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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo
Autoren: bach
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und Tod im Mondschatten des Tamarindenbaumes erfüllte.
    Eine Ewigkeit später riss sie eine laute, heisere Stimme aus dem Schlaf.
    » Gewehre runter!«
    Es war hell, sie hatten im Schutz der dachlosen Mauern bis in den Morgen hinein geschlafen. Durch das Gezweig vor dem Eingang erkannten sie die Gestalt eines weißen Offiziers der Schutztruppe.
    » Du liebe Güte– Frau von Roden. Fast hätten wir auf Sie geschossen. Wir dachten, es sei ein Hinterhalt der Wangindo.«
    Es war einer der beiden Feldwebel aus Kilwa, von einer Gruppe Askari begleitet. Er grinste über das ganze Gesicht, als er neben Charlotte einen bärtigen, schlanken Mann in zerrissenen Kleidern entdeckte.
    » Mein Gott, da wird sich Ihre Schwester aber freuen. Oder ist sie Ihre Cousine? Unsere Leute haben sie mit Mann und Kind nach Kilwa gebracht, und sie hat immer wieder nach Ihnen gefragt.«

August 1905
    Ein kühler Abendwind wehte von der Bucht in das kleine Zimmer herein und brachte einen Stapel Manuskriptblätter auf Georges Schreibtisch in Unordnung. Charlotte stand auf, um das Fenster zu schließen und die Lampe anzuzünden. Als sie das Licht dicht neben ihn auf den Tisch stellte, hob er den Kopf und lächelte sie dankbar an.
    George war erschreckend hager, auch der kurze, blonde Bart konnte die eingefallenen Wangen nicht verbergen. Drei Wochen hatte er im Fieber gelegen, hatte es abgelehnt, sich in der Klinik behandeln zu lassen, und sich stattdessen hier auf seinem Lager herumgequält. Charlotte war nicht von seiner Seite gewichen. Während das Fieber ihn schüttelte, hatte er ihr Briefe diktiert, die sie an verschiedene seiner Freunde in Deutschland schicken sollte, polemische, zornige Gegendarstellungen zu Presseartikeln über den Aufstand in Deutsch-Ost, die dort in einigen Zeitungen erschienen waren. Manchmal verwirrten sich seine Sätze, dann hatte er verzweifelt nach Medikamenten verlangt, Chinin, Brom, sogar Rauschmittel sollte sie ihm besorgen, damit seine Gedanken wieder klar würden. Sie gab ihm das, was sie für richtig hielt, schrieb auf, was er hatte formulieren wollen, und wenn sie ihm den fertigen Brief vorlas, schlief er erlöst ein.
    Jetzt, kaum genesen, saß er stundenlang am Schreibtisch, unablässig mit seiner Post beschäftigt, und machte zwischendurch Notizen für ein weiteres Buch, das er seinem Verleger in Leipzig schicken wollte.
    » Vergib mir, Charlotte. Nur noch ein paar Tage. Dann werden wir Zeit für uns haben. Wir haben so viel versäumt…«
    » Ich würde dich nicht lieben, wenn du ein anderer wärest, als der, der du bist, George.«
    Das Land war aus den Fugen, würde nie mehr das werden, was es gewesen war. Als sie in Kilwa ankamen, ankerte der Marinekreuzer Bussard in der Bucht. Ort und Festung waren voller Askari, die wahllos schwarze Gefangene machten, sie brutal zusammenschlugen, öffentliche Prügelszenen waren an der Tagesordnung. Angst hatte die weißen Kolonialherren erfasst, und diese Angst machte sie kurzsichtig und grausam.
    Wenige Kilometer nördlich in Mohoro hatte man den schwarzen Führer und Propheten Ngawale Kinjikitile, der angeblich über magische Kräfte verfügte und von hongo, einem mächtigen Geist besessen war, gehängt. Er war es gewesen, der den Aufstand in aller Heimlichkeit am Rufiji-Fluss geplant und zusammen mit seinen Anhängern sein die Waffen der deutschen Soldaten außer Kraft setzendes Zauberwasser, das maji-maji, in der ganzen Kolonie verteilt hatte. Nicht alle Eingeborenenstämme hatten sich dem Aufstand angeschlossen, die Wahehe, die Dschagga oder die Massai hatten die überlegenen Waffen der Kolonialherren bereits zu spüren bekommen, so dass ihnen der Mut zu neuem Aufbegehren fehlte. Während der zwei Wochen, die sie in Kilwa verweilten, schien die Lage vollkommen unübersichtlich. Täglich trafen neue Meldungen ein, die sich am folgenden Tag als Irrtümer herausstellten. Weiße Pflanzer, die man für ermordet hielt, tauchten wieder auf, Spähtrupps galten als verschollen und fanden sich doch wieder ein, Bezirksämter wurden zurückerobert und fielen wenige Tage später wieder in die Hände der Aufständischen. Eine Meldung jedoch erfuhr Mitte August traurige Bestätigung: Bischof Spiß und seine vier Reisegefährten, die trotz aller Warnungen nach Liwale aufgebrochen waren, fand man erschlagen in der Savanne. Dr. Lott hatte ihnen Boten nachgeschickt, um sie zu warnen, doch der Bischof glaubte an keinen Aufstand, er vertraute auf Gottes schützende Hand.
    Inmitten
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