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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ließ.
    Ja, ich würde auf ihn warten. Pöppelbaum lauerte neben der Haustür. Genau passend, denn der Sarg wurde gerade ins Haus gebracht. Die Männer, die ihn schleppten, trugen Mundschutz.
    Scheißjob, dachte ich. Den Zustand der Leiche mochte ich mir nicht vorstellen.
    Brötchen und Politik
    Meine ›Vernehmung‹ durch Kleist gestaltete sich dann doch noch recht angenehm. Wir verzogen uns ins Bistro der Bäckerei – an einen hinteren Tisch, der von der Straße aus nicht einzusehen war. Hier hatte ich auch einige Male mit Kleists Vorgänger, dem pensionierten Anton Brinkhoff, gesessen und einen Plausch gehalten.
    Frau Schmitz schaute bedeutungsvoll, als Kleist und ich zusammen auftauchten.
    »Da isser ja wieder«, raunte sie mir zu.
    »Alles rein dienstlich«, gab ich zurück.
    »Abba ganz bestimmt!« Ihr Lächeln war verschwörerisch. »Nett isser aber doch.«
    Wir bestellten Kaffee, Tee und zwei belegte Baguettebrötchen. Außer uns waren zwei Männer in Arbeitsanzügen anwesend. Gegenüber der Bäckerei befand sich eine der vielen Baustellen, welche die Bierstädter U-Bahn unter die Erde bringen sollten.
    Ich zögerte. Aber es half ja nichts. Ich musste ihn fragen. »Weiß man schon etwas über die Todesursache?«
    Nachdenklich schaute er aus dem Fenster. Sein Gesicht wirkte völlig entspannt. Vermutlich kehrte das Bild des Totenzimmers zu ihm zurück. Als er dann den Blick auf mich richtete, hatten seine Augen einen seltsamen Ausdruck.
    »Wir müssen die Obduktion abwarten. Die Veränderungen an ihrem Körper waren schon so weit fortgeschritten, dass wir nicht erkennen konnten, wie sie zu Tode kam. Ich vermute, sie wurde erwürgt.«
    Wieder blickte er eine Weile aus dem Fenster. Dann fand er zu seiner normalen spröden Freundlichkeit zurück und lächelte. »Wie kam es dazu, dass du die Frau aufsuchen wolltest?«
    Ich setzte Kleist ins Bild über alles, was ich von Jessica Brühl wusste.
    Er telefonierte mit dem Betrugsdezernat und der Rauschgiftabteilung und erkundigte sich, ob dort etwas bekannt sei.
    »Warum hat die Stadt keine Anzeige gegen die Frau erstattet?«, murmelte Kleist anschließend. »Unterschlagung von Geld und Drogenkonsum sind Offizialdelikte.«
    »Die Rechnungsprüfer ermitteln intern«, antwortete ich. »Vielleicht wollten sie erst mal die genaue Summe feststellen.«
    »Das können Polizisten und Staatsanwälte auch. Ziemlich ungewöhnlich. Herr Nagel wird sich ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.«
    »Die politischen Feinde in der eigenen Partei würden ihn am liebsten an die Wand pressen«, sagte ich. »Wer Madig zum Freund hat, braucht keine Feinde mehr. Er versucht, dem Oberbürgermeister ans Bein zu pinkeln. Aber er macht es nicht offen, sondern hetzt Pinscher auf, die er dann vorschickt.«
    »Deine politische Analyse ist erfrischend, Maria. Ich habe mich vor vielen Jahren auch mal in der Politik getummelt.«
    »Du? Dir fehlen doch die drei wichtigsten Charaktereigenschaften, die Politiker haben müssen«, rief ich. »Machtgier, Skrupellosigkeit und Intrigantentum.«
    »Danke für die Blumen, Maria.« Er lächelte.
    Er hatte so eine hübsche Falte auf der linken Wange. Ein warmes Gefühl stieg in mir auf. Fast hätte ich ihn gefragt, ob wir uns am Abend treffen könnten, doch ich drängte meinen Wunsch zurück.
    »So, ich muss jetzt wirklich in die Redaktion.«
    »Und ich ins Präsidium.«
    Wir standen beide auf, bezahlten und verabschiedeten uns voneinander. Frau Schmitz hing mit dem Gesicht an der Scheibe und lächelte. Am liebsten hätte sie wohl mit einem weißen Taschentuch gewinkt.
    Nicht alles, was rieselt, ist Schnee
    Die Geschichte von den Koksgerüchten hatte an Gewicht gewonnen. Eine Leiche war an ihrem Rand aufgetaucht. Erwartungsgemäß war Jansen davon sehr angetan. »Schnee im Rathaus – und das im Frühjahr. Und auch noch kurz vor der Kommunalwahl. Haben wir die Sache exklusiv?«
    »Das will ich doch hoffen«, entgegnete ich.
    »Dann setz dich mal auf deinen Hosenboden und leg los, Grappa.«
    »Die üblichen sechzig Zeilen auf der Eins?«
    »Kann auch gerne mehr sein. Dann wandert die Kultur-Wurbel mit ihrem Bericht über die Event-Szene im Ruhrgebiet wieder auf die Fünf. Die hat mir doch wirklich hundert Zeilen aus dem Kreuz geleiert.«
    »Altersmilde?«, grinste ich.
    »Eher ein bisschen müde, immer die gleichen Sprüche zu hören. Dass die Kultur in dieser Zeitung am Abgrund steht und ich nichts dagegen tue und so weiter.«
    »Sag ihr, dass sie
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