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Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln

Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln

Titel: Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
Autoren: Stefanie Mohr
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Samstag
    Fünf Minuten nachdem der Wecker ihres Handys sie mit einer eingängigen Melodie geweckt hatte, klingelte auch schon der alte Oma-Wecker auf ihrem Nachtkästchen mit ohrenbetäubendem Rasseln los. Auch wenn ihr morgendlich-dynamisches Auftreten nach außen hin äußerst souverän wirkte, kämpfte Annika Dorn jeden Tag einen bitteren Kampf gegen das Aufstehen – und verlor. Was sie letztendlich immer aus dem Bett trieb, war die Angst, wieder einzuschlafen. Der Gedanke, zu spät in der Arbeit zu erscheinen, versetzte die Supermarktleiterin einer Sternmann-Filiale stets in schiere Panik.
    Anders als sonst schlug sie an diesem Samstagmorgen ihre dicke Daunendecke regelrecht beschwingt zurück: Für die kommenden vierzehn Tage musste sie zum letzten Mal so früh aufstehen. Übermorgen würde sie endlich das grausige Februarwetter, das Nürnberg seit knapp zwei Wochen abwechselnd Eisregen und Schnee bescherte, gegen den lang ersehnten karibischen Sonnenschein eintauschen.
    Wie vor jedem Urlaub hatte sie fieberhaft überlegt, was sie mit den freien Tagen anfangen sollte. Zu Hause zu bleiben und endlich die Wohnung zu renovieren kam überhaupt nicht in Frage. Urlaub bedeutete: wegfahren, genießen, Geld ausgeben. Schließlich hatte sie sich für eine einwöchige Karibik-Rundreise auf einem Clubschiff der Aida mit anschließendem Badeaufenthalt auf Cayo Levantado, das auch als Bacardi-Insel bekannt war, entschieden. Selbst wenn der Urlaub nicht so schön werden würde, wie es der Preis verhieß, hatte er seinen Zweck bereits erfüllt: Auf der letzten Filialleitersitzung war sie von mehreren Kolleginnen um die Traumreise beneidet worden. Sie lächelte bei dem Gedanken daran.
    Während sie schon in die Küche eilte, nestelte sie noch an den Knöpfen ihrer gestärkten Bluse herum. Siamkater Fridor schnurrte ihr einschmeichelnd um die Beine. Eigentlich war es eine Schande, wie wenig Zeit sie sich für das Tier nahm. In einem Anflug von schlechtem Gewissen stellte sie ihm einen Napf mit einer zu großen Portion Thunfisch auf den Boden. Für mehr war leider keine Zeit. Ihre innere Uhr trieb sie bereits zur Eile. Annika zog ihren Mantel an, nahm die viel zu teure Aktentasche und sperrte penibel die Wohnungstür zweimal hinter sich ab.
    Vorsichtig bugsierte sie den geliehenen silberfarbenen BMW-Geländewagen aus dem Garagenstellplatz auf die vereiste Hauptstraße, die von Kalchreuth nach Neunhof führte. Obwohl es in der Nacht keinen Neuschnee gegeben hatte, kam sie erst ab der Erlanger Straße zügig voran. Die winterlich brachliegenden Felder des Knoblauchslandes zogen grau am Seitenfenster vorbei, unterbrochen nur von den Lichtern des nahen Flughafens. Auf Höhe der Landebahnen kreuzte eine Passagiermaschine im Sinkflug nur wenige Meter über ihrem Kopf die Fahrbahn.
    An der Sparkassenfiliale in Thon hielt sie kurz, um am Bankautomaten in der Schaltervorhalle Geld abzuheben. Dann fuhr sie, ein bisschen schneller als zulässig, weiter die Bucher Straße entlang, vorbei an dem blau-weißen Fabrikgebäude der Firma Schöller, an dessen Fassade ein großes Transparent, kaum dass Weihnachten vorbei war, bereits das Eissortiment des kommenden Sommers bewarb. Schließlich bog Annika links in die Kressenstraße ab. Der BMW X5 holperte über das rutschige Kopfsteinpflaster der Dreißiger-Zone. Kurz vor der Uhland-Schule überquerte ein weißhaariger Mann mit Schäferhund unmittelbar vor ihr die Fahrbahn, sodass sie abrupt auf die Bremse treten musste. Der Wagen machte einen Satz, dann kam er zum Stehen. Annikas Tasche war in den Fußraum des Beifahrerbereichs gekippt, der Inhalt lag verstreut auf dem Boden. Verdammt, das hatte ihr an diesem Morgen noch gefehlt!
    Der große Parkplatz der Sternmann-Supermarktfiliale lag verlassen da, wenn man von einem alten, dort über Nacht abgestellten Polo absah. Wie gewöhnlich hielt Annika gleich neben der Einfahrt; die dem Markt näher gelegenen Parkplätze waren den Kunden vorbehalten.
    Im hellen Neonlicht wirkte der Verkaufsraum der Filiale heruntergekommen. Obwohl der Boden jeden Tag mit einer Reinigungsmaschine bearbeitet wurde, strotzte er vor Flecken. Werbebroschüren lagen unordentlich am Fenster verstreut, und ein überdimensionaler Müllsack mit leeren Pfandflaschen stand zwischen den Kassen drei und vier.
    Verärgert schüttelte sie den Kopf. Sollte sich doch Frau Link darum kümmern, den Laden aufzuräumen. Sie selbst hatte gewiss keine Zeit dafür, außerdem erachtete sie
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