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Knochenzeichen

Knochenzeichen

Titel: Knochenzeichen
Autoren: Kylie Brant
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Prolog
    Der Weg durch den Wald war vertraut, und so machte ihm der fehlende Mond nichts aus. Mithilfe der Taschenlampe bahnte er sich sicher seinen Weg und wich instinktiv umgefallenen Baumstämmen und tief hängenden Zweigen aus. Der große Sack auf seinem Rücken belastete ihn zusätzlich noch mit fast zehn Kilogramm Gewicht, doch auch das konnte ihn nicht bremsen. Seine Kraft war so unerschütterlich wie sein Orientierungssinn.
    In der freien Hand trug er ein Gewehr, und von seinem Gürtel hing eine Machete. Nicht weil er mit Ärger rechnete, sondern weil er schon lange genug mit der unberührten Natur Oregons vertraut war, um auf alles vorbereitet zu sein. Im Wald gab es Elche, Bären und Pumas. Jede Menge Giftschlangen. Und manchmal drohte auch Gefahr von einer zweibeinigen Spezies. Es zahlte sich nicht aus, irgendetwas dem Zufall zu überlassen.
    Sweetie sagte immer, wenn er einmal eine Idee gefasst habe, setze er sie mit der Präzision eines Elitesoldaten um. Doch nun lieferte schon seit langer Zeit Sweetie die Ideen, und er war derjenige, der sie ausführte. Ihm war das recht.
    Sein Weg war nicht leicht, da es zu seinem Ziel keinen ausgetretenen Trampelpfad gab. Es ging einfach hinten über sein Grundstück und in den angrenzenden Wald hinein und dann meilenweit durch Dornenranken, Heidekraut und Brombeergestrüpp. Über flechtenbewachsene Felssporne und durch einen Bach, der von einem sommerlichen Rinnsal zu einem tosenden Sturzbach anschwoll, wenn im Frühjahr in den Bergen die Schneeschmelze einsetzte. Der echte Härtetest begann dann am Fuß des Castle Rock. Dort würde er Taschenlampe und Gewehr verstauen und die Stirnlampe einschalten müssen, die er über seiner Oregon-Ducks-Kappe trug. Und dann musste er zweihundertfünfzig Meter zu seinem Versteck klettern.
    Er fastete immer zwei Wochen, ehe er diese Tour machte. Nun war es schon über zehn Jahre her, dass er die Kammer in der kleinen Höhle am Steilhang des Castle Rock entdeckt hatte. Seitdem hatte er zugenommen. Jedes Mal, wenn er auf dem Bauch hineinkroch, gab es ein paar unangenehme Momente, in denen er stecken blieb und sich wieder freikämpfen musste. Er wollte zumindest sichergehen, dass ihm das gelang.
    Doch sobald er nahe genug herangekommen war, um die Lichter zu sehen, verlangsamte er seine Schritte und ging hinter einer großen Tanne in Deckung. Er griff nach dem Nachtsichtgerät, das er an einem Band um den Hals trug, und setzte es an die Augen, um Genaueres zu erkennen. Was er dann vor sich sah, durchzuckte ihn wie ein Stromstoß. Vermutlich würde er heute Nacht den Aufstieg doch nicht machen.
    Es wimmelte von Cops.
    Punktscheinwerfer beleuchteten die Flanke des Castle Rock wie ein Hausdach mit Weihnachtsdekorationen. Noch viel mehr Lampen standen am Fuß des Berges und richteten ihren Lichtstrahl nach oben. Betupften die gesamte Fläche mit Lichtpunkten. Sein erster Gedanke, dass die Lokalpolizei ein Meth-Labor ausgehoben hatte, verflüchtigte sich schnell, als er sah, dass einige der Lichtpunkte von Kletterern stammten, die wie Spinnen vor seinem Schlupfloch hingen.
    Mann, so ein Mist.
    Sweetie mochte ja mehr Grips haben, doch er war selbst klug genug, um zu begreifen, dass sein geheimes Versteck nicht mehr geheim war.
    Wie um diesen Gedanken zu unterstreichen, lehnte sich eine der angeseilten Gestalten zum Eingang der Höhle vor, um nach etwas zu greifen, das daraus hervorragte. Etwas Langes und Schwarzes. Etwas ganz Ähnliches wie das, was er gerade auf dem Rücken trug.
    Er sah weiterhin zu und erwog seine Möglichkeiten. Die letzten Tage war er mit Vorbereitungen beschäftigt gewesen und hatte sein Haus nicht verlassen. Und Sweetie war mit den Kindern auf dieser Reise, sodass er nicht vor der Entdeckung gewarnt worden war, die sich mittlerweile bestimmt in der ganzen Gegend herumgesprochen hatte. Ihr Ablageort mochte nun gefunden worden sein, doch es war ausgeschlossen, dass irgendetwas daran Rückschlüsse auf sie zuließ. Dafür hatten sie gesorgt.
    Er sah noch eine Zeitlang zu und wäre gern näher herangegangen. CSI war seine Lieblingsserie. Es war wirklich großes Pech, dass er es nicht wagen konnte, hier herumzulungern und der Polizei bei der Arbeit zuzusehen. Nicht dass die Lokalpolizei besonders viel hergemacht hätte. Mann, die meisten Deputys waren Volltrottel. Mit dieser Truppe würde Sheriff Andrews bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hinter ihrer Spur herjagen.
    Grinsend ließ er das Nachtsichtgerät sinken und verschwand
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