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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Namensschilder. Jessica Brühls Klingel war die unterste in der linken Leiste, also Erdgeschoss. Entschlossen betätigte ich den Klingelknopf.
    Nichts geschah. Hatte die Polizei sie abgeholt?
    Ein städtisches Müllfahrzeug näherte sich. Es war einer der Wagen, die das Altpapier einsammelten. Neben dem Eingang stand die Tonne mit dem blauen Deckel. Ich ging hin und öffnete ihn. Das Übliche: Prospekte, Anzeigenblätter, leere Briefumschläge. Manche waren an Jessica Brühl adressiert. Nichts von Interesse. Aber weiter unten! Da lagen zerrissene Seiten, die das Logo der Stadtverwaltung Bierstadt trugen. Ich öffnete meine Tasche, raffte so viel Papier zusammen, wie ich fassen konnte, und stopfte alles hinein.
    Die Müllleute waren am Nebenhaus fertig und kamen näher. Ich ging zur Straße zurück und fixierte die Fassade. Unten links zwei Fenster, die zu Brühls Wohnung gehören mussten. Die Gardinen am rechten Fenster waren gelblich und versperrten den Blick ins Innere. Eine Topfpflanze schrie durch die Scheibe nach Wasser. Das Fenster daneben gehörte zum Schlafzimmer, denn ich konnte den oberen Teil eines dreitürigen Kleiderschrankes erkennen. Ich stieg über die Rosen und stellte mich auf die Zehenspitzen.
    Nichts bewegte sich innen. Ich klopfte an die Scheibe. Ein Schleier stob auf. Schwarz mit einem grünmetallischen Leuchten darin. Fliegen! Viele Hunderte von ihnen klebten plötzlich am Glas des Fensters.
    Erschrocken lief ich auf die Straße zurück – ahnend, was passiert sein musste.
    Vielleicht ist es nicht sie, sondern nur ein Hund oder eine Katze, dachte ich. Also erst mal Ruhe bewahren.
    Mein Handy lag inmitten der Papierfetzen. Ich kramte es hervor und wählte die Nummer von Friedemann Kleist. Seine Sekretärin meldete sich. Als sie meinen Namen hörte, wollte sie mich zur Pressestelle durchstellen. Kleist hatte sie gut erzogen.
    Ich versuchte es mit der Handynummer.
    »Guten Tag«, begrüßte er mich. »Wie schön, deine Stimme zu hören.«
    »Gleichfalls. Es ist etwas passiert«, stammelte ich. »Ich glaube, dass ich gerade eine Leiche gefunden habe.«
    »Du glaubst?«
    Ich erklärte ihm die Situation. Dann rief ich Wayne Pöppelbaum an.

    Eine halbe Stunde später rückte die Mordkommission in kleiner Besetzung an: ein Kriminalbeamter, den ich nicht kannte, und zwei Kriminaltechniker. Sie verschwanden im Haus. Kleist hatte sich nicht persönlich bemüht.
    Endlich traf auch der Bluthund ein.
    »Die beiden Fenster unten links«, sagte ich. »Das ist die Wohnung, um die es geht.«
    Der Kripomann öffnete das Schlafzimmerfenster von innen.
    »Igitt, wo kommen denn die Fliegen her?«, fragte Wayne entsetzt. »Und dieser eklige Geruch.«
    »Leichengeruch«, stellte ich fest und hielt mir ein Taschentuch vor die Nase.
    Autos bogen in die Straße ein. Die polizeiliche Verstärkung war da.
    »Dein neuer Freund ist auch dabei«, stellte Pöppelbaum süffisant fest.
    Ich verzog keine Miene, als Hauptkommissar Dr. Friedemann Kleist mit wehendem Mantel auf uns zukam.
    »Lichte ihn ab, wenn er ins Haus geht«, raunte ich Wayne zu. »Und dann noch den Sarg mit der Leiche und gut is’.«
    Pöppelbaum trollte sich.
    »Hallo, Maria«, begrüßte mich Kleist. »Du hattest die richtige Nase. Es liegt wirklich eine Leiche in der Wohnung. Wahrscheinlich die Mieterin. Was weißt du über die Frau?«
    »Das ist eine längere Geschichte.«
    »Erzählst du sie mir, wenn ich meine Arbeit im Haus getan habe?«
    »Ich muss zurück in die Redaktion«, behauptete ich. »Du kannst morgen alles Wissenswerte in der Zeitung lesen.«
    »Muss ich dich wirklich offiziell vorladen?«, seufzte Kleist.
    »Ja. Mit Unterschrift und Stempel bitte.«
    »Geht es nicht etwas weniger zickig, Maria?« Sein Blick war genervt. »Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn du warten könntest. Ich möchte mir nur kurz einen Überblick am Tatort verschaffen.«
    Er wandte sich ab und ging zur Haustür, wo ihn einer seiner Kollegen in Empfang nahm.
    Mistkerl, dachte ich. Aber warum war ich eigentlich so wütend? Wir hatten keine Beziehung vereinbart – dazu waren wir beide zu erfahren. Ich hatte den Männern doch eigentlich sowieso abgeschworen.
    Eine Besonderheit hatte Kleist allerdings: Er nannte mich beim Vornamen. Alle Welt sagte ›Grappa‹ zu mir. Daran hatte ich mich gewöhnt. So fand ich es immer ein wenig merkwürdig, wenn Kleist ›Maria‹ zu mir sagte. Gleichzeitig gefiel es mir, vielleicht weil es mich weniger burschikos erscheinen
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