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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat
Autoren: F Steinhauer
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Arbeit geleistet hatten. »Wieder sprach Friederike Sie an. Wenn doch der Hoffnungsträger auswanderte, der Erbe den Betrieb nicht wollte – warum nicht eine Klausel ins Testament aufnehmen, die Wolfgang legitimierte und den Fortbestand der ›Gurklinge‹ sicherte? Sie lehnten erneut ab. Diesmal kam es zu einem heftigen Streit.«
    »Friederike war von jeher eine törichte Person.«
    »Friederikes Hass war grenzenlos. Sie erschoss Maurice, weil Ihnen ein ungewisser Erbe in Kanada noch immer lieber war als Ihr gemeinsames Kind Wolfgang.«
    Olaf Gieselkes Gesichtszüge entgleisten, Fassungslosigkeit spiegelte sich für den Bruchteil einer Sekunde darin. Doch er hatte sich sofort wieder unter Kontrolle. »Das ist ausgemachter Blödsinn!«
    »Sie hat die Tat gestanden. Nun waren nur noch zwei Söhne übrig. Sie konnten nicht mehr auf einen dritten Erben setzen. Wolfgangs Chancen stiegen wieder. Friederikes Schilderung stimmt mit der Spurenlage am Tatort genau überein und deckt sich mit den Beobachtungen, die Ihre Enkelin nach der Tat gemacht hat.«
    Gieselkes Kiefer mahlten.
    »Sie jedoch gingen davon aus, Wolfgang habe, vielleicht auf Wunsch der Mutter, Maurice erschossen. Korbinian Nagel hatte kurz zuvor zufällig die vereinbarte Wolfswache erwähnt. Sie sahen Ihre Chance, sofort Rache zu nehmen. Noch in der Nacht nach dem Tod des Kindes lauerten Sie ihm auf und erschlugen Ihren eigenen Sohn.«
    Peter Nachtigall wusste, dass das stimmte, konnte es aber dennoch nur schwer fassen. Er selbst hatte gesehen, wie Gieselke das Medikament geschluckt hatte, von dem der Arzt behauptete, es sorge für einen Schlaf, der einer Bewusstlosigkeit nahekam. Erst spät war ihm klar geworden, wie leicht Gieselke sie ausgetrickst hatte. Anfangs das Theater um die Verweigerung der Spritze und dann musste er nur noch die Tabletten in der Hand behalten, als er sie vorgeblich schluckte. Dazu brauchte man nicht einmal ein guter Schauspieler zu sein.
    Der Tatverdächtige zeigte keinerlei Regung.
    »Sie wollten mit diesem Mord gleich zwei Probleme aus der Welt schaffen. Friederike würde nun endlich den Mund halten, weil sie um ihr eigenes Leben fürchten musste, und Sie hatten Zeit gewonnen, die Frage des Erbes neu zu regeln. Annabelle rückte in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen. Als Sie das Kind im Krankenhaus besuchten, erklärten Sie ihr genau, was Sie mit ihr vorhatten.«
    Annabelle hatte das schon bestätigt.
    Für einen Moment schweiften Nachtigalls Gedanken ab. Was würde nun aus dem traumatisierten Mädchen werden? Sie hatte nicht nach Kanada gewollt. Ob sie sich nun doch für die Reise und das neue Leben entscheiden würde? Fernab von aller Erinnerung?
    »Als wir Frau Maul die Todesnachricht brachten, ahnte sie, wer dafür verantwortlich war. Unschlüssig, was das für sie selbst bedeutete, beschloss sie, zu schweigen. Schließlich hätte sie sonst auch den Mord an Maurice gestehen müssen. Ihr Zustand verschlechterte sich rapide und so war ein Gespräch mit ihr nicht möglich. Sie waren auf der Station. Obwohl ein Besuchsverbot bestand, sorgten Sie dafür, dass sie Sie wenigstens zu Gesicht bekam. Eine deutlichere Warnung war gar nicht notwendig.«
    »Sie wollte noch immer Irma einweihen. Natürlich hätte ich dafür gesorgt, dass die Leiche von Wolfgang verbrannt würde, das Haus der Mauls wäre auf meine Kosten renoviert und gründlich gereinigt worden. Friederikes Beweise – alle vernichtet. Keine Spur mehr von ihrem Liebling.«
    »In der Zwischenzeit wurde Ihnen bewusst, dass Sie den Falschen umgebracht hatten. Wolfgang kam als Mörder von Maurice nicht infrage. Er hatte ein Alibi. Annabelle hatte eine schwarze Gestalt gesehen und alle waren davon überzeugt, es müsse sich um einen Mann gehandelt haben. So viel Auswahl an Verdächtigen gab es Ihrer Meinung nach gar nicht. Sie entschlossen sich für ein gründliches Aufräumen.«
    Der Hauptkommissar stand auf. Langsam ging er auf und ab, streng verfolgt von Gieselkes kaltem Blick. Draußen auf der Straße gingen um diese Zeit sicher viele Menschen entlang. Eingemummelt in dicke Jacken, Mützen und Schals. Leben. Daran würde Johannes Gieselke nie mehr teilhaben.
    Tief hatte sich hinter Peter Nachtigalls Stirn das Bild eingebrannt, das sie vorgefunden hatten, als es ihnen gelungen war, die Tür zu seinem Gefängnis zu öffnen. Tod durch Ersticken. Er lag auf dem Boden, die Lippen, Fingerspitzen, Nase und Ohren waren zyanotisch-bläulich verfärbt gewesen. Sein Hemd war an
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