nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen sollte.
    Zwei Wochen verbrachten sie in Kilwa, dann war Klara so weit wieder bei Kräften, dass sie mit dem Gouvernementsdampfer nach Daressalam reisen konnten, wo die Eheleute erst einmal in der Mission am Immanuelskap bleiben wollten.
    Charlotte und George bezogen Georges Quartier in der Inderstraße, um ein paar Tage auszuruhen und miteinander allein zu sein. Es waren glückliche Stunden, in denen sie weder die Unruhen im Hinterland noch die aufgeregte Bürgerwehr der Einwohner wahrnahmen, einen schützenden Kreis um sich zogen und nur füreinander lebten. Ihre Gespräche sprangen aus der Vergangenheit in die Zukunft, ohne die Gegenwart zu berühren, in den Nächten umgab sie die Leidenschaft ihrer Körper wie eine undurchdringliche Hecke, die sie mit gnädiger Blindheit schlug.
    Sie erwachten erst, als in Daressalam der große Sieg bei Mahenge bejubelt wurde. Zu Tausenden seien die aufständischen Neger gegen die deutschen Maschinengewehre angerannt, hätten im Kugelhagel sterbend wassergefüllte Kalebassen gegen die boma geworfen, doch das maji- maji habe sich als untauglich erwiesen, der Glaube der naiven Schwarzen sei erschüttert.
    » Sie werden es so machen wie in Südwest«, stöhnte George. » Verbrannte Dörfer, vernichtete Ernte– zu tausenden werden sie verhungern, selbst Frauen und Kinder werden keine Gnade finden.«
    Er fieberte schon, während er die ersten Briefe nach Deutschland schrieb. Noch schien es Hoffnung zu geben, im Reichstag wurde gestritten, die Kräfte, die sich für eine andere, menschlichere Kolonialpolitik starkmachten, benötigten Unterstützung und vor allem genaue Berichte. Doch in der Kolonie wurde nach militärischen Gesichtspunkten entschieden, und das bedeutete nichts anderes als die vollkommene Unterwerfung der Eingeborenen. Nie wieder sollte ein Neger es wagen, seine Hand gegen die weißen Kolonialherren zu erheben.
    George hielt sein Versprechen. Als er getan hatte, was ihm möglich war, um den Lauf der Dinge zu verändern, schlug er Charlotte vor, gemeinsam auf ihre Plantage zurückzukehren.
    » Du warst lange genug von deiner Tochter getrennt. Lass uns dort gemeinsam leben– ich weiß, wie sehr du an diesem Land und den Menschen hängst.«
    Charlotte hatte insgeheim auf diese Entscheidung gehofft. Oben in der Kilimandscharo-Region war gottlob alles ruhig geblieben, sie hatte von Daressalam aus Briefe mit Jacob
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