Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod

0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod

Titel: 0248 - Auf dünnen Seilen tanzt der Tod
Autoren: Auf dünnen Seilen tanzt der Tod (1 of 2)
Vom Netzwerk:
Auf dünnen Seilen tanzt der Tod
    Als man den Totenschädel fand, kam die Sache ins Rollen. Und es dauerte nicht lange, bis das Verbrechen Kreise zog, die den ganzen Kontinent umschlossen.
    Es begann damit, dass der Gemeinderat von Bloomington, einem kleinen Nest in Indiana, den Beschluss fasste, die Nordostecke des Friedhofs nach vorgelegtem Plan verschwinden zu lassen. Die Toten sollten umgebettet und die Begrenzungshecke des Kirchhofs an dieser Stelle samt ihren Wurzeln entfernt werden.
    Der Totengräber Slim Forster und sein Berufskollege wurden mit den Arbeiten betraut.
    Pünktlich sieben Uhr morgens machten sie sich an die Arbeit. Während Joe mit einer Schubkarre die Grabsteine der schon geöffneten Gräber an ihre zukünftigen Bestimmungsorte brachte, schleifte Slim zwei wannenähnliche Tröge mit Traggriffen von einer Bude hinab zu den ausgehobenen Gruben. Er kletterte in ein Grab. Für jeden Betrachter hätte die Szenerie etwas Unheimliches gehabt. Ungerührt sammelte Slim die einzelnen Knochen ein und legte sie in den Trog.
    Zu guter Letzt bückte er sich nach einem Schädel.
    Er hob den Totenschädel mit der rechten, den dazugehörigen Unterkiefer mit der linken Hand auf. Sinnend blickte er in die leeren Augenhöhlen. Plötzlich stutzte er, drehte den Schädel ein wenig um und verhielt vor Überraschung den Atem.
    Etwa auf der Mitte der Schädeldecke glänzte eine blaue Glasperle, als ob sie direkt auf den Knochen aufgeklebt sei. Slim runzelte seine ohnehin schon stark gefurchte Stirn noch mehr, legte den Kopf schief und betrachtete lange den seltsamen Fund.
    »Was hast du denn da?«, ertönte auf einmal Jones sonore Stimme von oben herab.
    Slim drehte sich zur Seite und blickte hinauf. Joe stand breitbeinig am Rande der Grube und zeigte auf den Schädel.
    »Was ist denn das für ein blaues Ding?«, fragte er.
    Slim wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Schädel zu. Er zuckte mit den Schultern und erwiderte:
    »Ich weiß es nicht, Joe. Hab’s gerade erst entdeckt. Sieht aber verdammt merkwürdig aus. Ob man’s anpacken kann, Joe?«
    »Warum nicht? Sieht aus wie blaues Glas, Slim. Warum soll man’s nicht anpacken können?«
    »Ich werd’s mal versuchen«, meinte Slim Forster zögernd.
    Er nahm den Schädel in die linke Hand, während er den Unterkiefer achtlos fallen ließ. Mit den spitzen Fingern der rechten berührte er die blaue Kugel. Er rüttelte ein wenig und zog schließlich.
    Die beiden Männer stießen gleichzeitig einen überraschten Laut aus. Unter Slims knorrigen Fingern kam eine lange spitze Hutnadel zum Vorschein.
    »Ich werd’ verrückt«, sagte Joe Senneger heiser vor Aufregung. »Da hat man doch jemand mit ’ner Hutnadel umgebracht. Slim, hast du so was schon mal gesehen?«
    Der alte Totengräber stand sprachlos in der Grube. Er sah abwechselnd auf den Schädel und auf die lange, verrostete Nadel. Schließlich schob er sie wieder in das kleine Loch, das sie in der Schädeldecke verursacht hatte, reichte Joe den Schädel hinauf und kletterte selbst nach oben.
    »Wir müssen gleich jemand von der Polizei anrufen«, sagte er ein wenig atemlos. »Ich kenne meine Vorschriften, Joe. Die Polizei muss her, bevor ich an dem Grab noch eine Schaufel anrühre. Komm, du hast jüngere Beine als ich. Lauf über die Straße zu Mac. Er soll die Polizei anrufen. Wir hätten beim Umbetten was gefunden, mehr sagst du nicht, hast du’s verstanden? Und beeil dich.«
    Joe Senneger nickte. Langsam kam Leben in seinen massigen Körper. Er trabte den Hauptweg hinan. Slim sah ihm einen Augenblick nach. Er suchte mit der umständlichen Sorgfalt, die alte Leute manchmal an sich haben, einen geeigneten Platz für seinen mysteriösen Fund und setzte den Schädel schließlich auf die Spitze des Erdhügels, der sich neben der aufgeworfenen Grube häufte.
    Eine knappe halbe Stunde verging.
    Slim Forster hatte sich auf die Schaufel gestützt und sah unentwegt auf den Schädel.
    Joan Sidwell hatte auf dem Grabstein gestanden, Slim dachte nach. Wer war Joan Sidwell?
    Er selbst war in dieser Stadt geboren, und er arbeitete auf dem Friedhof seit seinem sechzehnten Lebensjahr. Es gab kein einziges Grab, das er nicht allein oder zusammen mit irgendeinem Gehilfen ausgehoben hatte. Auch dieses hier musste einmal von seinen Händen geschaffen worden sein.
    In den Vierziger Jahren haben wir diese Ecke belegt, dachte Slim Forster. Das weiß ich noch. Merkwürdig, dass mir nicht einfällt, wer diese Joan Sidwell gewesen ist.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher