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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett
Autoren: Franziska Gehm
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danach passierte.
    Ludo hatte den Mund jetzt halb geschlossen und schnaufte durch die Nasenlöcher wie ein Pferd, das seine Nüstern blähte. Dabei murmelte er: »Ali Bin Schick. Kai Schilbnic. Ali Bin Schick. Kai Schilbnic.« Das Ei und das Küchenmesser hielt er dabei gen Himmel. Seine Hände zitterten. Die Eierschale knackte. Der Draht über seinem Kopf vibrierte. Das Messer schlackerte.
    Helene, Daka und Silvania hielten sich an den Händen und starrten mit offenen Mündern in den Himmel. Dort war eine kleine lilafarbene Wolke aufgetaucht. Direkt im Garten der Schwarzers. Direkt über Ludos Kopf. Die Wolke sah aus wie ein Tiger. Ein lilafarbener Tiger. Auf dem Rücken der Tigerwolke saß ein Mann. Er war klein, etwas rundlich, trug einen Turban und hatte eine Nickelbrille auf.
    »Ali Bin Schick. Kai Schilbnic. Ali Bin Schick. Kai Schilbnic«, murmelte Ludo vor sich hin.
    »Psst!«, machte Helene und zwickte Ludo. »Er ist schon da.« Sie zeigte nach oben.
    Ludo sah nach oben und ließ vor Schreck beinahe das Ei fallen.
    Silvania und Daka starrten den Geist noch immer sprachlos an. Ludo hatte also nicht gelogen. Er konnte wirklich mit Toten Kontakt aufnehmen. Er führte gar keine Selbstgespräche.
    Silvania kam ein unheimlicher Gedanke: Was, wenn alle Menschen, die Selbstgespräche führten, in Wirklichkeit mit Geistern redeten?
    »Hallo, Herr Schilbnic ... oder Ali Bin Schick«, begann Ludo mit zittriger Stimme. Ludo hatte schon mit vielen Toten geredet. Trotzdem krabbelte ihm immer wieder ein Schauder von der obersten Haarspitze bis zum großen Zeh und sein Mund wurde trocken wie ein Waschlappen in der Sonne. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört beim ... äh ... Totsein.«
    »Ach was!«, erwiderte Ali Bin Schick. Seine Stimme klang seltsam blechern, wie aus einer Regentonne. »Ich liebe Ablenkung. Immer nur unter Toten sein – davon wird man ganz lebensmüde.«
    »Tja, das weiß ich nicht, aber wenn Sie das sagen«, erwiderte Ludo.
    »Wieso hast du mich gerufen?«, fragte Ali Bin Schick. »Bist du auch lebensmüde?«
    Ludo überlegte einen Moment. »Eigentlich nicht«, sagte er. »Meine Freundinnen hier wollen Sie etwas fragen.«
    Erst jetzt wanderte Ali Bin Schicks Blick zu den Mädchen. Als er Silvania und Daka sah, wanderten seine Augenbrauen nach oben. »Heidewitzka! Wir kennen uns doch!«
    Daka und Silvania nickten. »Vom Orakulum Spektakulum«, sagte Silvania.
    Ali Bin Schick schmunzelte. »Wollt euch bedanken, was?«
    Daka und Silvania schüttelten heftig den Kopf. »Wir wollen reklamieren«, sagten sie gleichzeitig.
    Ali Bin Schick zog die Augenbrauen hoch, dass sein Turban wackelte. »Reklamieren? Aber wieso denn? Sind die Wünsche nicht in Erfüllung gegangen?«
    »Doch«, sagte Silvania. »Aber mein Wunsch ist bei Daka in Erfüllung gegangen und Dakas Wunsch bei mir.«
    »Kann es sein, dass Sie unsere Sehnsuchtsblüten verwechselt und in das falsche Schüsselchen gelegt haben?«, fragte Daka.
    Ali Bin Schick machte ein Gesicht, als hätte er plötzlich schreckliche Zahnschmerzen bekommen. »Heidewitzka! Die Sehnsuchtsblüten! Die Schüsselchen!«, jammerte er. Dann nickte er langsam und sah die Zwillinge mitfühlend an. »Es tut mir leid. So etwas kommt vor. Menschliches Versagen ... beziehungsweise geistiges.«
    »Wir wollen die Wünsche reklamieren. Sie müssen sie rückgängig machen«, sagte Daka.
    »Das geht nicht. Wünsche können nicht rückgängig gemacht werden«, sagte Ali Bin Schick.
    »Sie meinen, wir müssen für immer so bleiben, wie wir jetzt sind?« Silvania sah den Wahrsager entsetzt an. Sie hatte den Mund aufgerissen und ihre langen Eckzähne blitzten in der Nachmittagssonne.
    Daka griff schnell nach der Hand ihrer Schwester. Sie hatte Angst, Silvania würde jeden Augenblick zu Ali Bin Schick fliegen und ihn von seinem lilafarbenen Wolkentiger schubsen.
    Ihre Angst war sehr berechtigt.
    »Ist es denn so schlimm?« Ali Bin Schick sah die Schwestern ergriffen an. »Könnt ihr nicht mit dem Wunsch der anderen leben?«
    Daka schüttelte vehement den Kopf. »Nici doi viati!«
    »Lieber buddele ich mich für den Rest des Lebens in einem Sandkasten ein«, sagte Silvania.
    Ali Bin Schick seufzte. Er kratzte sich hinter dem Ohr, dass sein Turban verrutschte. »Was machen wir denn da?«
    Ludo räusperte sich. »Vielleicht ... könnte ich Ihnen einen Gefallen tun. Und Sie tun Silvania und Daka einen Gefallen. Sie können die Wünsche zwar nicht rückgängig machen, aber Daka und Silvania
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