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Das Crusenriff

Das Crusenriff

Titel: Das Crusenriff
Autoren: Hubert Haensel
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Prolog
    Hoch über dem Chaos herrscht noch immer Stille, eine unheimliche, tödliche Stille. In endloser Reihe stehen sie da, erstarrte, vermummte Gestalten, die längst den Griff nach der Herrschaft angetreten haben und ihrem Ziel näher sind denn jemals zuvor.
    Hier ist das Dach der Schattenzone, der Hort der Dämonen, wo sie sich unbesiegbar fühlen. Von hier greifen sie nach den Völkern des Nordens und des Südens, um sie zu ihren Sklaven zu machen, sie in ihre völlige Abhängigkeit zu bringen. Sie wissen, daß der Zeitpunkt nicht mehr fern ist, da die Lichtwelt fallen wird. Sie wissen es, weil dem Licht des Tages unweigerlich die Finsternis der Nacht folgen muß – nur wird diese neue Finsternis allumfassend sein, vom Hexenstern in Vanga bis hin zum Nordstern Gorgans, und auch auf andere Welten und Zeiten wird sie sich herabsenken wie ein düsterer Schleier.
    Der Tag, da sich diese Prophezeiung erfüllen wird, ist nicht mehr fern: ALLÜMEDDON. Der Tag des Triumphs, dem nichts und niemand widerstehen kann. Selbst jene nicht, denen es gelungen ist, bis heute in der Schattenzone zu überleben. Seit nunmehr 160 Tagen trotzen sie den Mächten der Dämonen, den Widernissen des Schicksals und allen Fährnissen.
    »Sie sind Günstlinge des Glücks.« Des Darkons giftiger Odem schien aufzuwallen; schier undurchdringlicher Nebel hüllte den Herrscher aller Dämonen ein, und aus diesem Nebel heraus entstanden Bilder, die ihm verrieten, zu welchem Ausmaß die Gefahr wirklich angewachsen war. Vielleicht hatte er den Sohn des Kometen unterschätzt. Und nicht nur er, auch andere hatten dies getan, beispielsweise die Schlange Yhr.
    Der Darkon stampfte wütend auf, als er daran dachte, und ein Brausen und Toben hob an. Für Yhr gab es kein Entkommen mehr, denn der Tillornische Knoten verband ihr Schicksal zu eng mit dem von Carlumen. Nicht Mythor allein besaß die Kraft, sich die Schlange gefügig zu machen, sondern andere hatten ihm dabei geholfen, magisch Begabte. Trotzdem waren ihre Kräfte ein Lächerliches, verglichen mit denen des Herrn der Finsternis. Ihren Erfolg hatten sie letztlich jenen Kristallen zu verdanken, die für Außenstehende unscheinbar und wertlos sein mochten, in denen sich aber die ganze Macht Weißer Magie verbarg.
    Der Darkon schüttelte sich bei dem Gedanken daran, daß es dem Sohn des Kometen gelingen mochte, das Zauberbuch DRAGOMAE wieder zu vereinen.
    Der Herrscher über die Schattenzone ahnte den Weg von Caerylls Fliegender Stadt Carlumen, und er wußte, wo weitere Bruchstücke des kristallenen Zauberbuchs der Weißen Magie angeschwemmt worden waren.
    Um Mythor nicht noch mächtiger werden zu lassen, war er gezwungen, ihm zuvorzukommen. Für den Darkon waren die Kristalle unzerstörbar. Aber es genügte, sie in einem sicheren Versteck vor jedem Zugriff zu verwahren. Niemals würde der Sohn des Kometen dann das DRAGOMAE wieder in Händen halten. Eine Macht, die selbst Dämonen gefährlich werden konnte.

1.
    Inmitten der Düsternis glomm ein Funke vager Helligkeit, dessen Widerschein über Schrunde und Schroffen huschte. Mächtige, bleiche Felsen ragten aus dem Dunkel auf; an ihnen brach sich die Strömung der Schattenzone und bildete tückische Wirbel.
    Dieses Land war ausgehöhlt vom steten Fluß Schwerer Luft, denn es trotzte seit endlosen Zeiten den anbrandenden Gewalten und wuchs sogar in die Finsternis hinaus. Nur ein Menschenalter genügte nicht, um den Schatten auch nur eine Handbreit Raum abzugewinnen.
    Inmitten des Chaos, inmitten eines steten Kreislaufs von Werden und Vergehen, hatte das Riff Bestand. Sicher, die Strömung wurde manchmal so stark, daß niemand ihr trotzen konnte, doch dafür schien das Land fest verankert zu sein. Irgendwo in unergründlichen Tiefen wurzelten die Felsen, und Dutzende Wagemutiger, die versucht hatten, ihr Geheimnis zu ergründen, waren nie wieder gesehen worden.
    Nicht nur Menschen lebten hier. An den mitunter steil abfallenden Hängen hatten sich auch Mischwesen und andere Bewohner der Schattenzone niedergelassen.
    Sie nannten ihr Land das Crusenriff, denn schon lange vor ihnen hatten die Crusen von den Felsen Besitz ergriffen – riesige, in Kolonien wuchernde Muscheln, deren Schalen hinreichend Platz boten, um darauf Hütten zu errichten. Es war sogar ein reiches Land, denn die Strömung schwemmte viel Treibgut an.
    Doch reich war nicht nur jener, der über Gold verfügte und glitzernde Steine – reich waren auch Männer wie Ioban, deren Erinnerung
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