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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion
Autoren: Wolfgang Metzner
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gesträubt?«
    »Doch. Aber wir haben ihm klargemacht, dass er schon zu tief drinsteckt, um noch auszusteigen.«
    Mondrian schüttelte den Kopf und überlegte einen Moment. Dann stellte er die Frage, die er sich für den Schluss aufgehoben hatte.
    »Warum haben Sie mich eigentlich damals den Aktenvermerk über Ricarda Walde lesen lassen?«
    Schirra lehnte sich zurück und fixierte einen imaginären Punkt an der Decke. »Ja, das war vielleicht mein größter Fehler«, sagte er seufzend. »Wir hatten überlegt, wie wir die Medien für unsere Zwecke einspannen könnten. Und Ihr Magazin schien uns, neben anderen Publikationen, besonders geeignet, um das Bild einer brutalen Terrorgruppe zu produzieren. Das konnte unsere Message nur noch besser rüberbringen. Dann haben Sie bei mir angerufen, wohl eher zufällig. Und wir dachten: Das ist jetzt unser Mann.«
    Mondrian verzog das Gesicht. »Vielen Dank für das Kompliment!«

49
    »magazine«, Hamburg
     
    Diesmal war es noch voller als sonst. Die gesamte Redaktion, erwartungsvoll und ungeduldig, drängte in den Konferenzraum, und schon fünf Minuten vor Beginn waren alle Plätze hoch oben im Media Tower besetzt. Wer jetzt noch kam, musste sich stehend an die Wand quetschen oder wie in einem überfüllten Uni-Hörsaal auf dem Boden kauern. Nur ein Sessel war frei geblieben, an der Stirnseite des großen Tisches. Der von Chefredakteur Grosser. Um Punkt zehn Uhr betrat Verlagsleiter Rolf zur Brüggen den Raum und nahm darin Platz.
    »Moin, meine Damen und Herren.«
    Der gedrungene Mann mit dem gewellten braunen Haar war berüchtigt dafür, dass er Grausamkeiten mit ausgesuchter Höflichkeit verkünden konnte. Niemand wunderte sich, als er verbindlich lächelnd sagte: »Auch diesmal haben wir einen Mord der Woche. Chefredakteur Kai Grosser ist von seinen Pflichten entbunden. Ab sofort.«
    Ein Raunen ging durch den überfüllten Raum.
    »Bevor Sie über die unfassbaren politischen Ereignisse sprechen, die uns alle schockieren, lassen Sie mich eines sagen: Das letzte Heft mit der Geschichte über die Öko-Terroristen war für den Verlag ein GAU«, fuhr er mit erhobener Stimme fort, »und ich spreche nicht nur von den Kosten. Denn natürlich mussten wir einige hunderttausend Hefte, die noch an den Kiosken lagen, zurückholen und einstampfen. Schlimmer ist der Imageverlust, der durch den stümperhaften Bericht über die sogenannte ›Grüne Armee Fraktion‹ entstanden ist. Diese journalistische Katastrophe wird uns auf unabsehbare Zeit belasten, und wir werden lange brauchen, um das Vertrauen der Leser zurückzugewinnen. Deshalb waren ein radikaler Schnitt und ein Neuanfang nötig …«
    Als Unruhe aufkam, hob er die Hände.
    »Moment, Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass Sie gespannt sind, wer das Blatt in Zukunft führen wird. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Aber bis auf Weiteres vertraut der Vorstand einer der wenigen Personen in diesem Raum, die vor dem fatalen Schnellschuss gewarnt haben.«
    Er blickte zu Modechefin Vanessa von der Heyde.
    »Muss ich mir das wirklich antun?«, fragte sie seufzend, als sie die erste Überraschung überwunden hatte.
    Die Antwort war eine Welle von anerkennendem Klopfen auf den Konferenztisch, auf Stuhllehnen, auf Wände und Panoramascheiben.
    Die Wangen der Modechefin, mit dezentem Rouge geschminkt, färbten sich ein bisschen röter.
    »Am besten sofort, wir haben keinen Tag zu verlieren«, sagte der Verlagsleiter, stand auf und räumte seinen Platz vorn am Tisch.
    »Also okay, ich kapituliere.« Vanessa von der Heyde, heute im hellen Strenesse-Kostüm, stand auf und wechselte in den Chefsessel. »Aber ich möchte die Blumen gleich weitergeben an den Mann, der da hinten sitzt und durch seine Enthüllung ein politisches Erdbeben ausgelöst hat.«
    Alle Augen richteten sich auf Mondrian. Erneutes Klopfen mündete in lauten Beifall.
    »Hat jemand von euch überhaupt schon begriffen, was da in den letzten Tagen passiert ist?«, fragte Vanessa von der Heyde, nachdem das Klatschen verebbt war. »Oder hat das nur mich verstört?«
    »Ich glaube, das Ganze ist zu monströs, um es sich wirklich vorzustellen«, sagte der Kulturchef nach einem Augenblick Stille. »Wir werden noch länger brauchen, um die wahre Dimension zu sehen.«
    »Vielleicht sind wir durch die Verschwörungstheorien zu 9/11 auch schon so abgestumpft, dass wir uns den Staat als Schurken gar nicht mehr vorstellen können«, sagte der Wissenschaftsleiter.
    »Aber warum
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