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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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befragen.
    »Könnte das nicht ein bisschen öde wirken?«, mischte ich mich ein. »Was die SPD sagt, kennen wir schon durch Nagel. Der Typ von der CDU ist ein unbeschriebenes Blatt und wird sich alles von seiner Partei einflüstern lassen. Die Grünen haben zugunsten der SPD auf einen eigenen Kandidaten verzichtet und die FDP fährt im Schlepptau der CDU.«
    »Das ist mir alles nicht fremd, Frau Kollegin.« Gies schaute unerfreut. Er war um die sechzig und hatte eine rote Nase mit geplatzten Äderchen. »Aber es muss doch möglich sein, dieser Zeitung ein etwas gehobenes politisches Profil zu verleihen. Nur mit Polizei- und Skandalgeschichten kommen wir langfristig nicht über die Runden.«
    »Überlegungen zur Ausrichtung der Zeitung überlassen Sie bitte mir, Herr Gies. Erstellen Sie ein schriftliches Konzept zu Ihrem Vorschlag und legen Sie es mir vor. Bitte bis morgen früh«, gab ihm Jansen eins drüber.
    »Grappas Skandalgeschichten werden wenigstens gelesen«, gab Simon Harras von sich. »Die Leserbriefe, Anrufe und Mails beweisen es.«
    »Es reicht jetzt«, sagte Jansen. »Kommen wir zum Tagesgeschäft.«
    Er verteilte die Termine, die an dem Montag noch besetzt werden mussten. Margarete Wurbel-Simonis sollte eine Schulklasse bei einer Museumsführung begleiten und bekam dafür sechzig Zeilen auf der fünften Lokalseite. Polit-Gies wurde zum traditionellen Kartoffelsuppe-Essen der Gewerkschaft ver.di geschickt und Harras sollte das Training unseres Fußball-Bundesligisten beobachten.

    Zurück in meinem Büro wählte ich die Nummer von Nagels Büro. Der Oberbürgermeister habe auswärtige Verpflichtungen wahrzunehmen und sei nicht erreichbar, so seine Sekretärin.
    »Aber er meldet sich heute Mittag bei mir – um was geht es denn?«
    »Nichts Wichtiges. Fragen Sie ihn einfach nur, ob er kokainsüchtig ist«, hörte ich mich sagen.
    »Bitte?«
    »Nur ein Scherz.«
    »Ach, so.« Sie atmete tief durch. »Was soll ich ihm also ausrichten?«
    »Ich hätte gern einen Gesprächstermin bei Herrn Nagel. Unter vier Augen. Wir gehen einem Gerücht nach, das in der Stadt verbreitet wird.«
    Sie versprach, mir ein Date mit ihrem Chef zu verschaffen.
    Gar nicht so schlecht, diese Methode, dachte ich. Ich setze einfach das Zauberwort Kokain in die politische Landschaft und lasse es keimen wie eine Bohne in nasser Watte. Wenn wirklich etwas dran ist an der Sache, werden die Reaktionen schon kommen. Also gleich das nächste Böhnchen pflanzen. Bei Madig. Natürlich würde ich Jansen nicht reinreiten.
    Ich hatte Glück, der Parteichef hielt sich in seinem Büro auf. »Sie müssen mir helfen! Im Rathaus kursieren wilde Gerüchte«, begann ich. »Und ich dachte, wenn einer was weiß, dann sind Sie es, Herr Madig.«
    »Was für Gerüchte?«, brummte er.
    »Schreckliche Beschuldigungen gegen unseren Oberbürgermeister«, antwortete ich. »Er soll drogenabhängig sein. Sie sind doch häufig mit Herrn Nagel zusammen – können Sie sich so etwas vorstellen?«
    »Absolut bösartige Behauptungen!«, polterte er los. »Der politische Gegner schreckt vor nichts zurück. Ich hoffe, Sie schreiben nichts darüber.«
    »Ich sammle nur Informationen. Darum wende ich mich ja an Sie.«
    »Das sind Diffamierungen der übelsten Art. Den Genossen Nagel mit Kokain in Verbindung zu bringen, ist absolut verwerflich.«
    Aha. Er war auf den alten Krimi-Trick reingefallen. Ich hatte nur von Drogen gesprochen und nicht von Kokain. Oder hatte er das Kokain absichtlich erwähnt, um sich als voll informiert hervorzutun? Oder wollte er eine Gegenfalle stellen und jetzt mich aushorchen? Egal.
    Ich bohrte weiter. »Ich kann Sie zitieren? Nagels Weste ist weiß wie Schnee?«
    »Sie wollen ja doch etwas schreiben!« Seine Stimme wurde laut und abweisend.
    Darauf ging ich nicht ein. »Fällt Ihnen noch jemand ein, der das bestätigen könnte?«
    »Da können Sie fragen, wen Sie wollen. Wenn sich so üble Vorwürfe verbreiten, werden die Menschen in der Umgebung unseres geschätzten Oberbürgermeisters schwer geschockt sein«, sagte Madig. »Von den Dezernenten bis zur Pförtnerriege in der Bürgerhalle.«
    »Schön, dass Sie Herrn Nagel so verteidigen«, flötete ich. »Aber Sie verstehen sicher, dass solchen Gerüchten nachgegangen werden muss. Wer möchte schon, dass unser schönes Bierstadt von einem Drogenabhängigen regiert wird?«
    Natürlich hatte Madig nun Verständnis für meine Arbeit. »Wir machen ja alle nur unseren Job«, meinte er.
    Zufrieden
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