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0060 - Der Geisterfahrer

0060 - Der Geisterfahrer

Titel: 0060 - Der Geisterfahrer
Autoren: Walter Appel
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Wie ein Roboter saß er hinterm Steuer. Seine Augen fixierten starr die Horrorerscheinung, in deren Bann er geraten war, als er sich der Autobahnauffahrt Camberg näherte.
    Er hatte nach Kassel gewollt, aber dann war er dem Spuk von einer Sekunde zur anderen willenlos gefolgt. In die verkehrte Richtung, zu einer gespenstischen Amokfahrt, die tödlich enden mußte.
    Im Slalom wich der Spuk, ein roter Wagen von undefinierbarer Marke, entgegenkommenden Fahrzeugen aus. Berthold Deitz folgte dem Geisterwagen in knappem Abstand. Er sah Scheinwerfer aufblinken, hörte Hupen gellen.
    Der kalte Schweiß troff ihm von der Stirn. Er mußte dem Geisterfahrer vor ihm ins Verderben folgen. Es war ein Geisterfahrer im wahrsten Sinne des Wortes. Ein unheimlicher grünlicher Schein umgab zeitweise sein Fahrzeug. Statt eines Nummernschilds hatte er einen grinsenden Totenschädel an der hinteren Stoßstange.
    Auf dem Fahrersitz saß eine Gestalt mit schwarzem Umhang und schwarzer Kapuze. Berthold Deitz sah sie nur von hinten, und er war der einzige, der Geisterfahrer und Geisterwagen erblickte. Die anderen Verkehrsteilnehmer sahen nur den Wagen des Architekten.
    Die Reifen kreischten bei dem Todesslalom, den der Geisterfahrer und sein Opfer fuhren. Wie durch ein Wunder war noch nichts passiert. Manche Wagen hielten jetzt auf dem Parkstreifen. Andere wurden von den Haltenden durch Blinkzeichen und gellendes Hupen gewarnt.
    Die Autobahn gehörte dem Geisterfahrer. Dem Dämon und seinem angstgeschüttelten Opfer. Der Tachostrich des Opel Commodore stieg fast bis 180 Stundenkilometer. Berthold Deitz sah es nicht, starr hing sein Blick an dem Geisterwagen.
    Der HR 3 sendete immer wieder die Warnung vor dem Geisterfahrer. Berthold Deitz hörte nur ganz leise die Durchsagen und die Fahrt- und Motorengeräusche seines 130-PS-Wagens. Eine geisterhafte Melodie klang in seinen Ohren.
    Eine Kälte, die nicht von dieser Welt stammte, umfing Ihn. Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Nicht einmal zittern konnte er, so sehr stand er im dämonischen Bann.
    Knapp acht Minuten dauerte seine Horrorfahrt. Ihm erschien es wie eine Ewigkeit. Aus dem Augenwinkel bemerkte er das flackernde Blaulicht eines Polizeiwagens am Autobahnrand, er raste vorbei. Über ihm knatterte ein Polizeihubschrauber, Berthold Deitz hörte ihn nicht.
    Seine letzten Gedanken galten seiner Frau und seinen Kindern. Er verfluchte das grausame Horrorwesen. An der Autobahnauffahrt Idstein errichteten Polizeiwagen eine Sperre. Drei Polizeifahrzeuge standen quer über der Fahrbahn und blockierten sie. Die Blaulichter rotierten, Sirenen gellten.
    Der Geisterfahrer mußte unbedingt gestoppt werden.
    Das Ende kam, als ein Busfahrer aus Limburg, der auf einem Autobahnparkplatz ein Nickerchen gehalten hatte, sein Fahrzeug auf die A 3 steuerte. Er saß allein in dem Bus. Er rieb sich die Augen, er hatte es eilig, denn sein Nickerchen hatte zu lange gedauert.
    Sein Chef, der Eigentümer eines Reiseunternehmens, würde ihm den Marsch blasen. Der immer noch verschlafene Fahrer achtete nicht darauf, daß die Autobahn in seiner Richtung völlig leer war und mehrere Fahrzeuge am Fahrbahnrand hielten.
    Er sah auf die Uhr am Armaturenbrett. 21 Uhr 47 war es. Jetzt fiel dem Busfahrer das heftige Scheinwerferblinken der haltenden Wagen auf. Was soll denn der Blödsinn? dachte er.
    Genau in dieser Sekunde raste Berthold Deitz an ihm vorbei. Der rote Geisterwagen fuhr genau auf die Busscheinwerfer zu.
    Der Busfahrer sah für einen Moment schemenhaft den Geisterwagen, dahinter den auf ihn zuschießenden Geisterfahrer Berthold Deitz mit seinem Fahrzeug. Er schrie auf und wollte auf die Druckluftbremse treten.
    Vor Berthold Deitz, wenige Meter vor dem Omnibus, löste sich das rote Geisterfahrzeug von einem Augenblick um anderen in Nichts auf. Es verschwand.
    Deitz’ Lähmung wich. Er hatte noch anderthalb Sekunden, viel zu wenig, um etwas zu ändern. Sein Opel Commodore raste wie ein Geschoß auf den Bus zu, dessen Front dem Geisterfahrer wie das Tor des Todes erschien.
    Berthold Deitz schlug die Hände vors Gesicht. Dann kam der fürchterliche Frontalzusammenstoß.
    ***
    »Ein Toter und ein Schwerverletzter«, sagte Kommissar Mallmann zu uns. »Der Opel Commodore knallte frontal gegen den Bus. Der Opel fuhr etwa 180, der Bus um die 70 Stundenkilometer, als es passierte. Der Handelsvertreter Berthold Deitz starb auf der Stelle, der Busfahrer ist inzwischen außer Lebensgefahr. Aber er wird mindestens noch
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