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Der Clark Darlton Reader

Der Clark Darlton Reader

Titel: Der Clark Darlton Reader
Autoren: Clark Darlton
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1
 
Lichter am Nachthimmel
     
    Dr. James Freema legte ein Bein über das andere und beugte sich dabei ein wenig vor. Sein langer, schlanker Zeigefinger klopfte die Asche von der Zigarette, die achtlos neben die dafür bestimmte Schale fiel. Eine deutliche Unmutsfalte lag auf seiner Stirn, und in seinen braunen Augen spiegelten sich Verzweiflung und Wut.
    „An sich ist es völlig sinnlos, sich weiter mit dir über diese Dinge zu unterhalten. Du glaubst mir ja doch kein Wort, Anne. Für dich gibt es eben nur Tatsachen und Beweise; mit einer Vermutung weißt du nichts anzufangen. Sicher, wenn du erst mal meine Frau bist und deine Reagenzröhrchen mit dem Kochtopf vertauschst, lasse ich das gelten; denn von Vermutungen wird man nicht satt. Aber jetzt, als Kollegen gewissermaßen …“
    „Kollegen?“ fragte Anne Berkins. Sie war Chemikerin, blond, hatte blaugrüne Augen und seltsamerweise dunkle Brauen. Er betrachtete sie einen Moment lang erstaunt, ehe er begriff.
    „Nun ja – Freunde also. Als ob das nicht egal wäre!“
    „Ich verbitte mir, daß dir das egal ist!“
    James Freema verschluckte fast seine Zigarette.
    „Nun lege doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage, Liebes! Sieh mal – als meine Kollegin, Freundin und Verlobte mußt du dich für meine Probleme und Theorien interessieren, auch wenn du anders denkst.“
    „Sind denn die ‚fliegenden Untertassen’ dein Problem?“
    „In gewissem Sinne sind sie ein Problem der ganzen Welt – die Welt will es nur nicht wahrhaben. Das liegt an den Menschen und ihren Eigenschaften. Sie sind zu leicht geneigt, etwas ihnen Überlegenes oder auch nur Unverständliches als Unsinn oder Täuschung abzutun. Allein schon der Gedanke, es könnte außer ihnen noch andere, intelligentere Lebewesen im Weltall geben, verursacht ihnen einiges Unbehagen. Das eigene Selbstbewußtsein, mühsam erworben in Jahrtausenden, sträubt sich gegen einen solchen Gedanken. Nein, ehe man sich umstellt, streitet man lieber ab.“
    „Aber das ist doch unsinnig! So kurzsichtig wird kein Mensch sein – bestimmt nicht jene ernsten Wissenschaftler, die die Möglichkeit einer interplanetaren Herkunft dieser Lichterscheinungen ablehnen.“
    „Das ist es ja: Sie sind zu ernst, jene Wissenschaftler! Ihnen fehlt der Mut zur Phantasie. Nur einer von ihnen, ein deutscher Forscher, wohl der größte von allen, hat diesen Mut. Er hat vor aller Welt die Möglichkeit zugegeben, daß die Untertassen aus dem Weltraum kommen könnten.“
    „Was soll das heißen: zugegeben?“
    „Zugegeben, daß es nur eine Vermutung ist, mehr nicht. Aber schon das ist viel, wenn man bedenkt, daß der Mann eine Kapazität ist. Ein Kollege von ihm behauptet das Gegenteil. Siehst du, das ist der fundamentale Unterschied: Der eine gibt zu, der andere behauptet. Im Grunde genommen wissen sie beide das gleiche – nämlich nichts.“
    „Aber du weißt es, Liebling!“
    „Ich glaube nur, mehr nicht. Ich glaube nur, daß es vermessen von uns wäre, den Menschen für das einzige vernünftige Wesen im Universum zu halten. Ich glaube, daß das nichts anderes als Größenwahn ist. Von der Postkutsche zum Düsenflugzeug ist ein schwierigerer Weg als von diesem zum Raumschiff. Was nun, wenn jene Wesen – der deutsche Professor nannte sie Uraniden – schon vor 500 Jahren das Düsenflugzeug hatten?“
    „Hm … ja …“, gab Anne zögernd zu und warf einen Blick auf die Marmoruhr über dem Kamin.
    Es war 21.55 Uhr.
    In dieser Sekunde schrillte das Telefon.
    James Freema sah Anne an und zuckte die Schultern. Dann erhob er sich etwas schwerfällig und drückte die Zigarette aus.
    „Das kann nur Mike sein. Er weiß, daß du heute bei mir bist, und wird mich ärgern wollen – so wie ich ihn kenne. Vielleicht hängt er aber auch an seinem Fernrohr und glaubt, einen neuen Planeten entdeckt zu haben.“
    „Oder eine fliegende Untertasse!“ lachte Anne ihm nach, als er zum Vestibül ging und den Hörer abnahm. Er hatte die Verbindungstür offen gelassen, und daher konnte sie jedes Wort verstehen, während sie die beiden Weingläser nachfüllte. Es war Rheinwein; ihr Vater hatte ihn geschickt.
    „Ja, hier Dr. Freema. … Hallo, Mike! … Was sagst du da? Das ist doch nicht möglich! … Ja, natürlich, ich komme sofort! … Nein, Anne ist bei mir. … Du, höre mal: Wenn du etwa die Absicht hast, uns den Abend zu verderben … Ja, gut, ich will dir glauben. … Bis gleich!“
    Anne sah ihm gespannt entgegen, als er ziemlich
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