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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett
Autoren: Franziska Gehm
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Klopfer auf die Motorhaube verabschiedet, um seine erste computergesteuerte Schnipseljagd anzugehen. Sein Chef hatte ihm von diesem modernen Spiel erzählt, bei dem man mithilfe eines GPS-Geräts einen Schatz suchte. Armin Schenkel mochte Spiele, GPS-Geräte und seinen Chef. Sicher würde sein Chef auch ihn mögen, wenn er ihm morgen von seiner ersten erfolgreichen GPS-Schatzsuche berichtete.
    Doch bis jetzt konnte von Erfolg keine Rede sein. Armin Schenkel irrte seit Stunden umher. Erst im Wohnviertel, dann auf den angrenzenden Feldern und schließlich im Wäldchen. Er wollte um 20:15 Uhr zu Beginn der Quizshow, die er immer mit seiner Frau Janina ansah, zu Hause sein. Und jetzt war es schon seit Stunden dunkel. Aber er konnte doch nicht mit leeren Händen nach Hause zurückkehren! Er war doch kein Verlierer!
    Armin Schenkel tippte auf dem GPS-Gerät herum. Er runzelte die Stirn. Er seufzte. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Sofort wurde Armin Schenkel steif wie ein Tannenzapfen. Er bewegte nur den Kopf und sah sich hastig nach allen Seiten um. Schwarz und stumm standen die Bäume um ihn herum. Vielleicht, dachte Armin Schenkel, war es nur ein Eichhörnchen. Doch da war das Geräusch wieder. Es klang nicht wie ein Eichhörnchen. Es klang wie ... Singen.
    Langsam wanderte Armin Schenkels Blick einen dicken, alten Baumstamm hinauf, der direkt vor ihm stand. An einem kräftigen Ast gut zehn Meter über ihm hingen ...
    Armin Schenkel riss die Augen auf.
    An dem Ast hingen ...
    Armin Schenkel klappte der Mund auf.
    Dort oben hingen ...
    Armin Schenkel ließ das GPS-Gerät fallen.
    An dem Ast hingen seine Nachbarn.
    Mihai Tepes. Silvania Tepes. Und Daka Tepes.
    Einen Tag nach ihrem Einzug hatten sie sich höchstpersönlich bei Familie Schenkel vorgestellt. Und jetzt hingen sie höchstpersönlich mitten in der Nacht zehn Meter über dem Waldboden kopfüber an einem Ast und sangen.
    »Transsilvania, rodna inima moi!«, schallte es von oben herab.
    Armin Schenkel verstand kein Wort.
    Er musterte Herrn Tepes. Er sang am lautesten und sein Lakritzschnauzer wackelte im Takt. Seine dunklen Augen strahlten. Armin Schenkel fand, er sah wie ein gefährliches Raubtier aus.
    Silvania Tepes hielt sich als Einzige mit beiden Händen am Ast fest. Über ihr Gesicht fiel ein rotblau gestreifter Schal. Sie hatte die Augen geschlossen und lächelte verträumt.
    Daka Tepes baumelte während des Singens vor und zurück. Armin Schenkel wurde allein vom Zuschauen angst und bange. Doch den drei Nachbarn schien es dort oben im Baum recht gut zu gehen. Sie sahen alle so ... so ... Was war es nur?, überlegte Armin Schenkel. Auf einmal wusste er es: Sie sahen alle so glücklich aus. Sehr glücklich sogar.
    Armin Schenkel warf einen letzten Blick auf die Nachbarn. Er winkte ihnen zu, doch sie sahen ihn nicht. Sie waren zu sehr mit Singen und Glücklichsein beschäftigt. Armin Schenkel hob das GPS-Gerät auf, steckte es in die Tasche und eilte so schnell er konnte nach Hause. Er wollte nicht darüber nachdenken, wie die Nachbarn auf den Baum gekommen waren und warum sie sich überhaupt zum Singen kopfüber an einen Ast hängten. Er wollte nur noch zu seiner Frau und seinem Sohn. Und mit ihnen glücklich sein.
    Während Armin Schenkel durch den Wald eilte, hallte es noch lange in den Baumkronen: ›Transsilvania, rodna inima moi!‹
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