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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett
Autoren: Franziska Gehm
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könnten sich etwas Neues wünschen.«
    Ali Bin Schick sah Ludo erstaunt an. Er wusste nicht, dass Ludo sich mit Toten und Geistern auskannte. Er redete mit ihnen wie andere mit ihrem Postboten. Nicht so entspannt, aber so häufig.
    »Einen Gefallen? So, so«, sagte Ali Bin Schick. Er kratzte sich am Kinn. Er wiegte den Kopf. Tatsächlich gab es etwas, was Ludo für ihn tun konnte. Es ging um einen Herzenswunsch. Es ging um seine Schwester. Bis jetzt hatte er den Wunsch nicht selber erfüllen können. Er hatte Angst, seine Schwester würde seine Handschrift erkennen und einen Herzinfarkt bekommen. Aber mit der Hilfe dieses Jungen war es vielleicht möglich. Ali Bin Schick nickte. »Einverstanden.« Er lehnte sich zu Ludo und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Silvania, Daka und Helene beugten sich wie Bäume im Wind zu Ludo und versuchten, etwas zu verstehen. Doch so sehr sie ihre Ohren auch spitzten, sie bekamen kein einziges Wort mit.
    Als Ali Bin Schick sich wieder aufrichtete, nickte Ludo. »Geht klar.«
    »Sehr schön«, sagte Ali Bin Schick. »Und jetzt zu euch«, sagte er zu Silvania und Daka. Er formte aus den Ohren des lilafarbenen Wolkentigers zwei kleine Blüten und hielt sie den Zwillingen entgegen. »Legt ein Haar hinein und flüstert euren Wunsch. Aber ich rate euch ...«
    »Dass wir uns die Wünsche gut überlegen«, ergänzte Daka.
    »Denn wenn sich ein Wunsch, den man einmal in eine Sehnsuchtsblüte geflüstert hat, mit seinem Haar vereint, kann er nicht mehr rückgängig gemacht werden.«
    Ali Bin Schick nickte ernst.
    Im Garten der Schwarzers wurde es ganz still. Sogar die Vögel verstummten. Ludo, Helene und Ali Bin Schick hatten ihre Augen auf die Zwillinge gerichtet.
    Daka und Silvania legten gleichzeitig jeweils ein Haar behutsam in eine Blüte. Bevor sie ihren Wunsch in die Blüte flüsterten, sahen sie sich einen Moment bedeutungsvoll an.
    Silvania musterte Dakas rosige Wangen.
    Daka musterte Silvanias lange Eckzähne.
    Kaum merklich nickten die Schwestern. Dann beugten sie sich über die Sehnsuchtsblüten. Beide schlossen die Augen, während sie flüsterten.
    Helene, Ludo und Ali Bin Schick reckten die Hälse und spitzten die Ohren. Doch sie verstanden keine einzige Silbe.
    Nachdem sich die Schwestern wieder aufgerichtet hatten, nahm Ali Bin Schick die Blüten an sich. Er verabschiedete sich, rief »Heidewitzka!« und gab seinem lilafarbenen Wolkentiger die Sporen.
    Helene, Silvania und Daka sahen Ali Bin Schick fasziniert nach.
    Ludo nicht. Er betrachtete die Zwillinge nachdenklich. Hoffentlich, dachte er, haben sie sich dieses Mal das Richtige gewünscht.

Überraschung
am Morgen
    D er Kaffee war zu dünn. Aber er war warm. Liselotte Schilbnic umklammerte die Tasse mit beiden Händen und sah aus dem Wohnzimmerfenster. Es regnete. Schon den ganzen Morgen. Liselotte Schilbnic sah, wie die Regentropfen in der Pfütze auf dem Fensterbrett kleine Ringe bildeten. Sie dachte an einen verregneten Sommerurlaub vor 35 Jahren. Sie waren an der Ostsee zelten gewesen. Ihr Bruder, zwei Freunde und sie. Sie hatten in den Zelten gesessen, gelacht, gesungen und erzählt. Sie waren im Regen am Strand entlanggelaufen, hatten Burgen gebaut und eine revolutionäre Flaschenpost geschrieben. Es war ein herrlicher Urlaub. Sie waren jung gewesen.
    Frau Schilbnic nahm einen Schluck Kaffee und seufzte. Mit einem Ruck drehte sie sich um, stellte die Kaffeetasse ab und schritt in den Flur. Sie war Rentnerin. Sie hatte viel zu tun. Sie wollte ins Kaufhaus, auf den Markt und zum Friseur. Am Nachmittag hatte sie einen Arzttermin und später war sie mit einer Freundin im Kunstpalais verabredet. Sie musste sich sputen, wollte sie noch alles schaffen.
    Liselotte Schilbnic warf sich die blaue Übergangsjacke über, nahm ihre Handtasche und den Regenschirm und öffnete die Wohnungstür. Doch weiter kam sie nicht. Jäh hielt sie in ihrer Bewegung inne und starrte auf den Fußboden. Vor ihrer Wohnungstür, auf dem Abtreter mit dem blökenden Schaf, lag ein Blumenstrauß. Er war riesengroß und bestand aus Astern, Knöterich, Dahlien, aus langen Gräsern, Löwenzahn, Mohrrübengrün, Kohlrabiblättern und dünnen Ästen.
    Frau Schilbnic ließ Schirm und Handtasche fallen, kniete sich hin und hob den Blumenstrauß mit beiden Händen auf. Sie steckte ihre Nase hinein und atmete tief ein. Herrlich! So einen Blumenstrauß hatte sie sich schon immer gewünscht. Da entdeckte sie, dass an einem der Ästchen eine kleine Karte hing. Behutsam
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