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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat
Autoren: F Steinhauer
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›Gurklinge‹ von Ihrem Vater. Die Zeiten waren nicht gerade dazu angetan, den Absatz ins Unermessliche steigen zu lassen, die letzten beiden Ernten waren nicht gut ausgefallen. Der Betrieb kam ins Trudeln.«
    »Schnee von gestern!«
    »Sie heirateten Irma, die über ein eigenes Vermögen verfügte. Haben Sie sie lange überreden müssen, einen großen Teil des ererbten Kapitals in den Gurkenbetrieb zu stecken? Staatshilfe konnten Sie ja nun wirklich nicht beantragen. Ihre einzige Chance war es, frisches Geld aufzutreiben. Keine leichte Aufgabe damals. Aber Irma rettete den Betrieb und gebar nach einiger Zeit des Wartens auch den ersehnten Sohn – den Erben der ›Gurklinge‹. So etwas schweißt zusammen, ob man es nun Liebe nennen will oder nicht.«
    Gieselke schwieg.
    Nachtigall hatte auch nichts anderes erwartet.
    »Während der Schwangerschaft verweigerte Ihnen Irma das, worauf Sie als Mann einen Anspruch zu haben glaubten. Also nahmen Sie sich die Freiheit, andere Frauen zu treffen. Friederike Maul war eine von ihnen.«
    Das Gespräch mit Frau Maul war schwierig gewesen. Ihr labiler Zustand, die Trauer über den Verlust ihres geliebten Sohnes und das Erkennen des Mörders in Olaf Gieselke machten ein Verhör nahezu unmöglich. Nachtigall hatte mit Couviers Unterstützung und in Anwesenheit eines Arztes mühsam alle Puzzleteile mit ihr erarbeitet.
    Er wusste mehr, als Gieselke ahnen konnte.
    »Die meisten dieser Beziehungen auf Zeit verliefen unproblematisch und blieben flüchtig. Mit Friederike war es anders. Sie behauptete, Kondome lösten bei ihr eine allergische Reaktion aus, sie verhüte selbst. Wie zu befürchten war, erklärte sie Ihnen bald darauf, sie sei schwanger, eine Abtreibung lehnte die junge Frau kategorisch ab. Das war eine unangenehme Lage. Ihre Frau, die zwischenzeitlich herausgefunden hatte, dass Sie fremdgingen und damit drohte, das Geld aus dem Betrieb abzuziehen, konnte diesmal nur sehr schwer wieder beruhigt werden. Ausschließlich um des gemeinsamen Sohnes willen war sie bereit, sich mit Ihnen zu versöhnen. Bisher kannte Irma keine Namen. Aber was würde erst passieren, wenn Friederike ihr von dem unehelichen Kind erzählte? Sie entschlossen sich zu einem Deal.«
    Gieselkes Miene hatte sich verfinstert. Ein hassvoller Zug verschmälerte die Lippen, bis nur noch ein Strich zu sehen war. Verachtung glitzerte in seinen Augen. »Friederike hatte es drauf angelegt.«
    »Ihre Frau zu überreden, die alleinstehende, schwangere Frau einzustellen, war keine Hürde. Völlig ahnungslos nahm Irma die junge Frau auf, ließ die beiden Jungs fast miteinander aufwachsen. Es kehrte wieder Ruhe in Ihr Leben ein. In der Folgezeit waren Sie allerdings vorsichtiger. Keine Ihrer weiteren Affären endete in einer Schwangerschaft.«
    Gieselke konnte sich ein überhebliches Lächeln nicht verkneifen.
    »Johannes zeigte kein Interesse an Gurken oder Waffen. Wolfgang dagegen schon. Ihr eigener Sohn diskutierte in letzter Zeit häufig mit Ihnen über die Zukunft der Firma, drohte offen mit dem Verkauf nach Ihrem Tod. Friederike wurde mehrfach Zeuge eines solchen Streits. Sie forderte die offizielle Anerkennung von Wolfgang als Sohn eines Gieselke. Er sollte die ›Gurklinge‹ weiterführen. Sie lehnten ab. Friederike griff zu Erpressung.«
    Der Verdächtige schwieg.
    »Friederike arbeitete an ihrem freien Tag in einem Beerdigungsinstitut. So kam sie an Leichenteile, mit denen sie die Gurkengläser präparierte. Der Plan ist nicht aufgegangen.«
    Gieselke lachte leise. Boshaft.
    »Sie machten ihr klar, dass es ohnehin das Ende bedeuten würde, wenn Irma von der nebenehelichen Vaterschaft erführe. Friederike nahm die angebotene größere Summe entgegen und schwieg weiter.«
    Der alte Herr klatschte zynisch Beifall. »Ich bin überrascht. Friederike wird auf ihre alten Tage wohl geschwätzig.«
    »Ihnen blieb noch die Hoffnung, Ihr Enkel könne, nach einer Änderung der Erbfolge, anstelle seines Vaters den Betrieb übernehmen. Diese Hoffnung schien sich aber nach der Scheidung von Nele und Johannes sowie dem Wunsch ihres gemeinsamen Sohnes, in der neuen Familie leben zu wollen, nicht zu erfüllen. Sie waren entsetzt, verzweifelt, enttäuscht. Ihre hochfliegenden Pläne, Maurice zu einem würdigen Erben zu formen, fanden zunächst ein jähes Ende.«
    »Ich habe meinen Enkel nicht ermordet!«
    »Das wissen wir.«
    Nachtigall gönnte Gieselke eine kurze Pause. Er sollte erkennen, dass die Ermittler wirklich gute
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