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0618 - Doktor Wahnsinn

0618 - Doktor Wahnsinn

Titel: 0618 - Doktor Wahnsinn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Verdammt noch mal!« stieß Dr. Ramon Diaz wütend hervor. »Das hätte nicht passieren dürfen! Der Patient war auf dem Weg der Besserung! Noch ein paar Monate, und wir hätten ihn wieder auf den Beinen gehabt!«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht«, widersprach Dr. Ron Thompson. »Der Mann wollte doch gar nicht mehr leben! Tausendmal hat er gefordert, die Apparate abzuschalten! Und wissen Sie was, Kollege Diaz? Ich an seiner Stelle hätte so auch keine Sekunde lang weiterleben wollen! Bewegungsunfähig, hilflos, nur noch ein Gehirn in einer reglosen Hülle… und das schon über Jahre! Und über all diese Jahre predigen Sie Ihren immer gleichen frommen Spruch von den nur noch wenigen Monaten. Kollege, das, was wir Doc Galworthy angetan haben, war vielleicht das Schlimmste, wozu Menschen fähig sind!«
    »Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Thompson!« knurrte Diaz unfreundlich. »Der hippokratische Eid, den übrigens auch Sie geleistet haben, verpflichtet uns, alles menschenmögliche zu tun, um Menschenleben zu schützen und zu bewahren…«
    »Aber doch nicht um den Preis der Folter!«
    Dr. Ramon Diaz sprang auf. »Was sagen Sie da?«
    »Ich sage das, was ich seit vielen Monaten sage. Es war Doktor Brian Galworthys Wille, zu sterben. Er wollte nicht mehr weiterleben. Er hat das oft genug artikuliert. Aber wir haben seinen Willen mißachtet und ihn gezwungen, die furchtbaren Schmerzen, die selbst von den stärksten Medikamenten kaum gedämpft werden konnten, unendlich lange zu erdulden! Wir haben ihn gefoltert, Kollege Diaz!«
    Diaz' Gesicht war zornrot.
    »Ich habe es nicht nötig, mir diese Anwürfe bieten zu lassen! Unter diesen Umständen lehne ich es ab, mich auch nur eine Sekunde länger mit Ihnen zu unterhalten.«
    »So, wie Sie es abgelehnt haben, dem Patienten zuzuhören…«
    Diaz holte tief Luft.
    »Wenn Sie der Ansicht sind, daß ich sachlich falsche Entscheidungen getroffen habe, verklagen Sie mich! Sollten Sie das nicht riskieren wollen, halten Sie den Mund. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Und jetzt raus aus meinem Büro!«
    Thompson ging.
    Er wußte, daß es keinen Sinn hatte, den Gerichtsweg zu beschreiten. Dias war der verantwortliche Arzt, und er war der Chefarzt dieser Klinik. Und diese Klinik stand neben dem Gesetz… Natürlich hatte der Patient oft genug seinen Willen bekundet, zu sterben. Aber Diaz konnte jederzeit damit argumentieren, daß der Patient nicht Herr seiner Sinne gewesen war.
    Außerdem spielte es jetzt so oder so keine Rolle mehr.
    Ganz gleich, welcher der beiden Meinungen man war.
    Der Patient war tot.
    Dr. Brian Galworthy. Das Genie. Der Mann, der unter keinen Umständen sterben durfte. Nicht, ehe er seine Arbeit zu Ende geführt hatte. Der Unfall, den er erlitten hatte, war ein gigantischer Rückschlag für ein paar Leute, die sich einiges von seinen Forschungsergebnissen erhofften.
    Und nun war Galworthy trotz aller Bemühungen, ihn selbst gegen seinen erklärten Willen am Leben zu halten, tot. Schließlich hatte er ihnen allen doch noch ein Schnippchen geschlagen!
    Thompson gönnte es ihm. Das, was Galworthy in den letzten Jahren hatte ertragen müssen, war kein Leben mehr gewesen. Es war ein menschenunwürdiges Dahinvegetieren. Abhängig von Maschinen. Nicht in der Lage, sich zu bewegen. Der Körper funktionierte einfach nicht mehr. Dr. Brian Galworthy war einfach nur noch ein Gehirn. Aber sie hatten ihn unbedingt wieder auf die Beine stellen wollen. Sie wollten ja, daß er seine Arbeit weiterführte.
    Er war der einzige, der das konnte.
    Es klang verrückt - aber niemand verstand seine Aufzeichnungen. Jeder konnte sie lesen, doch niemand konnte sie begreifen. Niemand konnte damit arbeiten. Es fehlte der geniale Funke, der Galworthy innewohnte.
    Diesen genialen Geist wollten sie um jeden Preis erhalten.
    Deshalb hatten sie ihn bis zuletzt gequält. Bis er es trotz ihrer Bemühungen doch endlich schaffte, zu sterben.
    Natürlich - Leute wie Diaz redeten sich darauf hinaus, daß sie ganz knapp vor der Lösung des Problems standen, daß sie in den nächsten Tagen das Wundermittel fanden, den Patienten wieder fit zu machen. Vielleicht stimmte das sogar. Man sagte Dr. Dias nach, auf seinem Gebiet sei er ähnlich genial wie Galworthy auf seinem. Aber er hatte es eben nicht geschafft!
    Und nun war es vorbei.
    Doc Galworthy war von seinen jahrelangen Qualen erlöst.
    Thompson fragte sich, was die Oberhäuptlinge in Fort Meade jetzt machen würden.
    »Fluchen«, murmelte er
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