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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat
Autoren: F Steinhauer
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Scheiben.
    Jetzt konnte er immerhin Konturen unterscheiden und die Lampe noch sparsamer einsetzen. Nur drei Schritte später entdeckte er ihn.
    Olaf Gieselke lehnte in entspannter Körperhaltung in einem der Ohrensessel. Mit geübten Handgriffen überprüfte der Hauptkommissar Puls und Atmung. Der Atem ging flach, Atemzüge waren selten. Der Puls, so schien es ihm jedenfalls, war viel zu langsam und nur schwer zu tasten.
     
    Draußen gingen plötzlich Lichter an, Motorengeräusche waren zu hören, Menschen riefen sich Sätze zu.
    Das Team war angekommen. Einen Überraschungseffekt konnte es nun nicht mehr geben. Kurz entschlossen hob Nachtigall den Mann auf seine Arme und trug den Bewusstlosen zügig über die Treppe nach unten.
    »Wir brauchen einen Krankenwagen.«
    »Der ist bereits alarmiert«, rief Wiener ihm zu. »Wir dachten uns schon, dass wir ihn brauchen würden.«
    Nachtigall ließ den Mann neben Skorubski auf dem Beifahrersitz nieder. »Lass den Motor an, dreh die Lüftung ein bisschen höher. Bestimmt ist er ausgekühlt. Ich glaube, die Heizung funktioniert nicht.«
    Skorubski nickte, zog seinen Mantel aus und legte ihn über Gieselkes Schultern.
    »Ich suche nach Johannes. Sein Auto steht dort drüben. Also ist er auch irgendwo im Haus.«
    Damit verschwand er wieder durch die Tür.
    Der Strom funktionierte nicht? Stromausfall? Die Kollegen suchten im Erdgeschoss und im oberen Stockwerk. Ihre leistungsstarken Lampen leuchteten in jeden Winkel. Damit ein eventuell aufgescheuchter Täter nicht entkommen konnte, wurden einige Beamte um das Gebäude herum postiert.
    Peter Nachtigall nahm sich den Keller vor. Während er die steile Treppe nach unten stieg, nahm er einen vertrauten Geruch war. Gas! Eine defekte Heizungsanlage, oder hatte jemand Gas in den Keller geleitet?
    »Achtung!«, donnerte seine Stimme weit hörbar durch den frühen Morgen. »Gas! Alle raus. Nachbarn evakuieren, Dispatcher benachrichtigen. Der Versorger soll sofort die Leitung schließen! Alle raus, Gas!«, pflanzte sich seine Warnung fort und er hörte, wie Polizeistiefel über die Dielen, über die Treppe nach draußen polterten.
    Schnell war alles ruhig.
    Gerufen wurde jetzt nur noch in größerer Entfernung.
    In die Finsternis des Kellers fragte er: »Herr Gieselke?«
    Keine Antwort. Stille.
    »Johannes? Hören Sie mich?«

72
    Der Wind trieb harte, raue Schneeflocken zwischen den Grabsteinen hindurch, blies sie raschelnd über alte und neue Gräber, stach damit den wenigen Trauergästen, die sich versammelt hatten, um von Wolfgang Maul Abschied zu nehmen, in Augen und Gesichter.
    Seine Mutter saß wie leblos in einem Rollstuhl.
    Eine dicke, schwarze Decke über ihren Knien sollte die beißende Kälte fernhalten.
    Doch der Winter konnte mit der Eiszeit im Gemüt der Frau nicht mithalten.
    Auch die Wolfsfreunde waren vollzählig erschienen. Mandy hatte tröstend ihren starken Arm um Flockes Taille gelegt. Nachtigall bemerkte, wie Sebastian Körbels Schultern zuckten. Etwas abseits der Trauergemeinde entdeckte er Ferdinand Kramstätter und Korbinian Nagel, in einer anderen Nische, halb verdeckt von einem Grabstein, wartete Olaf Gieselke, gestützt von zwei Beamten in Uniform.
    Die eng beschriebenen Seiten mit den Worten zum Geleit des Ermordeten zitterten in den blau gefrorenen Fingern des Trauerredners, der sich rechtschaffen mühte, den Toten gebührend zu ehren und gleichzeitig die Kälte zu ignorieren.
    Nachtigall hörte ihm nicht zu. Er sah von einem zum anderen. Was mochte in den Köpfen dieser Menschen nun vorgehen?
    Am ehesten konnte er sich wohl noch in die Wolfsfreunde hineinversetzen. Die trauerten wirklich um ihren Freund, Flocke um mehr als nur das.
    Gleichgültig beobachtete der Hauptkommissar, wie der Redner seine Papiere faltete und in die Manteltasche schob. Er selbst hatte seinen Teil der Arbeit noch vor sich. Die Versammelten nahmen endgültig Abschied, murmelten einige Worte ins Grab, manche schwiegen, starrten nur in die Tiefe, wurden sich vielleicht zum ersten Mal im Leben bewusst, dass der Tod alles beendet.
    Aufmerksam beobachtete er das Geschehen, gab dann das vereinbarte Zeichen. So unauffällig wie möglich traten je zwei Beamte an Kramstätter und Nagel heran. Leise wechselten sie ein paar Worte mit den beiden, dann folgten die Bauern ihnen zögernd zu einem bereitstehenden Streifenwagen vor dem Friedhofstor.
     
    Mandy Klinger und Sebastian Körbel warfen dem Hauptkommissar einen fragenden Blick zu.
    »Sie
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